Hilpoltstein
Silvester im September

Äthiopische Asylbewerber auf der Hilpoltsteiner Burg feiern neben dem neuen Jahr auch Arbeitsplätze und Schwimmkurs

11.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:20 Uhr

Zum Symbol für ihren Kampf um die Freiheit sind die über dem Kopf gekreuzten Arme geworden. Dieses Symbol zeigten auch die Äthiopier auf der Hilpoltsteiner Burg bei ihrem Silvesterfest. - Foto: Bleisteiner

Hilpoltstein (cbl) "Melkam addis amet", rufen sich die äthiopischen Asylbewerber in der Nacht zum Sonntag um Mitternacht auf der Hilpoltsteiner Burg zu. Der Korken einer Sektflasche knallt und mit ihren Hilpoltsteiner Freunden, Helfern und Unterstützern begrüßen sie das Jahr 2009.

Die Äthiopier leben nämlich nicht nach dem bei uns genutzten gregorianischen Kalender, sondern nach dem julianischen Kalender. Ihr Jahr besteht deshalb aus zwölf Monaten à 30 Tagen und einem 13. Monat mit fünf oder sechs Tagen, je nachdem, ob ein Schaltjahr ist oder nicht.

Zu feiern gibt es am Samstagabend auf der Burg aber nicht nur den Jahreswechsel. Fünf der jungen Männer haben nämlich mit Unterstützung der Wasserwacht einen Schwimmkurs im Hilpoltsteiner Freibad absolviert und dürfen an diesem Abend stolz ihre Urkunden für die "erfolgreiche und engagierte Teilnahme" entgegen nehmen. Grund zur Freude gibt es auch für für zwei weitere junge Männer. Einer hat eine Stelle bei der Arbeiterwohlfahrt im Bundesfreiwilligendienst bekommen, ein anderer tritt dort sogar die Ausbildung zum Altenpfleger an.

Als zuvorkommende Gastgeber servieren die Äthiopier ihren Gästen landestypisches Essen und zeigen so ihre Dankbarkeit gegenüber den vielen Hilpoltsteinern, die ihnen beim Neuanfang in Deutschland nach wie vor hilfreich zur Seite stehen. Verwöhnt werden die Gäste mit allerlei kulinarischen Köstlichkeiten wie Siga Wet (Rindfleißsoße), Gomen Wet (Grünkohlsoße), Misit Wet (Linsensoße) Fosolia (Bohnen mit Karotten) und Dinich (Kartoffeln mit Karotten). Aus den Lautsprechern ertönt äthiopische Musik, zu der ausgelassen um die Feuerstelle getanzt wird.

Es wird beim Tanz um die Flammen aber auch ein symbolisches Zeichen: Mit gekreuzten Armen über den Kopf weisen die äthiopischen Asylbewerber auf die Missstände in ihrem Heimatland hin. Mit dieser Geste machte bereits der der Marathonläufer Feyisa Lilesa bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro auf sich aufmerksam. Er protestierte damit nach dem Gewinn seiner Silbermedaille gegen die Behandlung seines Volkes der Oromo durch die Regierung in der äthiopischen Hauptstadt.

Der Spendenerlös aus dem Silvesterabend mitten im September kommt einem Krankenhaus in Äthiopien zugute.