Hilpoltstein
Am Anfang war das Senfkorn

Evangelische Kirchengemeinde blickt voller Stolz auf 90-jähriges Bestehen der Christuskirche

25.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:16 Uhr

Foto: Volker Luff

Hilpoltstein (HK) Das passende Gleichnis zur Geburtstagsfeier war schnell gefunden: Das Gleichnis vom Senfkorn stand für die evangelische Kirchengemeinde Pate. Denn ebenso wie der winzige Samen hat sich auch die Gemeinde entwickelt - und gestern den 90. Geburtstag der Christuskirche gefeiert.

"Treten Sie ein, um Ruhe zu finden." Das ist auf einem Zettel zu lesen, der an die Tür der Christuskirche geheftet ist. An 364 Tagen im Jahr mag das stimmen, nicht aber an diesem Sonntagvormittag. Die Kirche ist proppenvoll, wie es sich für eine schöne Geburtstagsfeier gehört. Viele kleine Wimpel sind vor dem Altarraum an einer Schnur aufgereiht, "Alles Gute, liebe Kirche!", ergeben die Buchstaben. Es ist ein Feiertag für die evangelische Kirchengemeinde, die im katholischen Hilpoltstein mit rund 2500 Mitgliedern gar nicht mehr so klein ist wie vor 90 Jahren.

"Klein hat es angefangen - senfkornklein", konstatiert denn auch die Pfarrerin Verena Fries. Als sich vor fast einem Jahrhundert abgezeichnet hat, dass die Dimension des damaligen Betsaals für die Gläubigen nicht mehr ausreichen würde, "haben unsere Vorväter nicht locker gelassen" - und die Kirche, die heute unter dem Namen Christuskirche am Altstadtring steht, wurde erbaut. Dass die Kirche mit gerade einmal 90 Jahren noch jung ist - im Vergleich "etwa zum Kölner Dom" -, das stellt Peter Knaupp nach dem Gottesdienst bei der großen Feier auf der Försterwiese heraus. In der Kirche selbst veranschaulichen dies neun Gemeindemitglieder unterschiedlichen Alters, die jeweils zehn Kerzen zum Altar tragen. Jeder von ihnen sei in einem der neun Jahrzehnte getauft worden, erklärt Fries. Das Alter der Kirche umfasst also lediglich eine Lebensspanne.

Es sei in dieser Zeit etwas gewachsen, sagt die Pfarrerin. Doch ob die Entwicklung weiterhin so prosperierend verlaufe, das müsse man auch einmal hinterfragen. Denn die Kirche sei gewöhnlich zum Sonntagsgottesdienst "nicht einmal halb so voll", sagt sie - und selbst das ist noch wohlwollend geschätzt. Um sich zu versichern, habe sie nachgefragt. So treten mehrere Gemeindemitglieder nach vorn, um aus persönlicher Sicht zu schildern, was Kirche für sie bedeute. "Heimat", sagt etwa Frieda Krach, die seit den 1970er-Jahren in Hilpoltstein lebt. Das rühre noch aus ihrer Kindheit, als sie neben der Kirche St. Gotthard in Thalmässing aufgewachsen sei. Mit den Jahren habe sie festgestellt: "Das Heimatgefühl kann man noch steigern, indem man sich einbringt."

Der Kirchengemeinde anzugehören, bedeute für ihn auch, einander zu helfen, ergänzt Gerhard Lechner, der als Seelsorger am Auhof wirkt. Für andere biete die Kirche Orientierung oder die Möglichkeit, gemeinsam den Glauben auszuüben. Oder sie ist einfach ein Ort, "an dem ich mit anderen Menschen feiern kann", wie Lisa Seelig es formuliert.

Sie leitet damit wunderbar über zur Feier auf der Försterwiese, auf der es am Nachmittag viele Mitmachaktionen und ein Konzert gibt. In einem großen Zug, angeführt von der Stadtkapelle Hilpoltstein, marschieren die vielen Gottesdienstbesucher dorthin - und werden schon erwartet von noch mehr Menschen, die den Geburtstag der Christuskirche mitfeiern wollen. Nicht bei Kaiserwetter, wie Pfarrer Gerhard Lachner (kleines Foto) betont, "sondern bei Kirchenwetter". Soll heißen: bei strahlend blauem Himmel, Sonnenschein und angenehmen Temperaturen.

Auf der Försterwiese reiht sich auch der Schwabacher Dekan Klaus Stiegler in die Reihe der Gratulanten ein. Er blicke gerne auf und in die südöstliche Ecke seines Dekanats, so Stiegler. Aus gutem Grund: "Die Kirchengemeinde Hilpoltstein lebt als Gemeinschaft", es gebe viele engagierte Menschen hier, lobt er. Und mehr: "Die Christuskirche ist eine geistliche Oase dieser Stadt."

Das aber reicht nicht, folgt man den Gedanken des Landrats Herbert Eckstein. Bei allem Lob - "Hilpoltstein hat immer mehr gemacht als andere" - richtet er den Blick an diesem Feiertag auf das Weltgeschehen und seine Auswirkungen hierzulande. Wir hätten die Zehn Gebote als Orientierung, so Eckstein, da brauche es "keine Leitkultur, die doch nur eine Leidkultur wird". Die christliche Botschaft gebe eine klare Antwort auf die Frage einer Obergrenze für Flüchtlinge, bekräftigt der Landrat. "Und wir müssen die christliche Botschaft vorleben - jeden Tag."

In dieselbe Richtung geht die kurze Rede von Bürgermeister Markus Mahl, der überdies Mitglied im Kirchenvorstand ist. So fällt es ihm leicht, das gute Miteinander von politischer und evangelischer Gemeinde herauszustellen, aber auch den ökumenischen Gedanken, der mit der katholischen Pfarrgemeinde hervorragend funktioniere. "Der Glaube ist das Band, das uns zusammenhält", so Mahl. Der Zusammenhalt solle beispielgebend sein: "Nur wenn wir im Kleinen Frieden halten, kann er auch im Großen klappen."