Heuberg
Wo Weltmeister und Challenge-Sieger im Garten campieren

Toiletten neben dem Kuhstall, Duschen im alten Schweinestall: Das Anwesen von Josef Endres in Heuberg gilt unter Triathleten als Geheimtipp

21.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:26 Uhr

 

Heuberg (HK) Ob mit Zelt oder im Campingwagen – der Bauernhof und der angrenzende große Garten von Josef Endres aus Heuberg gelten als Geheimtipp unter den Challenge-Athleten. Das hat sich mittlerweile auch bis zur Triathlon-Prominenz herumgesprochen.

An seine erste Begegnung mit dem Triathlon kann sich Josef Endres noch ganz genau erinnern: Eines Abends ging die Tür seiner Stammkneipe auf und Detlef Kühnel, der Gründer des Rother Ironman-Rennens, kam herein. „Er hat gefragt, wem der Acker am Kanal gehört, weil er dort einen Triathlon veranstalten will“, erinnert sich Endres schmunzelnd. „Meine erste Frage war: Wie viele Tage braucht man denn für so einen Triathlon“ Ein paar Jahre später, 1993, stand plötzlich mit den Worten „Bei euch ist’s schön, darf ich da stehenbleiben“ ein einsamer Athlet samt Campingwagen im Garten von Josef Endres. Der Gast kam daraufhin Jahr für Jahr – und mit ihm immer mehr.

Seit damals hat sich einiges geändert auf dem Heuberger Anwesen. Direkt neben den Kuhstall, in die ehemalige Milchkammer, baute Josef Endres Toiletten, in den Schweinestall kamen Duschen. Gleich nebenan gibt es eine vollausgestattete Küche. Und das alles extra für die einmal im Jahr seinen Hof belagernden Sportler. Neben der Gastfreundlichkeit ist auch die günstige Lage ein Hauptgrund für den hohen Besucheransturm. „Die Athleten wollen die Nachtruhe genießen und haben es nicht weit zum Start“, erklärt Josef Endres. Und das stimmt: Kürzer als die knapp 200 Meter Luftlinie zum Kanal geht es wirklich kaum.

Mittlerweile verschlägt es sogar die Triathlon-Prominenz auf den Bauernhof von Josef Endres. So war bereits der diesjährige Challenge-Sieger Timo Bracht unter den Gästen. Und heuer steht das riesige Wohnmobil des ehemaligen Ironman-Weltmeisters Faris Al-Sultan im Garten. Doch ob Challenge-Sieger oder Weltmeister – von Starallüren gibt es auf der Heuberger Wiese keine Spur: „Es sind sehr angenehme Leute. Sie stellen sich genauso in der Früh an den Toiletten an, wie jeder andere. Das sind in meinen Augen Vorzeigesportler“, sagt Endres.

Wenn seine Gäste sich am Sonntagmorgen zusammen mit tausenden anderen Triathleten in den Main-Donau-Kanal stürzen, ist Josef Endres allerdings nicht dabei. Zu sehr ist er damit beschäftigt, bei der Koordination der Parkplätze für die Challenge-Besucher mitzuhelfen. Dafür nimmt er sich in den Tagen vor dem Rennen genügend Zeit für die Triathleten. Zusammen mit seiner Schwester, die zum Challenge ebenfalls Sportler aufgenommen hat, steht er in der Küche, unterhält sich mit den Athleten, scherzt mit ihnen. Es ist diese Herzlichkeit, die die Camper Jahr für Jahr wieder nach Heuberg kommen lassen.

So wie René Schockmel. Er nahm auch heuer den über 450 Kilometer weiten Weg mit dem Wohnmobil vom luxemburgischen Rümelingen nach Hilpoltstein auf sich, um mittlerweile schon zum fünfzehnten Mal den Challenge zu bestreiten – von 1994 bis 2004 sogar zehn Jahre in Folge. Allerdings hat sich mit den Jahren die Einstellung geändert. „Früher habe ich immer an meiner Zeit gearbeitet, heute mach ich es für den Spaß“, erklärt der 58-Jährige. In den vergangenen beiden Jahren hatte er außerdem ein zweites Sportprojekt am Laufen: Seinen Freund Jeannot Antinori zu trainieren. Für den 56-Jährigen ist der diesjährige Challenge der erste gewesen. Um ihm die Nervosität ein wenig zu nehmen, ist René mit Jeannot bereits am Mittwoch angereist – natürlich direkt auf den Bauernhof von Josef Endres. Den hat René vor zwei Jahren durch Zufall entdeckt. Vor allem die Ruhe gefällt beiden. Damit war es am Sonntagabend allerdings vorbei: Zum Feiern haben sie bereits einen Kasten Bier und eine riesige Bongotrommel bereitgestellt. Den Abfahrttermin haben sie in weiser Voraussicht erst auf den Dienstag gesetzt. „Montag können wir wahrscheinlich nur noch krabbeln“, sagt Jeannot vor dem Rennen lachend.

Eher aus der Not heraus hat es dagegen Melanie, Jutta und Dunja in den Garten von Josef Endres verschlagen. Als die Frauenstaffel aus Köln vergangenes Jahr im Sommer lange vergeblich nach Unterkünften im Landkreis Roth gesucht hatte, kam ihnen die rettende Idee, einfach einen Wohnwagen zu mieten. Über Mundpropaganda kamen sie dann nach Heuberg. Mit dem Camper schlägt Jutta übrigens gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Nach dem Challenge geht es für sie mit Familie und Wohnwagen in den Urlaub nach Spanien. Davor hieß es am Sonntag allerdings erst einmal Kämpfen. Das Erfolgsrezept für den Abend davor? Private Pastaparty, alkoholfreies Bier und früh schlafen.

Ein paar Meter weiter sitzt ein braungebrannter Athlet neben seinem Hund im Campingstuhl vor seinem Zelt und beobachtet das Treiben auf dem provisorischen Campingplatz. „Hier hat man alles, was man braucht“, sagt er. Deswegen ist er auch schon zum vierten Mal hier. Heim ging es am gestrigen Montag. Aber erst nach der Anmeldung fürs nächste Jahr, versteht sich – dann natürlich auch wieder im Garten von Josef Endres in Heuberg.