Heideck
Startschuss für mehr individuelle Lernentwicklung

Eine der ersten flexiblen Grundschulen Bayerns: Heideck startet gemeinsamen Unterricht der ersten und zweiten Klassen

30.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

Die Tiger helfen den Bären: In Heideck lernen Erst- und Zweitklassschüler jetzt zusammen - Foto: Klier

Heideck (mkl) Im Morgenkreis sitzen die Schülerinnen und Schüler von Lehrerin Verena Thiel an der Grundschule Heideck zusammen und berichten vom Wochenende. Nichts Außergewöhnliches an diesem Montagmorgen, wäre da nicht eine Besonderheit: Hier lernen nämlich Kinder der ersten und zweiten Jahrgangsstufe gemeinsam.

Die Grundschule Heideck darf sich seit Beginn des Schuljahres mit dem Profil flexible Grundschule schmücken.

Nach einem ersten Modellversuch können einige bayerische Grundschulen das Konzept nun umsetzen – die Grundschule Heideck ist mit dabei. Laut Kultusministerium sollen den Kindern dadurch „Wege eröffnet werden, die ihren unterschiedlichen Begabungen und Interessen sowie ihrer individuellen Lernentwicklung noch besser gerecht werden“. Für die Eingangsstufe, also die bisherigen ersten beiden Jahrgangsstufen, ist ein „passgenaues und individualisierendes Lernangebot“ vorgesehen. Dazu gehört auch eine flexible Verweildauer. Das heißt: Die Klassen eins und zwei können wie bisher in zwei, aber auch in drei, oder in nur einem Jahr absolviert werden – je nach Lernfortschritt. Das dritte Jahr wird dabei nicht auf die Pflichtschulzeit angerechnet. Das ist aber nur in Klassen mit sogenannter Jahrgangsmischung möglich.

Jeder der Schulanfänger hat aus den Reihen der Zweitklässler einen Paten bekommen, der ihm zur Seite steht. Maximilian beispielsweise ist der Pate von Uli: „Ich helfe ihm in Mathe und Deutsch. Wenn er etwas nicht versteht, erkläre ich es ihm nochmal.“ Lukas hilft seinem „Patenkind“ beim Schreiben des Namens und beim Abheften der Arbeitsblätter. Die Großen sind die „Tiger“ und recht stolz darauf, dass sie nun nicht mehr die Kleinsten sind und den „Bären“ helfen können. Darüber freut sich auch Alisa: „Es ist gut, wenn man immer einen Paten neben sich hat.“

Inzwischen sitzen die Kinder im Doppelkreis einander gegenüber und erzählen sich gegenseitig ihre neuesten Erlebnisse. Klassenleiterin Verena Thiel sagt über ihre Erfahrungen mit der neuen Unterrichtsform: „Schon am ersten Schultag war es eine große Hilfe, dass ich mich lediglich auf zehn Schulanfänger konzentrieren musste und mir die Zweitklässler viel Organisatorisches abgenommen haben. Sie haben den Neuen geholfen, sich im Schulhaus und in den beiden Klassenzimmern zurechtzufinden.“ Zur individuellen Förderung stehen der Kombiklasse nämlich zwei Räume zur Verfügung. „Die Heterogenität ist toll und macht mir viel Spaß“, bekennt sie, „die Kinder haben die Möglichkeit, ihr Wissen den anderen gegenüber zu äußern. Man kann die Unterschiedlichkeiten gut nutzen, es entsteht ein gutes Gemeinschaftsgefühl.“ Am Beispiel eines Igels erläutert die Klassleiterin das Vorgehen: „Während die eine Gruppe ein Igelbild malt, schreibt die zweite Gruppe dazu passende Begriffe auf. Und die am weitesten fortgeschrittene Gruppe versucht sich an einer kleinen Igelgeschichte.“

Neben den gemeinsamen Unterrichtsstunden werden die Schüler der ersten und zweiten Klassen in vier Wochenstunden getrennt unterrichtet, um besonderem Unterrichtsstoff gerecht zu werden. Dennoch stellt diese Form des Unterrichts eine Doppelbelastung der Lehrkraft dar: „Der Anspruch, jedem Kind gerecht zu werden, ist eine zusätzliche Belastung.“ Als Lohn für die Mühen, das stellt Verena Thiel jedoch auch fest, stehe die Stärkung des Selbstbewusstseins der Tiger, die Förderung des Gemeinschaftsgeistes aller Schüler sowie die Möglichkeit der individuellen Vermittlung des Lernstoffes.