Heideck
Einstige Hochburg im Fasching

Heidecker erinnern sich im Erzählcafé an die närrischen Anfänge vor Jahrzehnten

17.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Am 26. Februar 1952 fand der zweite Faschingszug in Heideck statt, an dem 20 Wagen und 41 Fußgruppen teilnahmen. Damals hat man mehr 1200 Zuschauer gezählt, die mit großer Begeisterung das Faschingstreiben verfolgten. ‹ŒRepro: Peschke

Heideck (HK) Im ersten Erzählcafé des neuen Jahres ist es um das einst sehr ausgeprägte Faschingstreiben in Heideck gegangen. Richard Böhm, Chef des Erzählcafés, eröffnete die vielen Erzählungen faschingsgemäß mit einem uralten Zylinder auf dem Kopf und zwei Orden an der Brust.

Richard Böhm freute sich über den sehr guten Besuch zu einem interessanten Thema. Er trage heute den Faschingsorden der Stadt Heideck und den Orden, den er zur 700-Jahrfeier der Stadt 1978 bekommen habe. Er selbst sei ab 1966 im Heidecker Fasching unterwegs gewesen. Unter der Regie des Heimatvereins sei der Fasching in Heideck einst riesengroß gewesen.

Die Gäste im Erzählcafé berichteten von ihren eigenen Erinnerungen - an unzählige Bälle, die es einst gab, Faschingsumzüge, Prinzenpaare, Büttenreden, Lindwurmspatzen und Erlebnisse an den unsinnigen Donnerstagen mit dem Maschkerer-Treiben in den Wirtschaften.

Klaus Seuferling hatte das Protokollbuch des Fremdenverkehrsvereins Heideck (FVV) mitgebracht, in dem nicht nur die Vereinsgründung vom 4. Februar 1912 dokumentiert ist, sondern auch die späteren Aktivitäten des Vereins. Konkret geht hervor, dass am 22. Januar 1952 der damalige Vereinsvorstand zusammengerufen wurde. Es wurde beschlossen, wieder einen Faschingszug unter der Leitung des FVV zu veranstalten sowie das erste Mal ein Faschingsprinzenpaar zu wählen.

Der Verein hielt dazu am 3. Februar 1952 in der Brauerei Barth einen Faschingsball ab, in dem erstmals in der Geschichte des Heidecker Faschings ein Prinzenpaar feierlich inthronisiert wurde. Andreas Kröber wurde zum Prinzen Andreas I. ernannt. Seine Gemahlin für die Faschingsdauer wurde Anna Kleesattl (heute Brüchle), die als "Prinzessin Anni Sattel von Klee" in die Geschichte einging.

Am 26. Februar 1952 fand der zweite Faschingszug in Heideck statt, an dem 20 Wagen und 41 Fußgruppen teilnahmen. Damals habe man mehr 1200 Zuschauer gezählt.

Besucher des Erzählcafés wussten noch, dass es ab 1953 ungezählte Faschingsbälle der Heidecker Vereine gab. Man erinnerte sich an die gelungenen Bälle des Gesangvereins Liederkranz mit den legendären Auftritten der Lindwurmspatzen oder an den TSV-Ball mit dem grandiosen Büttenredner Karl Walter. Der Stadtball (Schwarz-Weiß-Ball), den einst Karl Leitner (Vater von Anni Münch) initiierte, war der vornehmste Ball der Stadt. Beliebt sei auch der Feuerwehrball gewesen, bei dem das legendäre Damenballett mit Rita Steib, Anneliese Wieland als Schönheitskönigin von Schneitzlreuth Begeisterungsstürme auslösten. Später waren die Plattlerhexen lange Jahre eine riesige Attraktion über die Stadtgrenzen hinaus.

Man erinnerte sich, dass seinerzeit alle Bälle kurz nach der Saalöffnung überfüllt waren. Damals gab es keinen Vorverkauf, so musste man lange Zeit vor der Stadthalle anstehen, um eine Karte zu ergattern. Dann drängten sich die Maskierten auf dem Tanzboden und häufig spielten die Kapellen Gruber, Mack oder Brunner auf.

1953 wurde Rudolf I. von Stücklenshausen zu Stücklenseck zum zweiten Heidecker Faschingsprinzen gekrönt. Die ihm auf Zeit angetraute Prinzessin war Emilia I. geb. Gräfin Samba von Wehagesien (Emilie Mack), die mit einem herrlichen Diadem geschmückt war. Die Teilnahme der Tollitäten am Faschingszug im Prinzenwagen war selbstverständlich. Jedes Jahr zählte man in dieser Zeit Tausende Besucher, die mit Bus oder per Bahn kamen, um den Faschingszug mitzuerleben.

Roland Schütz erzählte, wie er 1961 vom Heimatverein von Benno Eckert, Heinrich Ring und Franz Holzschuh als passender Mann für die Rolle des Faschingsprinzen ausgewählt wurde. Er sei damals aus dem Kino beim Barth-Schneider geholt und so lange "bearbeitet" worden, bis er Ja gesagt habe. Nachdem man ihm damals auch seine Prinzessin aussuchen wollte, war seine einzige Bedingung: "Meine Prinzessin suche ich mir selber aus". Er habe sich für seine Jugendfreundin Helga Kraus entschieden, von der er 1961 das "Jawort" als Prinzessin bekam - 1964 auch als Ehefrau.

Helga Ebner erzählte, dass sie als Mitglied der Prinzengarde einmal den Malermeister Max Miehling zum Tanz holte, weil dieser die Damen gerne an die Bar führte. Schließlich sei die gesamte Prinzengarde in der Bar versammelt gewesen, was dessen Frau Wally nicht so lustig fand. Hausmeister der Stadthalle und Bademeister im Freibad "Finsterle" sei Max Schermer gewesen, der zu den Bällen die Stadthalle mit einem riesigen Eisenofen beheizen musste, damit die Leute nicht froren.

Einen breiten Raum nahmen die Erzählungen zum Weiberfasching ein, wo die Frauen als Maschkerer die Wirtshäuser besuchten. Herma Böhm erzählte, dass sie einmal maskiert im Gasthof Wurm mit ihrem Mann Richard getanzt habe, der sie aber nicht erkannte. Erst zu Hause lüftete sie das Geheimnis, weil sie bekannte, dass er ihr zwei Kirschliköre spendiert habe. Helga Ebner erzählte, dass ihr der Doktor Steib bei Reflexuntersuchungen immer wieder mit einem Hammer aufs Knie geklopft habe. Sie habe sich einmal beim Kappenabend etwas "revanchiert" und ihm mehrmals mit der Pritsche auf den Kopf gehauen. Elfriede Ehrenfried bekannte, dass sie einmal als junge Frau als alte grässliche Hexe verkleidet nach Liebenstadt ging und sehr enttäuscht nach Hause kam, weil die Leute zu ihr sagten, "mit dir hässlichem Weib tanzen wir nicht".

Seit 1956 gab es in Heideck auch eine attraktive Prinzengarde, die bei vielen Faschingsbällen das Highlight war. Franz Hatzak habe viele Jahre lang die Garde betreut und die Tänze einstudiert und für ungezählte Auftritte gesorgt.

Das nächste Erzählcafé findet am Donnerstag, 8. Februar, 14.30 Uhr, im Rathaus statt. Thema ist "Alte Flurnamen". Außerdem liest Roland Schütz aus den "Heidecker Erinnerungen" von Reinhard Wechsler am 19. Januar, um 14.30 Uhr, im Café Abel.