Heideck
Erinnerungen an das Geburtshaus

Heidecker Bürger berichten beim Erzählcafé, wo sie aufgewachsen sind

27.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:44 Uhr

Das alte Stücklenhaus mit der Fassade der Kunstmühle Zappold am Marktplatz im Hintergrund (aus der Zeit der 50er Jahre). ‹ŒRepro: Peschke

Heideck (HK) Daran, wo einst ihr Geburtshaus stand, erinnerten sich die Besucher des ersten Erzählcafés im neuen Jahr. Richard Böhm eröffnete zum Thema "Historisches Heideck" zudem die Diskussion über "bedeutende Gebäude" in der Stadt.

Von den 26 Besuchern des Erzählcafés sind 15 in der Stadt Heideck oder einem der Ortsteile geboren worden. Elf kamen im Umkreis der Stadt auf die Welt oder stammen aus Augsburg, Amberg, dem Rheinland oder kamen als Heimatvertriebe aus dem Sudetenland. Eines wurde aus den Erzählungen aber deutlich - ob in Heideck geboren oder nicht - man fühle sich hier sehr zu Hause.

Anni Münch erzählte, dass sie in Augsburg-Pfersee geboren wurde. Und sie wies stolz darauf hin, dass in diesem Stadtteil einst die Familie Mozart lebte. Dort sei auch der Vater von Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Georg Leopold Mozart, geboren worden.

Maximilian Peschke wurde im Juli 1945 in Mährisch Schönberg im Sudetenland geboren. Nach der Vertreibung seiner Eltern aus der Heimat sei man kurz im Flüchtlingslager in Schwabach untergebracht worden, erinnerte er sich. Seine Jugend habe er in Ransbach a.d. Holzecke und in Feuchtwangen verbracht. Er sei 1966 zum Landratsamt nach Hilpoltstein versetzt worden und habe dort seine spätere Frau Gertrud Höfner und damit auch Heideck als eine schöne Stadt kennengelernt. Er habe einige Zeit im Haus Nr. 11 der Familie Gaus am Marktplatz gewohnt. In diesem Haus sei seine Frau Gertrud und auch die Tochter Betina geboren worden, bei deren Geburt die damalige Heidecker Hebamme Meyer letztmals im Einsatz war.

Helga Ebner erzählte, dass sie im ehemaligen Stücklenhaus auf die Welt kam. Sie erinnerte sich an die schöne Zeit in einem der schönsten und am meisten fotografierten Fachwerkhäuser der Stadt, das 1968 für den Neubau des Postamtes abgerissen wurde. Sie habe damals den Spitznamen "Schwarzerle" gehabt, obwohl sie blonde Haare hatte. Dies kam davon, weil sie im Haus des konservativen Bürgermeisters Georg Stücklen wohnte, der von 1922 bis 1933 sowie nach dem Krieg bis 1948 die Geschicke der Stadt in die Hand nahm, bis er von seinem Sohn und CSU-Bürgermeister Hans Stücklen abgelöst wurde.

Als Heidecker "Urgesteine", die in den Mauern der Stadt das Licht der Welt erblickten, outeten sich auch Karl Wechsler (ehemalige Barthgasse), Reiner Wagner (beim Hahnenwirt), Ewald Kaplan (im Haus Stengel/Binner), Elfriede Ehrenfried (ehemalige Judengasse hinter dem Rathaus), Peter Pfliegel (am Stadtgraben), Georg Albrecht (Ziegelmoos) sowie Anni Brüchle, die im Haus ihres Vaters Willibald Kleesattel am Wäschweiher zur Welt kam. Stadtrat Richard Beyers Geburtshaus stand in der Nähe des Friedhofs (Lindenstraße).

Richard Böhm erzählte, wie er mit seiner Frau Herma nach Heideck gekommen ist. Sein Geburtshaus stand in Schönau, einem kleinen Ort bei Bieswang. Er sei dort in der Dorfgemeinschaft aufgewachsen und musste in der elterlichen Landwirtschaft mithelfen. Seine Eltern waren streng. Er wurde einmal übers Knie gelegt, weil er seinen Bruder zur Feldarbeit holen sollte, aber lieber mit den Dorfburschen Fußball spielte und er als Tormann unentbehrlich war. Er sei mit zehn Jahren aufs Gymnasium mit Internat der Benediktiner nach St. Ottilien gekommen und hätte als Frater "Wilfried" fast eine kirchliche Laufbahn genommen, sich aber für ein Lehramtsstudium in Eichstätt entschieden. Er habe seine in Rögling bei Monheim geborene Frau Herma kennengelernt und sei letztlich durch den Schuldienst nach Heideck gekommen, wo er sich gerne niedergelassen habe und hier sehr heimisch fühle.

Richard Böhm informierte schließlich über bedeutende Heidecker Gebäude, die in einem Faltblatt "Historisches Heideck" aufgelistet sind. Diese geschichtlich bedeutsamen Häuser seien mit einem Täfelchen ausgezeichnet, die über die ehemalige Bedeutung der Gebäude Hinweise geben. Er informierte dazu über das Mack-Haus (Nr. 14 der Liste) in der Hauptstraße. Der stattliche Renaissancebau mit einem großen Saal im Obergeschoss stamme aus dem Jahr 1603, was aus einer Giebelinschrift entnommen werden könne. Bauherr soll der damalige Nürnberger Ratsherr Constantin von Vogelherr gewesen sein.

Ab Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Bäckerfamilien Baur, Wittmann und Böhm auf dem Anwesen. Der wohlhabende und angesehene Bürger und Bäcker Simon Wittmann übte zu Beginn des 19. Jahrhunderts dort das Amt des Königlichen Kastenmessers für einige Jahre kommissarisch aus, nachdem das dem Mack-Haus gegenüberliegende Kastenamt aufgehoben wurde. Der Kastenmesser hatte seinerzeit die Aufgabe, den Zehnt, die damalige Steuer, von den Bauern, Handwerkern und Bürgern einzuheben. Er war somit oberster Finanzbeamter im Bereich des Pflegamtes und für die Stadt.

Dessen Urenkel verkaufte das der Familie Böhm gehörende Anwesen 1902 an den Bäcker und Polizeiwachtmeister Josef Mack. Dessen Sohn Josef führte die Bäckerei nicht weiter, sondern betrieb im Mack-Haus eine Landwirtschaft. Er war Fleischbeschauer und auch ein begnadeter Musiker, der eine Blaskapelle und eine Tanzkapelle führte und vielen Heideckern Musikunterricht erteilte. Aus der Ehe mit Rosa Mack (geborene Harrer aus Oberrödel) gingen die Kinder Hermann, Richard, Richhild, Emilie und Alfons hervor. Der Sohn Richard machte beim benachbarten Maler Rupert Roth die Ausbildung zum Malermeister und eröffnete 1956 im Mack-Haus ein Malergeschäft. Dazu wurden die landwirtschaftlichen Nebengebäude abgerissen und eine Malerwerkstatt eingerichtet, die er bis 1983 betrieb. Reiner Wagner erzählte dazu, dass er bei Richard Mack eine Malerlehre machte und dort arbeitete. Heute dient das Mack-Haus als Wohnhaus.

Bleibt zu erwähnen, dass in diesem Haus zum Kriegsende eine ungarische Einheit untergebracht war. Im April 1945 logierte dort der Stab einer Einheit der Waffen-SS. Auch waren in den letzten Kriegstagen dort drei gefallene amerikanische Soldaten aufgebahrt. Ab 1957 residierte im Mack-Haus auch die Sparkasse Heideck, bis diese am 22. Juli 1967 ihren Neubau beziehen konnte.

Das nächste Erzählcafé findet am Donnerstag, 9. Februar, statt. Zu Beginn wird das Heidecker Kinderprinzenpaar Laura Geißendörfer und Jakob Müller die Besucher des Erzählcafés begrüßen. Im Anschluss zeigt der Hobbyfilmer Wenzel Kräußl einen Film über den Jahresablauf in Heideck aus dem Jahr 1996 mit Bildern vom Pfarrfest, dem Heimatfest, Hopfenernte, Weihnachtsmarkt, Wintersport am Wäschweiher und am Skilift.