Greding
"Zeugnisse des menschlichen Lebens"

26.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Eines der prächtigsten Flurdenkmäler rund um Greding ist die Lourdesgrotte an der Staatsstraße von Greding nach Thalmässing. Nachdem die Marienfigur gestohlen worden war, stiftete Dietrich Felke 2010 eine neue und ließ die Grotte wieder herrichten. ‹Œ

Greding (HK) Als Heinrich Regler nach dem Zweiten Weltkrieg aus der russischen Kriegsgefangenschaft heimkehrt, möchte er etwas von seiner Dankesschuld zurückgeben. Zwischen Grafenberg und Euerwang steht eine Wegkapelle, um 1800 erbaut und wenige Jahrzehnte später in den Besitz der Familie Regler übergegangen. "Ich habe es mir zur Auflage gemacht, die Kapelle wieder herzurichten. Aus Dankbarkeit über die Heimkehr!", erinnert sich der heute 88-Jährige. Ein Marienbild sowie eine Eisentür schmücken seither die Kapelle.

Sie ist eine von vielen im Gemeindegebiet. Sie fallen kaum auf, doch stehen überall. Einmal darauf aufmerksam gemacht, sind alle Nase lang Wegkreuze, Kapellen, Bildstöcke, Sühnesteine oder ausgefallene Exemplare wie die Lourá †desgrotte an der Staatsstraße nach Thalmässing zu entdecken. Etwa 250 Stück haben die Heimatforscher Otto Heiß (oben) und Karl-Heinz Richter (unten) in jahrzehntelanger Recherche zusammengetragen. Zu jedem wissen sie eine Geschichte zu erzählen.

Da ist zum einen ein kleines Kreuz zum Gedenken an einen jungen Mann, der auf dem Weg zur Christmette bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Ein weiteres Kreuz erinnert an die glückliche Heimkehr der Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Wieder ein anderes wurde für einen an Pfingsten gestorbenen Fahnenträger aufgestellt. "Die Flurdenkmäler sind Zeugnisse des menschlichen Lebens, sie stehen für Schicksal, Gottesverehrung oder Dankbarkeit", sagt Heiß.

Was sowohl Richter als auch Heiß fasziniert, ist der Mensch, der hinter den Kapellen, Bildstöcken und Kreuzen steht. Auf der Grundlage von Kirchenbüchern und mündlichen Überlieferungen haben sie mühsam nicht nur die Entstehungsgeschichte der Exemplare erfasst. Im Vordergrund stehen nun diejenigen, die sich heute für den Erhalt der Flurdenkmäler - meist in privater Hand - einsetzen. "Aktuell gibt es eine Welle an Renovierungsarbeiten im Gemeindegebiet", freut sich Heiß über die neue Aufmerksamkeit. Denn hatten sie Richter zufolge zu Zeiten der bäuerlichen Landwirtschaft einen hohen Stellenwert - sei es zur göttlichen Anbetung oder zum Schutz vor einem Unwetter -, sind die Denkmäler in den vergangenen Jahrzehnten oft den Maßnahmen der Flurbereinigung und somit dem Vergessen zum Opfer gefallen. "Es ist aber erstaunlich, wie viele Menschen sich heute wieder dafür interessieren", sagt Heiß.

Die Mühen für die Pflege seien deshalb umso anerkennenswerter, meint Heiß zu Heinrich Regler, der seine kleine Kapelle gerade mit einem Besen ausfegt. Ihm sei es zu verdanken, dass die Mauern unter der mächtigen Linde seit einigen Wochen wieder in neuer Farbe erstrahlen. Die Sitzbank und das Gitter hat Regler sogar selbst gestrichen, so dass das Madonnenbild aus Eichstätt unter dem Schieferdach wieder gut zur Geltung kommt. "Sie ist irgendwie ein Stück Identität mit der Heimat", stellt Heiß mit Blick auf die liebevoll restaurierte Kapelle fest.

Viele Wanderungen habe es ihn gekostet, alle Flurdenkmäler zu entdecken, berichtet Richter. "Oft sind sie in der Landschaft versteckt", sagt er. Das steinerne Kreuz hinter dem Hof von Xaver und Theresia Gilch in Österberg zählt zu den gut sichtbaren Stücken. Die vergoldeten Jesus- und Mariafiguren strahlen einem von Weitem entgegen, vor dem Sockel - die Inschrift "Georg und Franziska Bauer 1882" weist auf das Errichtungsjahr hin - wachsen bunte Blumen, die Theresia Gilch jeden Tag gießt.

"Ich weiß nicht, wie viele Menschen hier innehalten", sagt sie. Aber sie könne sich vorstellen, dass die Versetzung des Kreuzes vor allem den Älteren entgegenkam: Nach einem Sturm im vergangenen Jahr war das Kreuz an seinem einstigen Standort zerbrochen. Die Familie Gilch ließ es in Berching reparieren und hinter ihrem Hof wieder aufstellen. "Jetzt können wir uns besser darum kümmern", sagt die Frau des Hauses. Am Kreuz zu beten sei da auch eine Glaubensfrage.

Nüchterner betrachtet das Richard Sandner, Mitglied der Eigentümergemeinschaft, die sich um die denkmalgeschützte Feldkapelle aus dem 17. Jahrhundert auf dem Hofberg kümmert. "Wir haben lange gesagt, dass wir da was machen müssen", sagt er. Von einem Schandfleck wolle er nicht sprechen, aber schön sei die Kapelle nicht mehr gewesen.

In 180 Stunden haben die Mitglieder des Realverbands selbst Hand angelegt und zum Beispiel den Putz von den Wänden geschlagen. Sandners Sohn Florian ist eifrig dabei und erzählt, dass das Bild des heiligen Wendelin wieder seinen Platz unter dem neuen Ziegeldach finden muss. Noch steht eine Spanplatte vor dem Eingang, der Fortschritt ist unschwer zu erkennen. "Ich habe das Gefühl, dass das ein Kraftzentrum ist", sinniert Heiß. "Da ist es nur angemessen, dass diese Kapelle wieder instand gesetzt wird."