Greding
Hochkarätiger Abschluss des Weihnachtsmarkts

Eichstätter Domchor lässt in der Gredinger Jakobuskirche die Seelen aufatmen Ausflug ins sakrale Musiktheater

12.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Harmonie und Präzision in Vollendung: Der Eichstätter Domchor gibt unter der Leitung von Domkapellmeister Christian Heiß in der Stadtpfarrkirche ein Adventskonzert. - Foto: Leykamm

Greding (HK) Vom gregorianischen Choral bis zur gemäßigten Moderne: Es gibt kaum eine Stilepoche, in welcher der Eichstätter Domchor nicht bewandert ist. Nun hat er in der Gredinger Jakobuskirche am zweiten Adventssonntag auf das nahe Christfest eingestimmt.

"Ein kultureller Leckerbissen" werde das Konzert sein, versprach Bürgermeister Manfred Preischl zu Beginn. Er sollte recht behalten. Und auch die Seelen selbst konnten bei diesem Konzert in der Stadtpfarrkirche St. Jakobus aufatmen. Es bildete zugleich den feierlichen Abschluss des benachbarten Weihnachtsmarkts, bei dem es diesmal an Schnee nicht mangelte. Er war allerdings wohl auch der Grund, dass so mancher Kulturfreund die Autofahrt zum Konzertgenuss scheute, so dass die Zahl der Besucher deutlich unter 200 blieb. Doch für die lohnte es sich, den Kampf mit der Witterung aufgenommen zu haben.

Erst waren es die Männer, die im Altarraum zusammenkamen und zu singen begannen. Im Kirchenschiff verteilt fanden sich die verschiedenen Frauenstimmen wieder. Als die Gruppen singend nach vorne schritten, wurden sie dort dezent summend empfangen. Ein aufeinander Zugehen, das sich auch in den Harmonien und der Dynamik eine wunderbare Entsprechung fand. All dies unterstrich die Botschaft des Stückes, das vom Kommen des Heilands kündete. Von der Hoffnung auf Erlösung, treibend, fragend, erwartungsvoll. Ein immerwährender Grundton machte deutlich: Diese Erwartung ebbt nicht ab, sie drängt auf ihre Erfüllung. Die bis zu neunstimmige "Advents-Collage", so heißt das Stück, hat der Eichstätter Domkapellmeister Christian Heiß selbst zu einem beeindruckenden Ganzen zusammengeführt.

Es bildete einen tollen Auftakt eines Konzerts, das den Bogen folgerichtig weiter spannte. Die Ankunft des Heilands den Verzagten zu verkünden und die Tore ihm weit zu öffnen, erbaten die folgenden Werke.

Bevor zwei Emporen weiter oben ein weiterer Hörgenuss wartete: Der Organist Bastian Fuchs ließ an der Orgel Johann Sebastian Bachs "Wachet auf, ruft uns die Stimme" erklingen. Die tröstend-beschwingten Melodien unterstrichen dabei das vorher Gesungene des Chores, der jetzt vorübergehend auf den hinteren Bänken Platz nahm.

Nach dem letzten Tastenklang verteilte sich das Ensemble erneut im Kirchenschiff - mit einer leicht geänderten Aufstellung. Alle Sänger rückten ein wenig dichter zusammen. Und intonierten ein etwas anderes "Ave Maria". Leicht zeitversetzt sprachen die Frauengruppen mit betender Stimme den liturgischen Text, während die Männer dreistimmig am Altar sangen und summten. Alle verstummten punktgenau, als Heiß das entsprechende Zeichen gab. Dann hob der Gesang wieder an, dieses Mal etwas lauter. Auch die Damen waren nun laut zu hören, völlig synchron. Alles mündete in ein gemeinsames "Amen". So klingt es, wenn aus Verschiedenheit Einheit wird. Fast schon eine Art sakrales Musiktheater, das die Besucher hier erlebten.

Und es machte klar: Heiß hat die Fäden fest in der Hand, auch wenn er sich selbst nicht in den Vordergrund spielt. Bei aller Präzision hatte er doch immer ein Lächeln für seine Sängerschar übrig, die er mit dezenter Gestik zu führen weiß. Die Musik soll wirken, nicht der, der vorne dran steht. Und das gelang ihr auch. Sie berührte in ungeahnten Seelentiefen.

"Wie schön leuchtet der Morgenstern" (Felix Mendelssohn Bartholdy) erreichte hier eine besondere Strahlkraft, Worte wie "Licht", "Trost", "Wahrheit" oder "Leben" konnten so ganz neu bewusst werden. Und die Musik machte deutlich: Hier geht es nicht um die Erhabenheit an sich, sondern darum, dass sie sich herabsenkt, Mensch wird. Das Weihnachtsgeschehen ließ sich so neu verinnerlichen. In all seiner Vielschichtigkeit, die sich bei "O Freude über Freud" (Johann Eccard) in achtstimmigen, ineinander perlenden Kaskaden Bahn brach.

Eine ebenso große Zahl an Stimmen galt es bei "Nesciens mater" (Jean Mouton) zu bewältigen, mit Harmonien, die nach heutigen Hörgewohnheiten leicht dissonant klangen. Was natürlich bewusst eingesetzt wurde. Ging es doch um die Jungfrauengeburt, die alles Verstehen weit übersteigt. Schwer zu singen war dies obendrein.

Ein lange ausgehaltener Schlussakkord leitete zum neuerlichen Orgelspiel über. Es führte nun mit "Ich steh an deiner Krippen hier" und "Still, still, still" schon näher an das klassische weihnachtliche Liedgut heran. Sogleich ging es aber dann nach einem Registerwechsel recht lautstark zur Sache.

Bevor der Chor ein drittes Mal an den Altar schritt, dieses Mal aber gleich in seiner Gesamtheit. Verschiedene Weihnachtsliedsätze entführten nun in unterschiedliche Sprachräume - englisch, französisch und spanisch erklang es in der Jakobuskirche. Ein Stück erinnerte an ein Kinderlied, schließlich ist ja auch ein Kind geboren; ein "Ros' entsprungen", wie es in dem Klassiker heißt, der auch zu Gehör kam. Mit interessanten Wechseln in der Dynamik, die auch diesem nicht zu selten gehörten Werk noch etwas Neues abgewinnen ließen.

Bei "O Jesulein zart" zeigte der Domkapellmeister erneut seine Klasse als Arrangeur. Gegen Ende des Konzerts swingte es dann sogar ein bisschen - und das sogar ohne Fingerschnippen und Jazzbesen. Kurz darauf erlaubt sich der Chor dann doch etwas Instrumentaleinsatz mit Trommel und Glöckchen. Beide kündeten vom innerlichen Feuerwerk des Glaubens, wie es - nicht als Bestandteil des Konzerts - hinter den beiden Percussionistinnen auf einem Bild zu lesen war.

Den Abschluss bildete ein verfeinertes "O du fröhliche" in der Version von Georg Ratzinger, dem Bruder des einstigen Papstes, das im Mittelteil der bekannten Melodie eine kurze Sequenz vorschaltet: als Frage, die die bekannte Notenfolge als Antwort erscheinen lässt.

Am Ende des Abends gab es nicht nur lang anhaltenden Applaus vom Publikum. Die Zuhörer werden im Gegenzug für ihre Aufmerksamkeit vom Domkapellmeister gelobt. Im Abendsegen als Zugabe erklang die Bitte: "Bleib bei uns!" Und in der Tat: Die Innerlichkeit dieses Konzertes kann der Zuhörer mitnehmen, auf dass sie ihn durch die Weihnachtszeit trage, um deren Sinn wieder neu für sich zu entdecken.