Greding
Eine Revolution im Bildungssystem

Frauenunion informiert sich beim Thalmässinger Schulleiter Ottmar Misoph über Inklusion

29.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:24 Uhr

Greding/Thalmässing (HK) „Inklusion“ hat der Arbeitstitel für die Kreisvorstandssitzung der Frauenunion gelautet. Da lag es nahe, sich vom Leiter der Thalmässinger Mittelschule, Ottmar Misoph, das Erfolgsmodell Mittelschule Thalmässing erläutern zu lassen.

Die Modus-Schule wurde 2006 und 2014 als beste Mittelschule Bayerns ausgezeichnet und erhielt den Innovationspreis für Innere Schulentwicklung i.S.i., 2013 errang sie gar einen Bundespreis für ihr Inklusionskonzept. Weil jeder anders ist, wählte die Schule das Motto „Stärken stärken durch eigenaktives Lernen“. Was vor Jahren mit dem Wunsch einer Familie nach wohnortnaher Beschulung ihres Kindes mit Downsyndrom begonnen hatte, ist mittlerweile alltäglich: Seit zehn Jahren werden in Thalmässing Kinder mit Behinderungen unterrichtet.

Schnell wurde den Anwesenden klar, dass dies nur in einer offenen, flexiblen Unterrichtsform möglich ist. Flexible Lernumgebungen ohne zentrale Tafel, dafür mit vielen verschiebbaren Tafelelementen, dreieckigen Einzeltischen und offene Lernräume, die Klassenzimmer und Gang umfassen, erstaunten die Besucher. Diese äußeren Rahmenbedingungen erleichtern die Realisierung offener Unterrichtsformen. Die wiederum schaffen für den Lehrer Raum und Zeit für eine möglichst individuelle Förderung nach der jeweiligen Begabung eines Kindes.

„Inklusion stellt hohe Anforderungen an das Kollegium, die Eltern und die Schüler“, gestand Schulleiter Ottmar Misoph. Gelassenheit sei für alle Beteiligten wichtig, da sie sich in einem ständigen Lernprozess befänden und Lösungen nicht immer sofort greifbar seien. Inklusion bedeute vor allem „mittendrin, statt nur dabei“.

Ottmar Misoph stellte klar, dass nach den Vorgaben der bayerischen Staatsregierung das Ziel der Schulentwicklung jeder Schule in Bayern die „inklusive Schule“ sei. Auf dem Weg zu diesem Ziel seien aber noch große Hürden zu überwinden. Derzeit sei die Inklusion noch nicht an allen Schulen umsetzbar. Nach Misophs Meinung werden auch die Förderzentren weiterhin Bestand haben, viele der Sonderpädagogen würden aber in Zukunft in den Regelschulen arbeiten. Das Projekt inklusive Schule sei, so Misoph, nichts anderes als eine Revolution im Bildungssystem. Die erfordere andere Unterrichtskonzepte, andere Lernräume, andere Schulbauten und eine andere Lehrerausbildung. Die derzeitige öffentliche Diskussion beschränkt sich laut Misoph leider ausschließlich auf das Gymnasium. Gerade die Grundschulen, die alle Kinder durchlaufen, müssten in den zentralen Mittelpunkt der Bildungsdiskussion treten.

Und die Wirtschaft brauche in der Zukunft gut ausgebildete Facharbeiter. Die kämen bisher überwiegend aus der Mittelschule. Deren Stellenwert im bayerischen Schulsystem könnten, so Misoph, die Forderungen der Wirtschaft in besonderem Maße verändern.

Unverständnis zeigte der Thalmässinger Schulleiter dafür, dass sich Deutschland 17 verschiedene Schulsysteme leiste und dass in Bayern im Bildungsbereich oft schon die Bezirksgrenzen unüberwindliche Hindernisse darstellten. In Zeiten der Globalisierung und der notwenigen Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt sei das dringend zu ändern.

Dem Schulleiter sei es gelungen, die Frauenunion vom Erfolgsmodell der Thalmässinger Schule zu überzeugen, stellte hernach die Kreisvorsitzende Margareta Bösl aus Gredingfest. Ottmar Misoph habe gezeigt, wie Inklusion an der Schule möglich sei.