Greding
Als die Kleidung noch kein Wegwerfprodukt war

Sonderausstellung "Auf Tuchfühlung" im Gredinger Archäologie Museum zeigt die Tuchproduktion in vergangenen Jahrhunderten

15.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:23 Uhr

Das Spinnen mit der Handspindel demonstriert die Archäologin Ulrike Claßen- Büttner (links) bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Auf Tuchfühlung“ im Gredinger Museum - Foto: Mödl

Greding (mld) Einen Überblick über die Historie der Menschheit soll das Archäologie Museum Greding geben, wenn es denn fertig eingerichtet ist. Die Quintessenz jedoch ist schon klar: „Die Menschheit spinnt“. So zumindest ist einer der Informationstafeln überschrieben. Nicht zu unrecht, denn über die Herstellung von Stoffen und Textilien im Frühmittelalter informiert jetzt die Sonderausstellung mit dem Titel „Auf Tuchfühlung“ . Am Donnerstagabend wurde sie eröffnet.

Die Fünffachbestattung im Höbinger Fürstengrab gab Anlass, die Herstellung der Kleidung in dieser Zeit zu durchleuchten. Die Archäologin Ulrike Claßen-Büttner, Mitarbeiterin im Kipfenberger Bajuwarenmuseum, stellte die Herstellungstechniken aus dem Frühmittelalter vor, die detailliert in drei Räumen im Obergeschoss dargestellt werden. Bis Mitte Dezember ist die Ausstellung geöffnet. Die oberen Räume würden erst 2013 mit Exponaten belegt, die derzeit noch zur Restauration ausgelagert seien, erläuterte Bürgermeister Manfred Preischl.

Beim Rundgang zur Eröffnung demonstrierte Claßen-Büttner, wie mit der Handspindel gesponnen wurde. Im achten Jahrhundert, der Zeit als der im Museum präsentierte Fürst einst lebte, war das Spinnrad noch nicht erfunden. Die Gäste sollten es ihr gleichtun, sagte sie. Das Ausprobieren ist ein Teil der Sonderausstellung.

Der Hauptlieferant zur Fadenherstellung war früher die Wolle, die mit eben diesen Handspindeln zum Faden gesponnen und aufgespult wurde. Kleidung war früher schwierig herzustellen, die Herstellungskette war sehr aufwendig. Neben Wolle dienten im Lauf der Zeit auch Flachs, Baumwolle und Seide zur Herstellung von Stoff und Tuch sowie mineralische Stoffe wie Asbest – das heute streng verboten ist, da es Krebs erregend ist. Claßen-Büttner erklärte auch, dass Spinnen und Weben früher als Voraussetzung für die Ehe und Haushaltsführung gewertet wurde und daher für Bräute auch als Aussteuer galt.

Heute würden Wäscheteile in Billiglohnländern hergestellt „und bei uns auf den Markt geworfen und damit in den Herstellungsländern Existenzen zerstört“, sagte Claßen- Büttner. Früher sei man bei Kleidung und Wäsche Selbstversorger gewesen, deshalb gab es auch in jedem Dorf Weber und Spinnräder. All dies wieder ins Gedächtnis rufen soll diese Ausstellung, die auch mit Fachvorträgen begleitet wird. In Schautafeln und mit Werkzeugen werden die einzelnen Techniken wie Spinnen, Filzen, Nadelbinden, Brettchenweben und Weben vorgestellt, um altes handwerkliches Geschick in Erinnerung zu rufen.