Freystadt
Kinder leiden am meisten

Die Freystädterin Walburga Greiner berichtet von Hilfsprojekten in Uganda

25.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

"Kaum zu ertragen ist die Situation der Kinder", schreibt Walburga Greiner, die mit einer Delegation der Welthungerhilfe (WHH) in Uganda unterwegs war. Schulen der WHH sind for die einzige Hoffnung. Hier bekommen die Kinder Wasser, Essen und Bildung. - Foto: Welthungerhilfe

Freystadt (haz) Vor wenigen Wochen war die Freystädterin Walburga Greiner, die bei der Welthungerhilfe (WHH) in Bonn arbeitet, in den Krisengebieten in Uganda/Ostafrika, in denen extreme Dürre herrscht, mit einer Delegation unterwegs, um sich zu informieren.

Greiner besuchte vor allem Schulen, die von der WHH gebaut wurden. Hier hat man für Kinder aus Dörfern, die zu weit weg sind, um jeden Tag nach Hause zu laufen, Schlafmöglichkeiten geschaffen. Damit werde auch sichergestellt, dass sie regelmäßig zur Schule gehen und nicht im Haus oder auf dem Feld arbeiten müssen, oder im Falle der Mädchen, früh verheiratet werden.

Auf dieser Reise sollten der Hilfsbedarf ermittelt und die Finanzierung auf die Beine gestellt werden. Geplant ist, mit Tagelohnarbeiten, wie dem Pflanzen von Baumsetzlingen, den Menschen kleine Einkommen zu ermöglichen, in der aktuellen Situation das gebotene Instrument, weiß Greiner aus Erfahrung. Was Greiner sehr betroffen macht: "Die meisten Menschen sind allerdings bereits stark geschwächt und ohne eine einfache warme Mahlzeit pro Tag bei der großen Hitze nicht in der Lage, körperliche Arbeit zu verrichten. € Deshalb hat sich die Kombination von "Geld für Arbeit" und "Nahrung für Arbeit" bewährt. Die Arbeiter bekommen etwas Geld und ein Mittagessen mit Sorghum (Hirse) oder Mais. Frauen haben zudem die Möglichkeit, ihre Kleinkinder mitzubringen, die mit gehaltvoller Nahrung versorgt werden.

In ihrem Brief schreibt Walburga Greiner: "Seit gut vier Jahrzehnten arbeite ich in der Entwicklungszusammenarbeit. Was ich aber während meiner letzten Dienstreise bei den Karamojong in Nordost-Uganda erlebt habe, hat mich zutiefst erschüttert. Wie ganz Ostafrika ist auch die abgelegene Heimatregion der Viehhirten schwer von der Dürre betroffen. Der Regen ist bereits im dritten Jahr ausgeblieben. Die Ernte von 2016 war nahezu ein Totalausfall, es gibt kaum noch Wasser, Wasserstellen und Brunnen trocknen aus. Die Frauen müssen stundenlang bis zum nächsten Wasserloch laufen. Die Tiere verhungern und verdursten. Grundnahrungsmittel werden immer teurer. Die Menschen können keine Hirse oder Bohnen kaufen. Sie hungern. Viele haben sogar ihr letztes Saatgut verzehrt. Selbst wenn es irgendwann wieder regnen sollte, haben sie also keine Saat mehr. Das heißt: wieder keine Ernte im Herbst!"

Das ist leider kein Einzelfall, wie Greiner berichtet: "Dieses Drama spielt sich zurzeit in vielen Teilen Ostafrikas ab. Die Lage ist katastrophal, aber vielen Menschen kann geholfen werden. Zum Beispiel den Flüchtlingsfamilien aus dem Südsudan: Im Flüchtlingscamp Bidibidi verteilen die Welthungerhilfe und andere Organisationen Nahrungsmittel, Wasser und Hygieneartikel. Selbst die ugandische Regierung versucht ihr Bestes, den notleidenden Menschen eine Perspektive zu geben und stellt ihnen Land zur Verfügung."

Doch es gibt auch Bevölkerungsgruppen, die nicht von der Regierung unterstützt werden, wie Greiner schreibt: "Die Not der Karamojong hingegen ignoriert sie weitestgehend. Auch die eigenen Landsleute schauen weg. Was hier geschieht, ist nichts anderes, als das Aussterben einer Jahrhunderte alten Kultur. Was mich vor allem erschüttert hat, war die extreme Armut und Perspektivlosigkeit in den Dörfern. Die Karamojong sind Viehhirten, die hauptsächlich mit ihren Herden durch die Savanne ziehen. Der Stolz beruht auf dem Besitz und dem Unterhalt von Vieh. Jetzt ist ihr Vieh tot und gerade die Männer haben große Teile ihrer Identität verloren. Die Umstellung auf Ackerbau fällt sehr schwer. Einige haben im März etwas Saat ausgebracht, weil sie auf den Aprilregen hofften. Inzwischen ist diese Saat vertrocknet."

Am schlimmsten betroffen sind allerdings die Kinder, wie Walburga Greiner berichtet: "Kaum zu ertragen ist die Situation der Kinder. Sie sind extrem klein und ausgezehrt. Ihre Ärmchen kann man leicht mit den Fingern umschließen, ihre Bäuche sind aufgebläht. Wenn ich die kleinen Händchen genommen habe, fielen sie zum Teil schlaff, beinahe leblos herunter. Ihre Mütter müssen sie oft allein zu Hause lassen, um in der Stadt verzweifelt zu versuchen, etwas Geld zu verdienen." Dort verkauften sie winzige Tomaten oder ein paar Erdnüsschen in kleinen Tüten - aber das bringe nicht mehr als etwas Kleingeld für eine spärliche Mahlzeit, erklärt Greiner. "In den Blechnäpfen der Kinder habe ich ein paar gehackte grüne Blätter mit Sorghum gesehen - mehr nicht. Keiner hat mehr Kraft für die alltäglichen Dinge."

Ein Lichtblick seien die Schulen und Internate, die die Welthungerhilfe baut. Hier erhielten die Kinder Wasser, Nahrung und Bildung. Auch ein Projekt, das den armen Familien Ziegen übergibt, damit sie ihre Viehbestände wieder aufbauen können und über Milch für die Kinder verfügen, funktioniere gut. "Noch springen die Zicklein in den Dörfern herum, aber sie werden immer magerer." Um der Hungersnot entgegen zu wirken, werde die Welthungerhilfe die trockenresistente Straucherbse einführen, mit der sie in anderen Landesteilen gute Erfolge erzielt hat. Doch auch dafür brauche es Regen. Es bleibt das Programm für unterernährte Kleinkinder und stillende Mütter, wie Greiner berichtet: Freiwillige Sozialarbeiterinnen wiegen und messen die Kinder. Die schlimmsten Fälle von Mangelernährung kommen in die Klinik. In Moroto werden zurzeit 14 Kinder bis vier Jahre mit Spezialnahrung gefüttert. Wer keine Nahrung aufnehmen kann, erhält Infusionen. Die Mütter oder Großmütter bekommen Töpfe, Schüsseln und Nahrungsmittel, um kochen zu können. "Sobald ein Kind selbst schlucken, essen und verdauen kann, muss es die Klinik verlassen. Der Andrang ist zu groß. Zum Glück gibt es im Programm immer wieder Familien, die etwas Hoffnung schöpfen. Das ist ihre einzige Chance."