Eysölden
Auf die richtige Spur gebracht

Wie Technisierung in kleinbäuerlichen Betrieben das Leben erleichtert Besuch auf dem Dorner-Hof in Eysölden

18.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

Zwei Generationen, aber gleichermaßen begeistert von den Möglichkeiten der Moderne: Als Helmut Dorner (rechts) sieben Jahre alt war, hielt auf dem Hof der erste Schlepper Einzug. Auch heute noch zeigt sich der 67-jährige Vater von Manfred Dorner offen für die neue Technik, die sich in und auf den Landmaschinen wiederfindet. - Foto: Leykamm

Eysölden (DK) Auf dem Dorner-Hof in Eysölden mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von derzeit 100 Hektar spiegelt sich die rasante technische Entwicklung auf beispielhafte Weise wieder. Vor 60 Jahren hielt auf dem Hof der erste Schlepper Einzug, vor 50 Jahren begann der erste Mähdrescher über die Felder zu ziehen. Davor plagten sich Mensch und Pferd bei Bodenbearbeitung und Ernte ab.

Doch so fortschrittlich die Landwirtschaft ist, wird ihre Technisierung von weiten Teilen der Öffentlichkeit auch kritisch gesehen. Das weiß Manfred Dorner als Mitglied des Kreisvorstandes beim Bayerischen Bauernverbandes. Wo immer es geht, versucht er andere davon zu überzeugen, dass die Digitaltechnik nicht das Ende des kleinbäuerlichen Betriebs bedeutet, sondern ihm den Weg in die Zukunft ebnet.

Dorners eigene Felder sind dafür das beste Beispiel. Die Fruchtreihen verlaufen dank automatischer Spurführung des Traktors kerzengerade. Das schont den Boden und spart gleichermaßen Saatgut wie Düngemittel, ist also ökologisch sowie ökonomisch sinnvoll. Und es bleibt mehr Zeit für die besagte Aufklärungsarbeit.

Die Gründe für den Einsatz einer solchen Spurführung leuchten jedem schnell ein. Und der Blick auf diese Technik fasziniert. Zunächst einmal nutzt das System die GPS-Signale wie ein Navigationsgerät für Autos. Um die Genauigkeit zu steigern, braucht es aber noch Korrektursignale von bis zu acht Satelliten - amerikanischen wie russischen. Die Fäden laufen dann bei einem Erweiterungssystem zur Satellitennavigation namens EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service) zusammen. Die Abweichung beträgt nun noch maximal 20 Zentimeter. "Das eignet sich fürs Düngerstreuen", sagt Dorner im Gespräch mit unserer Zeitung.

Ein weiteres Modul lässt die Maschinen nur noch mit einer Abweichung von maximal sechs Zentimetern fahren. Ein beachtlicher Wert angesichts der Tatsache, dass allein die Reifenbreite heutiger Traktoren ein Vielfaches von jenen sechs Zentimetern beträgt. Dieser Grad der Genauigkeit erweist sich laut Dorner allerdings beim Mähen und beim Grubbern, also beim Lockern des Bodens, als sehr sinnvoll.

Und es gibt sogar noch eine weitere Steigerung der Präzisionsarbeit auf dem Feld. Über eine mobile Funkantenne wird die Abweichung auf maximal 20 Millimeter reduziert - optimal fürs Säen von Getreide und Mais. Die derzeitige Ausbaustufe des Systems ermöglicht es außerdem, die Arbeitsbreiten auf kurvenförmigen Feldstücken zu optimieren.

Das "Internet der Dinge" hält auch hier Einzug: Dorners Schlepper kommuniziert auf diese Weise mit dem angehängten Maschinen. Derzeit laufen Schulungen, für die der Eysöldener Landwirt seinen zehn Jahre alten Düngerstreuer zur Verfügung stellt, der mit dem neuen System immer noch kompatibel ist. Es weist den Weg in die Zukunft: Ausklappbare Sensorarme an der Front des Traktors durchleuchten die Pflanzen mit 2000 Impulsen in der Sekunde. Diese Daten liefern in Kombination mit digitalen Ertragspotenzialkarten in Sekundenbruchteilen den Bedarf an Stickstoff, der einen Wimpernschlag später punktgenau vom Streuer serviert wird. Gleichmäßige Bestände ohne Überdüngung sind die Folge.

Die digitale Abstimmung ermöglicht auch den Synchroneinsatz zweier Schlepper: Der eine pflügt, der andere sät direkt hinterher - dank Spurführung kommen sich beide nicht in die Quere. Fahrfehler des Menschen können sich bei einem Feld schnell auf einen beträchtlichen Wert addieren. Ärgerlich, "wenn man deshalb wieder 400 Meter mehr fahren muss", weiß Dorner aus Erfahrung. Doch diese Zeiten sind jetzt vorbei. Allerdings genügt ein Griff ins Lenkrad - und die Spurführung des Traktors ist wieder ausgeschaltet.

Dem Menschen bleibt also die Endkontrolle. Und das gilt auch bei der Rinderhaltung. "Den vollautomatischen Stall wird es nie geben", ist der Eysöldener überzeugt. Seit 2003 setzt er auf den Melkroboter, die ersten im Landkreis Roth gab es schon 1998. Sowohl die Hardware und erst recht die Software änderten sich seither immer wieder. Erst haben die Dorners gezweifelt, ob die eigene Anlage 60 Milchkühe versorgen kann. Heute weiß man, dass selbst die derzeit 75 Milchkühe kein Problem darstellen.

Die Steuerung wurde immer schneller, der Roboterarm bekommt das Kuheuter immer eher zu fassen. Die Zuteilung des Kraftfutters erfolgt auch ganz automatisch über ein Transpondersystem, ein Automat tränkt die Kälber. Fehlermeldungen landen vom Stall via App direkt auf dem Smartphone Dorners, der kleinere Ungereimtheiten gleich vom Mobiltelefon aus bereinigen kann. Die Frequenz an Störmeldungen ist dabei höchst unterschiedlich: "Mal ist drei Wochen lang Pause, dann hat man wieder drei an einem Tag." Missen aber möchte den technischen Fortschritt keiner.

Die Zeitersparnis allerdings wurde durch den Investitionsaufwand egalisiert. Einen gemeinsamen Urlaub gab es seit 2002 nicht mehr, das nötige Geld floss in die Technisierung. Von der ist Sohn Jonas mit seinen 15 Jahren absolut begeistert. Er betreibt etwa eine eigene Facebook-Seite ("landwirtschaftliche Bilder"), die er nicht selten vom Schlepper aus bei eingeschalteter Spurführung füttert. Die Beiträge kommen nicht nur von ihm, sondern aus ganz Deutschland. Auf dem Internetportal ist auch ein Gülleselbstfahrer zu sehen, der dank Technik die vom Gesetzgeber gewollte schnelle und geruchsfreie Einarbeitung bewerkstelligt. Und das im effektiven und bodenschonenden "Hundegang", bei dem alle Räder schräg gestellt sind - da ist dann die automatische Spurführung unerlässlich.

Solche Maschinen wollen gemeinsam finanziert und genutzt werden. Damit es sich lohnt, bräuchte es 25 Betriebe. Derzeit aber sind in der Güllegemeinschaft Thalmässing-Heideck nur 19 zusammengeschlossen. Wer also mehr Technik will, muss auch Ja sagen zu noch stärkerer Kooperation. Wie es Jonas auf Facebook schon gelingt, 1500 Freunde hat er auf besagter Seite schon. Im nächsten Jahr, nach dem Abschluss an der Realschule Hilpoltstein, will der Junior auf die Rother Landwirtschaftsschule, wo die Technisierung ebenso hohen Stellenwert haben wird.