Erlangen
Stadt-Umland-Bahn gerät unter die Räder

Unterschriften für Bürgerbegehren gegen Erlanger Verkehrsprojekt übergeben

27.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:29 Uhr

Ob eine Stadt-Umland-Bahn jemals durch Erlangen rollen wird, ist seit Mittwoch mehr als fraglich. - Foto: BI Umweltverträgliche Mobilität Schwabachtal

Erlangen (HK) Politischer Paukenschlag in Erlangen: Die Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen die Stadt-Umland-Bahn (StUB) wurden am Mittwochabend übergeben. Daraufhin hat Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) das Thema kurzfristig von der Tagesordnung des Stadtrates gestrichen.

Für großen Wirbel sorgt die StUB derzeit in Erlangen. Die Ereignisse haben sich in den letzten Tagen und Stunden geradezu überschlagen. Zunächst hat die CSU-Fraktion eine überraschende Kehrtwende angekündigt. Einen Tag später verkündet Harald Krieger, der Initiator des Bürgerbegehrens gegen den Bau der StUB, dass man das nötige Quorum von 4120 Unterschriften erreicht habe. Daraufhin streicht Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) die StUB von der Tagesordnung. Ursprünglich wollte Janik am Donnerstag den Stadtrat über einen Beitritt zum Zweckverband der Stadt-Umland-Bahn abstimmen lassen. Bis zur nächsten Sitzung des Stadtrates im Dezember sollen die Unterschriften gezählt und auf Gültigkeit geprüft werden.

„Wir verschieben die für heute geplante Abstimmung und warten die Prüfung der Unterschriften ab.“ Mit diesen Worten reagiert Janik auf die neuerliche Überraschung in der beinahe unendlichen StUB-Geschichte. Das gebiete der Respekt vor den Menschen, die ihre Unterschrift geleistet haben. Der Oberbürgermeister befürwortet den Bau der „Metropolstraßenbahn“, die die Städte Herzogenaurach, Erlangen und Nürnberg miteinander verbinden soll.

Im April dieses Jahres hatte sich bereits eine Mehrheit der Bürger im Landkreis Erlangen-Höchstadt in einem Bürgerentscheid gegen den Bau der Bahn entschieden. Daraufhin beschloss die Stadt Herzogenaurach, ohne die Unterstützung des Landkreises an dem Projekt teilzunehmen. „Die neue Entwicklung ist natürlich schade. Aber das wird nur ein Intermezzo bleiben“, ist sich Herzogenaurachs Bürgermeister German Hacker (SPD) sicher. Hacker glaubt, dass sich die Erlanger für den Bau der Bahn entscheiden, sollte es tatsächlich zu einem Urnengang der Bürger kommen.

Harald Krieger, der Initiator des Bürgerbegehrens in Erlangen, ist für eine Stellungnahme am Donnerstag nicht erreichbar gewesen. Auf der Homepage der StUB-Gegner feiert Krieger den Erfolg. „Am Mittwoch habe ich die Listen für das Bürgerbegehren mit etwa 4300 Unterschriften an den Oberbürgermeister übergeben.“ Janik habe laut Krieger mit folgenden Worten darauf reagiert: Wenn es einen Bürgerentscheid gibt und dessen Ergebnis gegen die StUB ausfällt, dann wird die StUB das gleiche Schicksal „ereilen“ wie die Umgestaltung des Theaterplatzes mittels Tiefgarage und die Privatisierung der Erlanger Stadtwerke: die StUB würde auch fallengelassen. Folgende Frage will Krieger den Erlanger Bürgern stellen: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Erlangen das Projekt StUB (Stadt-Umland-Bahn) nicht realisiert“

Bis zur nächsten Stadtratssitzung am 10. Dezember will die Stadt die Gültigkeit der Stimmen überprüfen. Eigentlich wollte der Stadtrat in seiner gestrigen Sitzung mit den Stimmen der Ampel-Koalition die Gründung eines Zweckverbandes bereits zum 1. Januar 2016 beschließen. Fraglich ist, ob dieser enge Zeitplan nun noch zu halten ist. Sollte das nötige Quorum der Unterschriften erreicht worden sein (für ein zulässiges Bürgerbegehren müssen fünf Prozent der Wahlberechtigten in der Hugenottenstadt das Bürgerbegehren unterzeichnen), wäre dem Stadtrat in Sachen StUB bis zur Entscheidung der Bürger die Hände gebunden.

Würden sich Erlangen und seine Bürger tatsächlich gegen den Bau der StUB entscheiden, könnte man das Projekt wohl endgültig zu den Akten legen. Schließlich trage Erlangen mit 63 Prozent den Löwenanteil der Kosten, sagt Birgitt Aßmus. Die Erlanger CSU-Fraktionsvorsitzende hatte am Dienstag überraschend eine Kehrtwende ihrer Partei in Sachen StUB verkündet. Die Erlanger CSU lehne die StUB ab, weil sie zu teuer und zu unflexibel sei.

„Die derzeitige Haushaltssituation – es fehlen 20 Millionen Euro – verbietet es, ein solches neues, derart kostenintensives Projekt zu beginnen“, teilte die Partei zur Begründung mit. Zudem müsse Erlangen nicht nur den Bau mitfinanzieren, sondern später auch die Betriebskosten tragen. „Es wäre verantwortungslos in der momentanen Situation langfristige Vorhaben zu starten, deren Finanzierung alles andere als geregelt ist“, argumentiert Birgitt Aßmus und ihre Kollegen von der CSU-Fraktion im Erlanger Stadtrat. Aßmus plädiert für ein „leistungsfähiges Elektrobussystem“ als Alternative zur StUB. Außerdem setzt die CSU auf den Bau einer Brücke über das Regnitztal. Die Stadt brauche eine weitere Ost-West-Verbindung, so Aßmus.

Die Sozialdemokraten in der Hugenottenstadt kritisierten die „Rolle rückwärts in der CSU“ heftig. „In ihrem Kommunalwahlprogramm hatte sich die CSU noch für eine modifizierte Trasse starkgemacht, die die Technische Fakultät mit dem Siemens-Campus verbinden sollte. Davon will sie heute nichts mehr wissen“, ärgerte sich der Erlanger SPD-Vorsitzende Dieter Rosner. „Die Christsozialen gefährden mit ihrer Ablehnung nicht nur den Wirtschaftsstandort Erlangen, sondern die ganze Metropolregion“, so Rosner weiter.

Auch die Nürnberger SPD findet die Entscheidung der Erlanger CSU „dumm“. Die Sozialdemokraten werfen der CSU ferner vor, in der Frage keine einheitliche Position einzunehmen. Es sei mehr als bedauerlich, dass die fränkische CSU keine gemeinsame Position formulieren könne. Schließlich hätten sich sogar die Minister Joachim Herrmann aus Erlangen und Markus Söder aus Nürnberg (beide CSU) für die StUB ausgesprochen. „Nur die Christsozialen in den Hugenottenstadt scheren aus. Es ist bedauerlich, dass sie aus dieser Verantwortungsgemeinschaft aussteigen“, argumentieren Brehm und Rosner unisono.

Innenminister Herrmann sagte am Donnerstag in Nürnberg, er respektiere die Entscheidung seiner Parteifreunde in Erlangen. Gleichzeitig unterstütze er das Projekt weiterhin. Allerdings fügte er hinzu, würde der Freistaat auch ein alternatives Projekt zur Stärkung der Verkehrsinfrastruktur in der Metropolregion unterstützen. Freilich seien jetzt zunächst die beteiligten Städte am Zug.