Eichstätt
"Inklusion öffnet das Herz"

Die Ausstellung "Natürlich anders!" beeindruckt mit großer Vielfalt in der ehemaligen Johanniskirche

24.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:26 Uhr

Foto: Dagmar Kusche

Eichstätt (EK) Es ist eine überwältigende und berührende Ausstellung, die seit Freitagabend in der ehemaligen Johanniskirche in Eichstätt zu sehen ist: Unter dem Titel "Natürlich anders!" setzen sich Eichstätter Künstler und Organisationen mit dem Begriff der "Inklusion" auseinander.

Dicht gedrängt nahmen rund 200 Gäste an der Eröffnung teil, die von den Trägern der Offenen Behindertenarbeit (OBA), der Caritas-Sozialstation Eichstätt, dem Caritas-Zentrum St. Vinzenz Ingolstadt und dem Bayerischen Roten Kreuz in Eichstätt in Kooperation mit zwölf Künstlern, Schulen und der Universität organisiert worden war. Landrat Anton Knapp und Oberbürgermeister Andreas Steppberger stellten in ihren Grußworten die große Bedeutung einer Ausstellung heraus, die das aktuelle Thema der Inklusion einer breiten Öffentlichkeit zugänglich mache: "Ausgrenzung zu vermeiden und Teilhabe zu ermöglichen, das sind ureigene gesellschaftliche und kirchliche Anliegen", so Knapp. Inklusion, so betonten beide Redner, sei ein in der UN-Behindertenrechtskonvention 2008 festgeschriebenes Menschenrecht, das allen Menschen die gleichwertige und selbstbestimmte Teilhabe am Leben der Gesellschaft zugestehe. Der OB betonte indes die Problematik einer oft fälschlich als "Integration von Abweichendem" verstandenen Inklusion. Er fügte hinzu: "Wenn Inklusion gewünscht und gewollt ist, dann ist dies immer umsetzbar und finanzierbar!"

Eindrückliche Worte richtete Karin Fackler, Mutter einer körperlich und geistig behinderten Tochter, an die Gäste. In den Worten des Ausstellungstitels gesprochen gestalte sich der Alltag ihrer Familie "natürlich anders", doch sei es wichtiger, mehr die Gemeinsamkeiten denn die Unterschiede zwischen nichtbehinderten und behinderten Menschen hervorzuheben. Sie erinnerte das Publikum daran, dass nur fünf Prozent aller Behinderungen von Geburt an vorhanden seien; die meisten Menschen würden somit erst im Laufe des Lebens durch Unfälle oder Krankheit betroffen. Es könne jeden treffen, betonte Fackler und ermutigte die Gäste, die Ausstellung zu nutzen, um Anregungen mitzunehmen: "Denn Inklusion beginnt im Kopf und öffnet das Herz."

Das Spektrum der präsentierten Kunstprojekte ist weit. Ob die eindrucksvolle riesige Skulptur "Auge" von Bildhauer Raphael Graf am Eingang zur Johanniskirche, die meterlange Banderole "Ella" mit dem Text der UN-Behindertenrechtskonvention von Doris Henle oder eine wunderbare Fotoausstellung der Fotografin Gisela Hetzer, die ineinander gelegte Hände in den Fokus genommen hat - an Fantasie, Einfühlungsvermögen und Willen zu intensivster Auseinandersetzung mit dem Thema hat es den zwölf teilnehmenden Künstlern und Institutionen mit über 300 Mitwirkenden nicht gefehlt.

Besonders großer Anziehungskraft erfreute sich das Projekt "Heimat" der Pflegestation 7 der Klinik Eichstätt, das deren Mitarbeiter in Kooperation mit Künstlerin Walburga Reichert, weiteren Partnern und den rund 30 Pflegebedürftigen der Station realisiert haben. Auf riesigen länglichen Tafeln haben die Senioren die Gelegenheit erhalten, schlaglichtartig mit Bildern, Erinnerungen und Malereien ihr Leben Revue passieren zu lassen und das Wort "Heimat" zu überdenken.

Mit enormem Engagement und Aufwand hatte auch der Eichstätter Galerist Hubert P. Klotzeck zusammen mit Kristina Schmitt und Simone Leneis von der Uni Eichstätt ein Kunstprojekt für die Inklusionsausstellung realisiert. Wie Klotzeck als Vertreter aller Künstler der Ausstellung in seiner Rede berichtete, waren nicht weniger als 111 Interessierte seiner Einladung gefolgt, ihre Gedanken zum Thema "Inklusion" in Wort und Bild festzuhalten. Daraus waren 72 Interviews und Porträts entstanden. Jeder Porträtierte - darunter einzelne Personen ebenso wie Familien - hält ein Schild mit der Aufschrift "Inklusion beginnt im Kopf" in den Händen.

Eindrucksvoll haben sich indes Schülerinnen der Maria-Ward-Realschule mit ihrer Kunstpädagogin Angelika Süß mit Darstellungen behinderter und kleinwüchsiger Menschen bei dem spanischen Maler Diego Velázquez (1599-1660), auseinandergesetzt und sich zu eigenen Kunstwerken inspirieren lassen.

Musikalisch wurde die Vernissage von der Veeh-Harfen-Gruppe "Trotzdem" des Caritas-Zentrums St. Vinzenz Ingolstadt unter Leitung von Julia von der Brelie sowie von der Sängerin und Pianistin Franziska Kehr gestaltet.

Die Ausstellung in der ehemaligen Johanniskirche ist a an diesem Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr zu sehen, werktags auch nach telefonischer Voranfrage unter den Nummern (08421) 97 66 40 oder 97 57 13.