Eckersmühlen
"Das Mark kann ich notwendig brauchen"

Feldpost aus dem Ersten Weltkrieg: Der 20-jährige Michael Müller aus Eckersmühlen in Geldschwierigkeiten

12.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:13 Uhr

Der 20-jährige Michael Müller lässt sich Anfang 1916 als Rekrut in Ingolstadt fotografieren. Er ist der dritte Sohn der Eckersmühlener Kaufmannsfamilie, der in den Ersten Weltkrieg zieht. Am 16. Februar schreibt er seinem Bruder Georg eine Feldpostkarte. - Foto: Privatbestand Manuela Lösch, Eckersmühlen

Eckersmühlen (HK) Der Erste Weltkrieg ist bereits seit eineinhalb Jahren in vollem Gange, als Anfang 1916 Michael Müller, der dritte Sohn aus der Eckersmühlener Kaufmannsfamilie Müller, zum Kriegsdienst eingezogen wird.

Aus der Eckersmühlener Familie Müller leisten zu dieser Zeit bereits zwei Söhne, Christoph und Georg, Kriegsdienst an den mörderischen Fronten im Westen und Osten. Die Verluste dieses ersten industriell geführten Krieges der Geschichte erreichen bis dahin nie gekannte Höhen und übersteigen bereits die gesamten Verluste aller großen Kriege des 19. Jahrhunderts um ein Vielfaches. Nun wird auch Michael, der dritte Bruder, eingezogen: der am 16. August 1895 geborene Michael Müller, der als 20-Jähriger seine Rekrutenausbildung beim Königlich Bayerischen 13. Reserve-Infanterie-Regiment in Ingolstadt absolviert. Von ihm ist eine Feldpostkarte vom 10. Februar 1916 an seinen Bruder Georg erhalten geblieben, der zu dieser Zeit auf Genesungsurlaub in Eckersmühlen weilt. Er bedankt sich bei seinem Bruder für das Geld, das dieser ihm geschickt hat:

"Lieber Bruder!

Dein liebes Briefchen habe ich mit größtem Dank erhalten und habe daraus ersehen, daß Du immer noch krank. Ich wünsche Dir gute Besserung. Das Mark, daß Du mir beigelegt hast, kann ich jetzt ganz notwendig brauchen. Denn ich hätt so keinen mehr gehabt, wenn mir Mathias Käser nicht zwei Mark gegeben hätte. Ich dank Dir bestens dafür.

Ich hoffe, daß Du bald so gesund wirst, wie ich bin. Sei bestens gegrüßt von Deinem Bruder Michael."

Quer um den Rand hat Michael Müller noch einen Dank an seine Schwester geschrieben: "Ich mach auch der Lisett den besten Dank immer für die Adressen zu schreiben."

Dass man auch als Wehrpflichtiger seinerzeit keine allzu großen finanziellen Sprünge machen konnte, wird aus der Postkarte ersichtlich, in der sich Michael Müller bei seinem Bruder Georg für die Zusendung eines Markstücks bedankte. Zudem musste er sich auch bei seinem Freund Mathias Käser, ebenfalls aus Eckersmühlen, schon zwei Mark leihen.

Die Besoldung ("Löhnung") eines "Gemeinen", also eines einfachen Infanteristen, betrug seinerzeit monatlich 6,60 Mark zuzüglich 9 Mark Beköstigungsgeld, somit insgesamt 15,60 Mark, was einer heutigen Kaufkraft von rund 45 Euro entspräche. Was sich heute nicht so berauschend anhört, war damals jedoch eine Menge Geld, wenn man bedenkt, dass man beispielsweise 1913 auf dem Oktoberfest für eine Maß Bier 39 Pfennige bezahlte, was einer heutiger Kaufkraft von 1,12 Euro entspricht und dies den Tagessold in Höhe von 22 Pfennigen bei Weitem überschritt.

Die Löhnung wurde in der Armee zehn Tage im Voraus auf die Hand, also bar, ausgezahlt. Michael Müller musste also schon zehn Tage überbrücken. Vielleicht hatte er beim Kartenspiel ein schlechtes Blatt oder lebte etwas über die Verhältnisse eines einfachen Soldaten hinaus.

Damals schon wurde die Preisstabilität nur dadurch erhalten, weil man unmittelbar nach Kriegsausbruch 1914 die Gelddruckerpresse anwarf, um den Krieg finanzieren zu können. Dies wurde auch nach 1918 fortgesetzt. Eine Politik, die der eigentliche Grund war, warum es 1922/23 zum Kollaps der deutschen Finanzwirtschaftskraft kam.

Michael Müller wurde nach der Rekrutenausbildung zur 4. Kompanie des 13. Königlich Bayerischen Reserve-Infanterieregiments kommandiert, das der 11. Bayerischen Infanterie-Division unterstellt war und an die Westfront verlegt wurde - in den Wald von Malangur, Höhe 304, bei Verdun.