Drei Tote: Bewährungsstrafe

13.11.2008 | Stand 03.12.2020, 5:26 Uhr

Völlig demoliert ist der VW Touran nach dem Unfall im August 2007, bei dem drei Menschen bei Rednitzhembach starben. - Foto: kx

Schwabach (luf) Drei Menschen sind tot. Alle drei gehörten zur Familie des Unglücksfahrers. "Sie haben die Toten auf dem Gewissen" warf gestern Amtsrichter Rainer Geißendörfer dem Angeklagten in Schwabach vor, "damit müssen Sie leben." Dennoch verurteilte er den 50-jährigen Schwabacher zu einer Bewährungsstrafe.

Fünf Zeugenaussagen, ein Sachverständiger und nicht zuletzt die offenen Angaben des Angeklagten ließen keine Fragen offen, wie sich das tragische Geschehen am Abend des 11. August 2007 abgespielt hat: Trotz Magenverstimmung ließ sich der Busfahrer aus Schwabach von seiner Lebensgefährtin seinerzeit dazu überreden, nach Pfaffenhofen bei Roth zu fahren, um dort den Geburtstag ihrer Mutter zu feiern. Man traf auf zwei Schwestern der Frau und einen Schwager, feierte, der Wodka floss reichlich. 1,07 Promille hatte der Fahrer im Blut ergab später die Blutprobe.

Kurz vor 20 Uhr brach die Gesellschaft auf, die drei Verwandten wollten zum Schwabacher Bahnhof mitfahren, um in den Zug zu steigen. Sie kamen nie an.

In einer Linkskurve auf der Staatsstraße 2409 bei Rednitzhembach geriet der VW Touran nach rechts von der Straße ab, eine Böschung wirkte als Katapult: "Das Auto flog 23 Meter durch die Luft", sagte der Sachverständige Michael Eggers. Auch weil der Wagen mit Tempo 105 statt der erlaubten 80 Kilometer pro Stunde unterwegs war. Er überschlug sich mehrmals, die Heckscheibe und die Seitenscheiben zerbarsten. Die Heckinsassen waren nicht angeschnallt, wurden aus dem Auto geschleudert. Die Schwestern starben sofort, der Mann später an der Unfallstelle. Eine der Frauen wurde erst eine halbe Stunde nach dem Crash tot im Wald gefunden. Der Fahrer und seine Lebensgefährtin wurden mittelschwer verletzt.

Die Mutter der toten Schwestern, selbst die erwachsenen Kinder der Verstorbenen – zu allen Familienmitgliedern habe er noch immer ein gutes Verhältnis, sagte der Mann mit tränenerstickter Stimme. "Ich helfe den Angehörigen so gut ich kann." Es gebe nur einen einzigen Menschen auf der Welt, der ihm nicht vergeben habe, ergänzte sein Verteidiger: der Angeklagte sich selbst. Seit dem Unglück sei er krank geschrieben, befinde sich in psychotherapeutischer Behandlung. Ein Wrack.

Mit dem vergleichsweise milden Urteil folgte das Schöffengericht im Wesentlichen dem Antrag von Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg, der ebenfalls eine Bewährungsstrafe forderte. "Das fällt mir schwer", räumte er ein. "Normalerweise gibt es schon bei einem Toten keine Bewährung mehr", merkte Geißendörfer an.

Träg führte detailliert aus, warum der Schwabacher trotz der "grässlichen Folgen" seines Fahrfehlers nicht ins Gefängnis solle. Er führte vor allem die Unbescholtenheit des Angeklagten an: Als Berufskraftfahrer habe dieser keinen einzigen Punkt in Flensburg, "das ist keine Selbstverständlichkeit". Überdies trügen die Toten eine Teilschuld. Die Verwandten waren nicht angeschnallt – in diesem Fall hätten sie laut Gutachter überlebt. Und sie waren ins Auto gestiegen im vollen Wissen, dass der Fahrer getrunken hatte, sie hatten ja mit ihm gebechert.

Die Freiheitsstrafe von zwei Jahren setzte der Richter zur dreijährigen Bewährung aus. Zusätzlich muss der Angeklagte 200 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten.