Beilngries
Der Steinbruch als Schlaraffenland

24.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Jede Menge Details über die schützenswerten Pflanzen und Insekten am Arzberg erläuterte der Bund-Naturschutz-Kreisvorsitzende Johann Beck (vorne).

Beilngries (HK) Ein ambitioniertes Projekt haben Naturschützer vor einem Jahr am Arzberg ins Leben gerufen. Ziegen helfen dabei, die Artenvielfalt zu erhalten. Wie das genau funktioniert und was für heuer geplant ist, erläuterten Experten bei einem Rundgang.

Das Schutzgebiet um den Steinbruch am Arzberg ist das Ziel einer spannenden Exkursion gewesen. Naturfreunde begaben sich auf die Suche nach seltenen Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Organisiert hatte die informative Wanderung die Beilngrieser Ortsgruppe im Bund Naturschutz.

Ein ganz besonderes Areal am Beilngrieser Hausberg ist seit Jahren im Fokus von Naturschützern. Kein Wunder, finden doch auf diesen Extremstandorten im Bereich des alten Steinbruchs allerlei "Trockenspezialisten" ideale Lebensräume, darunter auch die vom Aussterben bedrohte Rotflügelige Ödlandschrecke. Damit dies so bleibt, haben die zuständigen Behörden und die Naturschützer ein ehrgeiziges Projekt ins Leben gerufen. Die Schuttfluren mit trockenen und steinigen Flächen sollen weitgehend vom Busch- und Baumbewuchs freigehalten werden.

"Vor einiger Zeit haben wir in mühevoller Arbeit unerwünschtes Gehölz entfernt, auf Dauer ist dies aber nicht zu leisten", erläuterte Hubert Stockmeier, Leiter der Beilngrieser Ortsgruppe der Naturschützer, zu Beginn der Wanderung. Da dies aber für den Erhalt dieser speziellen Lebensräume Voraussetzung sei, habe man für diese Arbeit absolute Spezialisten zu Hilfe geholt. Für diese Helfer, die Rede ist von Ziegen, sei das Steinbruchareal ein wahres Schlaraffenland. "Im Gegensatz zu Schafen, die vornehmlich Gras fressen, gehen die Ziegen auf Sträucher und Wurzeln", erklärte René Gomringer. In seiner Aufgabe als Fachberater für Schafe, Ziegen und Gehegewild beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten entwickelt er zusammen mit Behörden und Naturschützern ausgeklügelte Beweidungspläne.

Nach der Entscheidung, welche Pflanzen auf den geschützten Flächen den Vorrang haben und welche Lebensräume gefördert oder erhalten werden sollen, wird ein entsprechendes Konzepte erstellt. Da am Arzberg vor allem Tier- und Pflanzenarten beheimatet seien, die es trocken, heiß, steinig und unbewachsen lieben, sei die Wahl auf die Ziegenbeweidung gefallen. Eine gute Wahl mit ersten Erfolgen, wie BN-Kreisvorsitzender Johann Beck aufzeigen konnte. Überall, wo Sträucher und Bäume durch den Ziegenverbiss zurückgedrängt wurden, befänden sich bereits trockenheitsliebende Pflanzen auf dem Vormarsch. An vielen Beispielen konnte der Flora- und Faunaexperte die Strategien dieser Überlebenskünstler verdeutlichen. Diese Pflanzen gelten als Voraussetzung für die Steigerung der Artenvielfalt, ohne deren Vorkommen könnten seltene Insekten und Schmetterlinge nicht überleben.

Sehr zur Freude aller Beteiligten konnte mit Bernhard Kurpiela aus dem Dietfurter Ortsteil Mühlbach ein Ziegenhalter aus der Region für die anspruchsvolle Pflegeaufgabe am Arzberg gewonnen werden. Bereits im vergangenen Jahr hat seine Herde gute Arbeit geleistet. Weil oberhalb des Steinbruchs auch ein Vorkommen des Apollofalters registriert werden konnte, ist die Beweidungsfläche nun sogar noch erheblich ausgeweitet worden. Von der Stadt Beilngries sind bereits Schlehenhecken entfernt worden. Die Ziegen sollen künftig dafür sorgen, dass entlang der Hangkante dauerhaft Lebensraum für diese Schmetterlinge entsteht. Eine große Herausforderung für den Ziegenhalter Kurpiela und dessen Frau Nicole - gilt es doch zunächst, das schwer zugängliche Areal einzuzäunen. Erst dann kann die Ziegenherde einziehen und ihre wertvolle Naturschutzarbeit leisten. Während der gesamten Weidezeit muss die Herde zwei bis dreimal täglich betreut werden: eine Arbeit die von den Ziegenhaltern aber gerne geleistet wird. Das Wohlergehen der Tiere ist Herzensangelegenheit der Familie Kurpiela.

An die Bürger wird ebenfalls die Bitte um Rücksichtnahme gerichtet. Die Ziegen dürfen auf keinen Fall gefüttert werden. "Vor allem die Kleinen vertragen viele Sachen nicht. Die bekommen dann Durchfall und sterben letztlich daran", sagt Nicole Kurpiela. Außerdem warnen sie und ihr Mann vor dem Elektrozaun, der zum Schutz der Tiere angebracht wird. Einige Wege müssen während der Weidesaison, die in ein paar Wochen startet, gänzlich für Spaziergänger gesperrt werden, für den Erhalt der einzigartigen Flora und Fauna am Arzberg sei dies aber nur ein kleines Opfer, betonen die Naturschützer."