Alfershausen
Ein einziger Happen genügt

Karpfenravioli überzeugen Alexander Höhn – Familie ernährt sich elf Wochen regional

17.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

 

Alfershausen (HK) Elf Wochen nur regionale Lebensmittel zu konsumieren – dieser Herausforderung stellt sich die Ellinger Familie Höhn als Teilnehmer des Wettbewerbs „Taste it“ des Regionalbuffets Fränkisches Seenland.

Wie Karpfen aus heimischen Gewässern schmackhaft verarbeitet werden, hat sie jetzt in Alfershausen ausprobiert.

Sandra Höhn grinst schadenfroh in sich hinein. Dass ihr Mann Alexander, der in seinem 43-jährigen Leben bisher noch nie Karpfen gegessen hat, jetzt ausgerechnet Ravioli mit diesem heimischen Fisch füllen und das Ergebnis auch noch versuchen muss, gefällt ihr außerordentlich gut. Das ist für die 38-Jährige die Rache dafür, dass ihr Mann die Familie am Wettbewerb für die Aktion „Taste it“ angemeldet hatte, ohne ihr etwas davon zu sagen. Dass die Familie jetzt elf Wochen lang versuchen muss, sich nur von regionalen Lebensmitteln zu ernähren, hat Sandra Höhn erst erfahren, als die Familie unter den Bewerbern ausgewählt worden ist.

Ende August hat die Herausforderung begonnen, der sich die Familie Höhn genauso stellt wie die drei Teilnehmer der anderen drei Regionalbuffets. Und Alexander Höhn stellt sich am Samstag seiner persönlichen Herausforderung: Er sticht vorsichtig mit einer Gabel ein kleines Stückchen von den Karpfenravioli ab und schiebt es in den Mund. Langsam kaut er und reißt erstaunt die Augen auf. „Das schmeckt wirklich hervorragend“, sagt er begeistert und gleichzeitig erleichtert, dass er seine Abneigung überwunden hat.

Sandra Höhn hält diesen historischen Augenblick mit einem Tablet fest – das hat die Familie als Preis für die Teilnahme an der Aktion bekommen. Die Fotos und Videos sind in einem Blog unter www.regionalbuffet.de zu finden. Dass sich dieses Online-Tagebuch möglichst viele Verbraucher ansehen, darauf hofft Renate Schwarz vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Weißenburg, die das Projekt begleitet. Vor allem junge Leute will man mit diesem Blog ansprechen und hat dafür auch den Namen „Taste it“ gewählt. „Dafür haben wir schon Kritik einstecken müssen“, räumt Renate Schwarz ein. „Aber wir denken, dass man damit eher die Aufmerksamkeit der jungen Leute weckt. Die Verbraucher über 50 sind eh schon sensibler für dieses Thema.“

Alle Facetten des Themas „regionale Ernährung“ können die Leser des Blogs mitverfolgen, den vergeblichen Versuch, ein frisches Huhn aufzutreiben ebenso wie eine erfolgreiche Verwertung von Kürbis und Kraut. Damit sich die Teilnehmer auch mit Essen auseinandersetzen, das sie sonst nicht kaufen, bekommen sie nämlich als Herausforderung jede Woche ein anderes Lebensmittel vor die Tür gestellt. Während Sandra Höhn noch den Krautkopf von der vergangenen Woche restlos aufbrauchen muss, steht als neue Herausforderung die Zubereitung von Fisch schon vor der Tür. Da passt es wunderbar, dass Thomas Winkler, der Wirt des Gasthofs Winkler in Alfershausen, an diesem Samstag sein legendäres Karpfenbuffet auf der Speisekarte stehen hat. Winkler, der auch stellvertretender Sprecher des Regionalbuffets ist, hat deshalb Familie Höhn eingeladen, ihm und seinen Mitarbeitern bei der Vorbereitung über die Schulter zu schauen und sich auch selbst als Koch zu versuchen.

Das lässt sich der vierjährige Paul nicht zweimal sagen. Mit Feuereifer fädelt er abwechselnd Paprika, Champignons und marinierten Fisch auf Holzspieße auf, assistiert von Claudia Herzog-Pfahler vom Werzingerhof. Sie vermarktet mit ihrem Mann nicht nur selbst kreiertes Eis aus der Milch eigener Kühe, sondern fungiert auch als Patin der Familie Höhn bei diesem Projekt. An diesem Tag hat sie alle Hände voll zu tun, um mit Pauls Tempo mithalten zu können. Der kann aber nicht nur Fischspieße stecken, sondern auch Nudelteig machen. Wie das geht, zeigt Juniorchef Christian Winkler Alexander Höhn und seinem Sohn, die sich mit Feuereifer ans Werk machen und meterlange Nudelteigmatten herstellen. Mit einem Klecks Räucherkarpfenmus werden aus dem Nudelteig besondere Ravioli, die mit ein wenig Lauch und Käse verfeinert in der Pfanne geschwenkt werden. Und die beim Geschmackstest nicht nur den Papa bei seiner Karpfenpremiere ins Schwärmen geraten lassen.

Das Experiment „Taste it“ ist aber nicht nur eine Aneinanderreihung von Erfolgen – es gibt auch Schwierigkeiten. „Mit zwei Kindern und der Berufstätigkeit stößt man manchmal an seine Grenzen“, hat Sandra Höhn schnell gemerkt. So nehme das Einkaufen viel mehr Zeit in Anspruch als sonst, auch die Wege seien weiter, um Brot oder Gemüse in der Mäusleinsmühle oder am Müßighof zu kaufen. Regionale Milch und Milchprodukte gibt es im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen auch nicht. „Man muss viel mehr planen.“

Allerdings hilft auch das nicht immer, wenn sich der fieberkranke Paul Hühnchen mit Reis und Erbsen wünscht, der Direktvermarkter an diesem Tag aber Ruhetag hat. Und die Graupen, die den nicht regionalen Reis ersetzen, hat Sandra Höhn auch nicht aufgetrieben. Da gibt es dann statt des gewünschten Hühnchens doch einen Kürbis zu Mittag. „Ich habe noch nie so oft Hunger gehabt wie in den vergangenen Wochen“, gibt Sandra Höhn zu. Oft sei der Kühlschrank ziemlich leer, weil man die Produkte immer frisch kaufe und auch nichts verderben soll. Auch der Zeitaufwand sei größer. „Da habt ihr einen Krautkopf. Macht drei Gerichte daraus“, lautete eine Aufgabe. „Ich habe den ganzen Tag nichts anderes gemacht als gekocht.“

Von den Machern der Aktion habe man viel Hilfe bekommen, versichert die 38-Jährige, zum Beispiel eine Übersicht der Betriebe, die regionale Produkte erzeugen und anbieten.

Bei den Buchteln von der Mäusleinsmühle gerät Sandra Höhn ins Schwärmen, auf Kürbiskernmehlnudeln kann sie aber auch in Zukunft verzichten. Obwohl er sehr gern kocht, hat Alexander Höhn noch „nie etwas mit Kraut gemacht“. „Der Speiseplan verändert sich. Die Tiefkühlpizza fällt weg, dafür gibt es frische Pizza.“

Jetzt haben die Teilnehmer noch bis November Zeit, um weitere Aufgaben zu lösen und Erfahrungen zu sammeln. Eines weiß Sandra Höhn heute schon: Die Familie werde auch in Zukunft versuchen, sich hauptsächlich regional zu ernähren, aber nicht ausschließlich. Schließlich soll es künftig auch wieder Schokolade geben, nicht nur gebrannte Kürbiskerne – ohne Schokoüberzug.