Hilpoltstein
Silberhochzeit zwischen Main und Donau

Vor 25 Jahren wurde das letzte Teilstück des Main-Donau-Kanals freigegeben – Segen bei Festakt erneuert

26.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr
Wo sich die Verkehrswege kreuzen: Ein Frachter steuert auf dem Main-Donau-Kanal bei Bischofsholz auf die Autobahn- und Bahnbrücke zu. Seit nunmehr 25 Jahren ist der Kanal durchgängig befahrbar und verbindet damit die Seehäfen an der Nordsee mit dem Schwarzen Meer. −Foto: Münch

Hilpoltstein (HK) Der 25. September 1992 ist ein historisches Datum für den Main-Donau-Kanal. Denn an diesem Tag vor 25 Jahren wurde das letzte Teilstück eingeweiht und die Wasserstraße komplett freigegeben. Bei einem Festakt zum Jubiläum zogen die beteiligten Behörden am Montag eine zufriedene Bilanz.

Die MS Spessart hat kaum abgelegt, da fällt in der kleinen, aber feinen Festgesellschaft schon der berühmte Satz eines früheren Bundesverkehrsministers: „Herzlich willkommen auf dem dümmsten Bauwerk seit dem Turmbau zu Babel.“ Reinhard Klingen zitiert damit den SPD-Politiker Volker Hauff, der in seiner Amtszeit Anfang der 1980er-Jahre drauf und dran gewesen sei, den Kanalbau komplett einzustellen. „Ich bin sehr froh, dass sich diese politische Haltung nicht durchgesetzt hat“, sagt Klingen, der als Ministerialdirigent im Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur den Reigen der Lobeshymnen auf den Main-Donau-Kanal eröffnet.

Mit seinen 32 Jahren an Planungs- und Bauzeit sei der Kanal schließlich ein „Jahrhundertprojekt“ und die „Erfüllung einen 1200 Jahre alten europäischen Traums“, wie es Guido Zander, Amtsleiter im Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Nürnberg, sagt. Allerdings erscheinen die gewaltigen Ausmaße des Projekts inzwischen in einem anderen Licht, findet Ministerialdirigent Klingen. Betrachtet man die schon mehr als zehnjährige Bauzeit am Berliner Flughafen, der noch immer nicht eröffnet sei, könne man heute die Leistung beim Bau des seit nunmehr 25 Jahren fertiggestellten Main-Donau-Kanals gar nicht hoch genug einschätzen.

Ob der Kanal die einstigen Prognosen in puncto Gütertransport erfüllt hat, darüber könne man streiten, räumt Klingen ein. Aktuell sei die Gütermenge unter die Marke von sechs Millionen Tonnen pro Jahr gerutscht, sagt Manfred Staats, Präsident des Bundesverbands der deutschen Binnenschifffahrt. Man könne die Wasserstraße also schon noch mehr nutzen als bisher, fordert Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, auf. Allerdings gehe der Nutzen des Kanals weit über den reinen Gütertransport hinaus.

Witte verweist hier vor allem auf den steigenden Tourismus, den der Boom der Flusskreuzfahrten mit sich bringe. Doch der Main-Donau-Kanal sei auch wertvoll als Naherholungsgebiet, das nebenbei noch das trockene Nordbayern zuverlässig mit Wasser versorge. In den vergangenen 20 Jahren seien so 125 Millionen Kubikmeter Wasser nach Nordbayern geleitet worden, berichtet Karin Jäntschi-Haucke aus der Obersten Baugehörde des Bayerischen Innenministeriums. Diese Menge entspräche in etwa der gesamten Wassermenge des Chiemsees.

Überhaupt haben es Jäntschi-Haucke die beeindruckenden Zahlen rund um den Main-Donau-Kanal angetan: Allein am Hafen Nürnberg, wo drei Millionen Euro Tonnen Fracht pro Jahr umgeschlagen werden, habe der Kanal rund 6000 Arbeitsplätze geschaffen. Und zwischen 400 000 und 600 000 Tonnen Fracht werden Monat für Monat zwischen Bamberg und Kelheim bewegt. „Das wären 250 000 Lastwagen mehr auf unseren Autobahnen, wenn es den Kanal nicht gäbe“, ergänzt Ministerialdirigent Klingen. „Da können wir alle froh sein, dass der Kanal verwirklicht wurde.“

Einer, der bei der Einweihung des letzten Teilstücks vor 25 Jahren dabei war, ist Alfred Baumeister. Er ist tatsächlich ein Baumeister des Main-Donau-Kanals, denn als letzter Geschäftsführer der RMD Wasserstraßen GmbH hat er maßgeblich an der heißen Phase der Fertigstellung mitgewirkt. Als er im Jahr 1986 zu dem Unternehmen kam, waren noch immer die Genehmigungsverfahren für mehrere große Abschnitte offen, wie er erzählt. Von Riedenburg nach Dietfurt, durch das Ottmaringer Tal und das Sulztal sowie der Lückenschluss zur Eckersmühlener Schleuse, wo der Kanal damals endete. „Auf diesen Abschnitten haben wir teilweise erst 1987 mit dem Bau begonnen“, sagt Baumeister, der längst seinen Ruhestand genießt. Doch damals herrschte das genaue Gegenteil von Ruhe. Innerhalb von nur fünf Jahren wurde der Main-Donau-Kanal fertiggestellt. „Da sieht man mal, wie viel man bauen kann, wenn der politische Wille da ist.“

Zum Jubiläum blickt Baumeister mit Stolz auf die Arbeit. „Es ist ein gelungenes Projekt“, sagt er über den Kanal. „Die ganze Region hat durch den Bau gewonnen.“ Auch wenn es dafür gerade im südlichen Teil der Strecke große Eingriffe in schöne Gebiete gebraucht hätte.

Dass für den Bau auch große Biotope zerstört worden seien, ruft auch Hilpoltsteins Pfarrerin Verena Fries in Erinnerung. In gewisser Weise habe man sich deshalb hier schuldig an der Schöpfung gemacht. Allerdings sei der Kanal inzwischen nicht mehr wegzudenken aus der Region. Sie genieße ihn als Naherholungsgebiet und freue sich über jeden Frachter, den sie sehe. Schließlich sei der Transport auf dem Kanal ein deutlich kleineres Übel als der viele Verkehr auf der Straße.