Leserbrief
Ein fataler Trugschluss

16.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:12 Uhr

Zu "Linderung, aber keine Lösung" (EK vom 13. November) und den Leserbriefen dazu:

In den Reaktionen auf die Zustände in der Eichstätter Abschiebehaft spiegelt sich das ganze Dilemma wider, das mit dem Thema Migration verbunden ist. Da ist einerseits der gefühlte Rechtsanspruch auf ein geordnetes Leben in weltweit außergewöhnlichem Wohlstand und gesicherten Grenzen. Andererseits leben große Teile der Menschheit unter menschenunwürdigen Bedingungen mit dem wesentlichen Unterschied zu früher, dass diese bedauernswerten Menschen diese Tatsache dank moderner Medien reflektieren können. Viele von ihnen sehen in Migration die einzige Möglichkeit auf ein menschenwürdiges Leben und nehmen dafür größte Belastungen und Gefahren auf sich. Krieg folgt immer der Perspektivlosigkeit. Die Unterscheidung von Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsmigranten taugt also nur bedingt.

Wir Deutschen leben in einer Schizophrenie. Wir holen Kleidung über unsere Grenze, die unter menschenunwürdigsten Bedingungen in Billiglohnländern hergestellt wurde, und fordern dichte Grenzen für Menschen. Wir holen uns die Sahne vom Kuchen und gönnen den Ärmsten nicht mal die Kuchenbrösel.

Und Sonntag für Sonntag laufen wir in die Kirche, damit unser elitäres Dasein auch bis in alle Ewigkeit anhalten möge. Wenn ich die Bibel richtig gelesen habe, dürfte wenigstens das ein fataler Trugschluss sein.

 

Bernhard Niederreiter

Schernfeld