Eichstätt
Leserbrief: Walburga sprach nicht von "oil"

30.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:17 Uhr

Leserbrief zum Foto "Energiequelle" (EK vom 27. Oktober).

Mit großer Begeisterung und Interesse habe ich das Foto vom Banner am Kirchturm von St. Walburg mit der Aufschrift "Oil!" zur Kenntnis genommen. Temporäre Kunst im öffentlichen Raum finde ich eine sehr gute Sache, weil sie einfach mal eben so im Vorbeigehen zum Nachdenken anregt. Mehrdeutig ist die Installation auf jeden Fall, gerade das Ausrufezeichen hebt die Wichtigkeit dieses (Roh-)Stoffs hervor und mahnt vielleicht auch an, dass immer wieder Kriege in unserer Welt wegen Erdöl geführt werden.

Die Mutmaßung, die Aufschrift könnte etwas mit der Muttersprache der heiligen Walburga zu tun haben, ist jedoch definitiv falsch. Denn Walburga hat vor rund 1200 Jahren sicherlich kein modernes Englisch gesprochen. Ælfric, einer der bedeutendsten Gelehrten des angelsächsischen Mönchtums im Frühmittelalter, der um das Jahr 1000 lebte, verwendet beispielsweise das Wort "ele", welches wohl ein frühes Lehnwort von lateinisch "oleum" darstellt. Im Frühmittelalter - also auch schon zu Zeiten Walburgas - war das Englische dem Deutschen noch viel näher verwandt als heute. So schreibt Ælfric von "halig ele" - also von "heiligem Öl" - was "deutscher" klingt als "holy oil" im heutigen Englisch. Selbst der Geist in der Tragödie "Hamlet" von William Shakespeare spricht übrigens noch um 1600 von "unanel'd" - zu Deutsch "ungeölt" -, als er bedauert, dass der Vater Hamlets ohne die Letzte Ölung hinterrücks ermordet worden sei.

An dieser Stelle möchte ich mich gleichzeitig beim emeritierten Professor für Englische und Vergleichende Sprachwissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Alfred Bammesberger, bedanken, der uns mit seiner mitreißenden Art jedes Mal aufs Neue in seinen Kursen auf eine Abenteuerreise in die englische - und auch deutsche - Sprachgeschichte mitgenommen hat und aufgrund dessen großen Engagements ich dieses Wissen überhaupt besitze.

 

Theresia Asbach-Beringer

Biesenhard