"Gigantismus" mitten in der Stadt

21.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Zu "Daumen hoch - Daumen runter" (EK vom 5./6. August):

Wenn man zum allerersten Mal nach Eichstätt mit dem Zug reist, zeigt sich die Stadt von ihrer besten Seite. Nachdem der Pendelzug den kurzen Tunnel passiert, eröffnet sich ein wunderschöner Blick auf das Altmühltal. Nachdem man einen Blick auf Kloster Sankt Walburg erhascht hat, steigt man aus und hat zwischen neuer Spitalstadt und altem Bahnhof freie Sicht auf die an Türmen und herrschaftlichen Barockbauten reiche Altstadt.

Genau dieser Blick auf die Altstadt wird nun in Zukunft von einem viergeschossigen, annähernd 15 Meter hohen, fast schon als monströs zu bezeichnenden Bau verstellt. Fast scheint es, als wolle man in Wettbewerb mit den altehrwürdigen Kirchen treten - die Hauptschiffe des Doms sind nur 4,5 Meter höher. Als ich mir zum ersten Mal die geplante Hotelanlage sozusagen "3D im Geiste" vorgestellt hatte, war ich doch erstaunt, welche Ausmaße das Bauvorhaben hat. Es geht hier nicht nur um ein Hotel - zusätzlich sind im selben Gebäude Wohnungen, Büroräume und eine Arztpraxis geplant. Das heißt auch, dass der Franz-Xaver-Platz ein eher kleiner, schlauchförmiger Platz sein wird, vielleicht wird die Bezeichnung "Platz" dann auch gar nicht mehr angemessen sein. Erstaunt war ich auch, dass scheinbar kaum jemand sich bisher ernsthaft die Frage gestellt hat, ob ein Bau in dieser Größe denn überhaupt ins Stadtbild passt oder ob ein solcher es womöglich stören könnte. Mehrere besorgte Äußerungen des hiesigen Denkmalpflegers Dr. Rainer Tredt verhallen bislang im Nichts. Interessant auch, dass das erste Konzept, das ebenfalls mit einer Kombination aus Hotel, Wohnungen und Shopping-Mall geplant war, damals vom Stadtrat abgelehnt wurde, weil der "Nutzungsmix" nicht überzeugt hatte. Das Hotel sollte mehr im Vordergrund stehen.

Direkt neben der Baustelle beginnt die Altstadt, die alte Spitalstadt. In der direkten Nachbarschaft liegen mehrere Jurahäuser, die, im 13. Jahrhundert erbaut, früher den "Rebdorfer Hof" bildeten. Von Feldern umgeben, wurde hier im Auftrag der Fürstbischöfe Landwirtschaft betrieben. Direkt neben der Baustelle befindet sich Bahnhofplatz 24, das früher unter anderem ein Wirtshaus und seit 1900 die Lohnkutscherei Rosskopf beheimatete. Die jetzigen Anwohner und Nachkommen der Familie Rosskopf sind erwartungsgemäß alles andere als gleichgültig. Ihnen wird nicht nur die Aussicht durch eine für Eichstätter Verhältnisse extrem hohe Wand verbaut, sondern durch eine dem Hotel zugehörige Tiefgarageneinfahrt droht zusätzlich eine erhöhte Schadstoffbelastung und ein erhöhter Lärmpegel. Dazu noch die Sorge, ob die restlichen Mieter des Hauses die neuen Umstände tolerieren werden.

Dass die Anlieger sich obendrein an den Kosten für den Bau der Straße am Bahnhofplatz beteiligen müssen, obwohl einige von ihnen diese womöglich nicht einmal nutzen werden, ist ein anderes, altbekanntes Thema. Die Straße wird unter anderem dem Omnibusverkehr sowie dem Baustellenverkehr und später dem Lieferverkehr zum Hotel dienen und somit auch zu einem nicht geringen Teil den geschäftlichen Interessen in der neuen Spitalstadt zugutekommen.

Eine andere Frage ist, wie einladend die äußere Erscheinung der Hotelanlage sein wird. Natürlich kann und soll man nicht verhindern, dass Neues entsteht und sich neue wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen. Trotzdem könnte und sollte man darüber diskutieren, ob der Bau wirklich vier Geschosse hoch sein muss, ob nicht beispielsweise ein kleiner Park um einen kleineren Grundriss herum schöner und passender gewesen wäre. Und zu guter Letzt, ob ein solcher "Klotz" in dieser Höhe wirklich ins Stadtbild passt. Ob bereits teilbaugenehmigt oder nicht, bin ich trotzdem der Meinung, man sollte noch einmal ernsthaft darüber nachdenken, ob dieser "Gigantismus" mitten in der Stadt tatsächlich sein muss.

Kathleen Wenk

Landershofen