Rückzug auf ein falsch verstandenes "Kerngeschäft"

13.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:48 Uhr

Zu "Schließung steht derzeit nicht zur Debatte" (EK vom 12. Juli 2107):

Eigentlich ist es nicht meine Art Leserbriefe zu schreiben, aber der Artikel lässt mich diese Zurückhaltung aufgeben. Der Kommentar bringt schon vieles auf den Punkt, aber hier geht es auch um theologische Argumente.

Regens Wohner sieht also keine Zukunftsperspektive mehr für die kirchliche Trägerschaft des Juramuseums und verweist auf das jährliche Defizit. Der Verwaltungsrat des Seminars argumentiert mit betriebswirtschaftlichen Gründen für die Trennung. Und der Bistumssprecher argumentiert "wir müssen uns verstärkt auf die Kernaufgaben konzentrieren, und das ist die Pastoral". Ja wo sind wir denn hingeraten in einer Kirche, in deren Handeln vorwiegend betriebswirtschaftliche Argumente gelten? Nach der Pastoralkonstitution des II. Vatikanischen Konzils ist die Kirche als "Kirche in der Welt von heute" klar verortet. Als "Zeichen und Werkzeug des Heils" (Kirchenkonstitution 1) ist ihr Handeln an den Schnittstellen zur Lebenswelt der Menschen an dieser Grundverfasstheit zu messen. Eine Kirche für die Welt muss also von den Menschen her denken, ihre Lebenssituation zur Kenntnis nehmen und Sinn und Bedeutung des Evangeliums auch aus der Perspektive der anderen entdecken. Nur wenn sie sich der Konfrontation von Leben der Menschen und Evangelium stellt - nichts anderes ist Pastoral -, kann sie die Menschen erreichen und ihren Auftrag zum Heil der Welt glaubwürdig verwirklichen. Dafür wurden über die Jahrhunderte nicht nur "manpower", sondern immer auch finanzielle Mittel investiert. Eine Kirche, die vorwiegend den Blick nach innen richtet und nur noch den "heiligen Rest" sammelt, verfehlt ihren Missionsauftrag in der Welt. Wenigstens das müsste doch von unserem Bistumsgründer Willibald geblieben sein, den wir in der vergangenen Woche wieder mit großem Aufwand gefeiert haben!

Die derzeitige Umbruchsituation globalen Ausmaßes ist ohne Kommunikation, ohne die Fähigkeit des Brückenschlagens und den Dialog mit der Welt nicht zu bewältigen. Gerade die wertvolle Eichstätter Tradition des Gesprächs zwischen Theologie und Naturwissenschaften war hier ein leuchtendes Beispiel für eine dialogbereite Kirche. Seit dem 19. Jahrhundert gab es an der Philosophisch-Theologischen Hochschule einen Lehrstuhl, der sich mit Grenzfragen zwischen Theologie und Naturwissenschaften befasste. In dieser Tradition wurde auch das Juramuseum gegründet.

Unter Bischof Braun wurde dieser Lehrstuhl geschlossen, ein erstes Fanal für den Rückzug. Jetzt geht es an die Trägerschaft des Juramuseums, bei der der Staat, wie bei der Katholischen Universität, ohnehin den finanziellen Löwenanteil trägt. Statt zu würdigen, dass dies eigentlich sagenhafte Verhältnisse sind, die es sonst auf der Welt nicht mehr gibt, zieht man sich auf ein falsch verstandenes "Kerngeschäft" zurück und vergibt die Chance, in dieser pluralen Gesellschaft Menschen zu bilden und zu ihrer Orientierung beizutragen.

Manchmal braucht man auch als Mensch, der sich mit seiner Kirche identifiziert, einen ziemlich starken Glauben!

Dr. Bertram Blum

Eichstätt