Erstes deutsches Barcamp in Eichstätt

14.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:08 Uhr

Die Organisatoren des Tourismuscamps in Eichstätt, Prof. Hans Hopfinger, Jens Oellrich und Florian Bauhuber (von links), heften die gefragten Themen an die Tafel. - Foto: Fischer

Eichstätt (DK) Keine festgelegten Referenten, keine geplanten Vorträge, keine starre Konferenzordnung: In Eichstätt haben knapp 50 Wissenschaftler, Unternehmensgründer und Fachleute aus dem Bereich Tourismus über Zukunft und Herausforderung der Tourismusbranche im Zeitalter des Web 2.0 diskutiert.

Die Idee des Barcamps ist noch jung. Veranstaltet wurde es zum ersten Mal 2005 in den USA als eine Form der hierarchielosen Konferenz. Es gibt keine Vorträge von prominenten Rednern, nicht einmal ein festes Thema, über das gesprochen werden soll. Die Teilnehmer entscheiden impulsiv, welches Thema in den sogenannten Sessions, Referate von maximal einer Stunde Länge, behandelt werden soll. Jeder Teilnehmer kann damit zugleich Gast und Redner sein.

"Auf einer klassischen Konferenz ist alles ein bisschen steifer", sagt der Mitorganisator des Eichstätter Tourismuscamps, Jens Oellrich. Barcamps würden dagegen von unkomplizierten Kontakten unter den Teilnehmern leben. Trotz kurzer und spontan ausgewählter Referate seien die Barcamps nicht oberflächlich. "Es geht erstaunlich in die Tiefe, weil es sehr auf die Teilnehmer zugeschnitten ist. Es gibt Leute in diesem Bereich, die haben keinen Titel und man muss ihnen keine 5000 Euro geben, trotzdem sind sie Fachmänner auf ihrem Gebiet", erklärt Oellrich.

Das Tourismuscamp in Eichstätt stand ganz im Zeichen des Web 2.0. Von einer "Demokratisierung des Netzes" mit "massiven Veränderungen" für den Tourismus spricht Mitorganisator und Lehrstuhlinhaber der Kulturgeografie in Eichstätt, Prof. Hans Hopfinger. Neue Angebote im Internet, wie Plattformen, auf denen Touristen Hotels und Reiseziele bewerten oder digitale Tagebücher, auf denen Urlauber ihre Videos online stellen, würden bisher noch nicht abschätzbare Konsequenzen nach sich ziehen. Nur so viel ist für Hopfinger klar: Reisebüros sterben, und der Pauschaltourist gehört der Vergangenheit an. "Die Leute gehen nicht mehr ins Reisebüro. Sie suchen im Internet einen Flug, mieten ein Auto und buchen das Hotel." Schnell, flexibel und internetorientiert – das ist der Tourist der Zukunft, auf den sich die Branche einstellen muss.

Internetprojekte

Auf dem Tourismuscamp in Eichstätt waren vor allem Referate über Internetcommunities, mobile Karten aus dem Internet für Handys, Finanzierung von Internetprojekten und der Umgang mit der Suchmaschine Google gefragt. In den meisten Fällen haben Barcamps keine Themenschwerpunkte. Da sich der Großteil der Teilnehmer aus dem Internet rekrutiert, dominieren auf den "Unkonferenzen" technische Themen. Barcamps mit dem Schwerpunkt Tourismus fanden bisher nur in der Schweiz und Italien statt. Das Tourismuscamp in Eichstätt ist somit das erste in Deutschland: Gute Publicity also für die Eichstätter Geografie. Laut Prof. Hopfinger wählen bereits 80 Prozent der 250 Geografie-Studenten den Schwerpunkt Freizeit, Tourismus und Umwelt. Für Hopfinger war das Tourismuscamp in Eichstätt vor allem eine Ideenschmiede. In Zukunft will er Referenten des Tourismuscamps zu Gastvorlesungen einladen. Seine anderen Ziele: Ein Antrag auf die Einrichtung einer Forschergruppe für Tourismus und Internet sei bereits bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft gestellt.

Mehr als 50 Teilnehmer aus Deutschland und Österreich nutzten das Tourismuscamp in Eichstätt, um Probleme zu diskutieren oder neue Kontakte zu knüpfen. Für Monika Meurer aus Kärnten ist es bereits das fünfte Barcamp. Sie reizt vor allem die Offenheit der Teilnehmer: "Dass auch mal jemand sagt ‚okay da haben wir einen Fehler gemacht’, habe ich auf einer Konferenz nie erlebt. Dort muss man sich profilieren", sagt sie. Der Regensburger Student Ralph Buchfelder will im Frühjahr ein Computerprogramm auf den Markt bringen, mit dem Internetnutzer ihre Freizeitplanung koordinieren können. Die Veranstaltung in Eichstätt ist für ihn eine attraktive Schnittstelle zwischen Tourismus- und Technikexperten: "Die Techniker wollen etwas von den Touristikern wissen, und die Touristiker etwas von den Technikern." Sein Fazit zum Tourismuscamp ist deshalb: "super".