Wellheim
Den Bauern die Freiheit versprochen

Zacharias Krell predigte in Wellheim die Lehre Martin Luthers und fand dort den Tod

12.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:30 Uhr

Von der Wellheimer Burg aus predigte Zacharias Krell die neue Lehre Martin Luthers. Am 1. April 1525 wurde er dort erschossen. ‹Œ Arch - foto: Chloupek

Wellheim (EK) Am Morgen des 28. März 1525 geschah in Wellheim Aufsehenerregendes. Ein Mann verschaffte sich mit gefälschtem Geleitschreiben Zugang zur Burg, verschanzte sich im Turm und predigte von dort den Bewohnern von Wellheim und Umgebung die neue lutherische Lehre.

Zacharias Krell, so der Name dieses Mannes, war gebürtiger Wellheimer und stand zunächst in den Diensten des dortigen Ortsherrn, des Grafen von Helfenstein. Später war er als Schreiber am Hof der bayerischen Herzöge in München tätig. Einige Jahre später begab er sich erneut in die Dienste der Grafen von Helfenstein. Diesmal war allerdings Wiesensteig seine Wirkungsstätte, der Hauptort der Grafschaft, von wo aus auch die kleine Herrschaft Wellheim regiert wurde.

In Wiesensteig machte Krell offenbar Bekanntschaft mit der neuen Lehre Martin Luthers. 1525 hielt er sich mehrere Wochen bei aufständischen Bauern auf und verfasste vom 23. Februar bis 14. März detaillierte Aufzeichnungen über die damaligen kriegerischen Ereignisse, die er kurz darauf in Ulm unter dem Titel "Mit warer geschicht diese nachvolgend new zeitung sich begeben im landt zu Wirtenberg" im Druck erscheinen ließ. Von Ulm aus wandte sich Krell zunächst in das Lager der Bauern bei Leipheim, wo ihm ein Pass ausgestellt wurde, in dem die Bauern bestätigten, dass er von ihnen als "Mitbruder der evangelischen Religion aufgenommen" worden und dazu berechtigt sei, auch andere zu diesem Glauben zu bekehren. Von Leipheim aus begab sich Krell nach Wellheim.

Die Volksmenge, die ihm in Wellheim seit jenem 28. März 1525 zuhörte, wuchs von Tag zu Tag. Waren es anfangs noch etwa 200 Menschen, die zum Teil sogar über Nacht blieben, so kamen in den folgenden Tagen immer mehr, die für Krell Partei ergriffen. Die Wellheimer Bauern, die zu Beginn Krell noch skeptisch gegenüberstanden, wandelten ihre Gesinnung ziemlich rasch und versorgten ihn schließlich sogar mit Essen und Trinken. Krell rief der Menschenmenge zu: "Wer evangelisch ist, soll hierherkommen, denn er ist von Gott beauftragt und will das Wort Gottes verkünden." Er versprach den Bauern die Freiheit, sparte nicht mit Anklagen gegen die Obrigkeit und sicherte ihnen baldige Hilfe gegen ihre Herrschaft zu.

Krell wird von einigen Zeitgenossen als Mensch geschildert, der "zwar sowohl durch seine äußere Erscheinung als auch durch seine Redegabe beeindruckte, aber sonst von böswilligem Geist und verdorbener Gesinnung" gewesen sei. Er war "in der lutherischen Bieberey gar besessen".

Der Wellheimer Burgverwalter, der aus der Burg fliehen konnte, setzte den Pfarrer von diesen Vorgängen in Kenntnis und zeigte ihm Krells Geleitschreiben. Der Pfarrer erkannte es als Fälschung. Die beiden Männer benachrichtigten ihre in Ingolstadt wohnende Herrin, die verwitwete Gräfin von Helfenstein, die sich sofort an ihren Lehensherrn, den Markgrafen von Ansbach, sowie an den Bischof von Eichstätt und den Statthalter von Neuburg um Hilfe wandte.

Der Statthalter bot die Neuburger Bürgerwehr auf, die rasch Richtung Wellheim in Marsch gesetzt wurde. Angesichts der bewaffneten Schar zerstreute sich die um die Burg versammelte Menschenmenge in Windeseile und flüchtete in die nahen Wälder. Als Krell seinen Kopf aus einem Turmfenster streckte, um die Lage zu peilen, traf ihn der Schuss eines Neuburgers am Hals, so dass er sofort tot war. Dieser Vorfall ereignete sich am 1. April 1525.

Der Bauernkrieg war damit in Wellheim zu Ende, ehe er richtig begonnen hatte. Beim Leichnam Krells wurden mehrere Dokumente gefunden, ein Verzeichnis aller Reichsstände, ein Plan mit den Befestigungsanlagen der Wellheimer Burg und sein Pass der Bauern von Leipheim.

Am Tag nach Krells Tod erschienen 200 Tuchknappen aus Eichstätt im Ort, um ihn predigen zu hören. Als sie von seinem gewaltsamen Ende erfuhren, machten sie ihrem Ärger Luft, dass man einen so trefflichen Mann ermordet habe, und zogen unter Schimpfen und Fluchen wieder ab. Zwar trugen sie Krells Gedankengut nach Eichstätt, wo es in den ersten Apriltagen in verschiedenen Gegenden des Bistums zu Unruhen kam, doch letztlich konnte sich die neue Lehre dort nicht durchsetzen.