Was
Geschenkter Gaul

25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Was gibt es Schöneres in unserem Bayernland als Freibier. Da leuchten die Augen der Menschen, und jeder preist den edlen Spender, vorausgesetzt, dieser war auch großzügig genug. In Ingolstadt zum Beispiel, der reichsten Stadt diesseits und jenseits der Donau, gibt es zum Jubiläum des Reinheitsgebots einen Freibier-Brunnen, der alle zwei Wochen (!) höchstens 40 Liter Bier ausspuckt, sonst aber bloß Wasser sprudeln lässt.

Ziemlich knickrig, diese Version von "Brot und Spiele", aber was kann man von den Schanzern schon erwarten.

Richtiges Freibier hingegen gibt es in Eichstätt immer zum Auftakt des Volksfestes, beim Standkonzert am Marktplatz, und seit vielen Jahren schert sich kein Mensch darum, dass das Festbier von der Hofmühl-Brauerei in weiß-blauen Plastikbechern kredenzt wird. Freilich wäre ein Glaskrug schöner, aber wer soll den am Ende aufräumen. . . die Stadt schafft es ja nicht einmal, die Pferdeäpfel hinterm Hofmühl-Schanzwagen zu entsorgen. Die stinken dann die ganze Volksfestwoche das Rathausportal voll.

Apropos Pferd: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, aber machen Sie das mal den Leuten in Roth klar. Dortselbst ist unsere Hofmühl-Brauerei ebenfalls bei der Kirchweih der Bierlieferant, und zum Auftakt gibt es wie in Eichstätt ein Standkonzert mit Freibier. Die Rother haben den kostenlosen Sud zwar getrunken (die sind ja nicht blöd, die Franken), aber hinterher fing das große Maulen an, vom einfachen Volk bis hinauf zum Bürgermeister, denn Undank ist der Welten Lohn. Plastikbecher! Pfui Deibel! Wo Roth doch gerade auf dem ehrgeizigen Weg zur plastikfreien Stadt sei.

Die Geschichte bekam ziemlich schnell eine landsmannschaftliche Schlagseite, weil die fränkischen Rother die Becher aus Eichstätt nämlich als Generalangriff von heimtückischen oberbayerischen Unterdrückern interpretierten. Wer im Lande des rot-weißen Frankenrechens einen weiß-blauen Becher unters Volk bringt, gilt als Usurpator. Sogar die "Franken-Partei" hat sich in die Debatte eingeklinkt. Im aufgeheizten Klima der Bierzelt- und Facebook-Debatte bleibt nicht viel Zeit für historische Feinheiten. Ich würde den Rothern gerne erzählen, dass die Eichstätter früher selber Franken waren, erst 1972 zu Oberbayern kamen und seitdem trotz vieler Bemühungen nicht zu Urbayern geworden sind (drum gibt's auch noch verdächtig viele leidgeprüfte Club-Fans, was echte Oberbayern niemals verstehen werden). Aber das ist für eine Twitter-Meldung schon zu lang.

Fürs nächste Jahr werden sich die Hofmüller jedenfalls etwas einfallen lassen müssen für die Rother Plastik-Nörgler. Es wird wohl auf die Rückkehr zu gläsernen Krügen hinauslaufen müssen, vielleicht aber auch auf ökologisch korrekte kompostierbare Behälter aus gepresster Kartoffelstärke, also essbaren Pappdeckel. Ich persönlich aber plädiere, inspiriert von den Ingolstädter Sparfüchsen, für die einfachste Lösung: kein Becher, kein Freibier. Bleibt ja immer noch das Standkonzert. Und die Pferdeäpfel.

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach