Pfünz
Von Junkertasten und Delta-Loops

Ein Besuch bei den „Fielddays“ der Eichstätter Funkamateure – Hobby mit öffentlichem Auftrag

23.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr
Es sieht schon recht futuristisch aus, wenn sich die Antennen der Amateurfunker in den Himmel erheben. Fielddays der Eichstätter Amateurfunker Osterberg Pfünz 22. Juli 2017 −Foto: Leykamm, Jürgen, Weimersheim

Pfünz (EK) Noch bevor man irgendeinen Menschen sieht, dringen Piepzeichen ins Ohr des Besuchers der „Fielddays“ (Feldtage), welche die Eichstätter Funkamateure nach langer Pause auf dem Osterberg bei Pfünz abhalten.

Wer das entsprechende Alter hat, tippt bei solchen Klängen vielleicht auf einen Sondermix von „Astronomy Domine“ (Pink Floyd). Doch die Gitarre setzt nicht ein, dafür gibt es eine freundliche Begrüßung: „Hallo, ich bin DL3CHR!“

Ist man also doch in der Science-Fiction-Welt gelandet, die besagter Musiktitel heraufbeschwört? Wohl nicht, hier sieht zumindest niemand aus wie R2D2 oder C3PO. Dafür ist es üblich, sich mit dem sogenannten Rufzeichen vorzustellen, den Vornamen gibt es noch dazu. Hinter der Buchstaben-Ziffer-Kombination des nett grüßenden Herrn verbirgt sich Christian Weiß, Manager der diesmaligen Feldtage. Früher haben sie regelmäßig in Workerszell stattgefunden, bis das Areal sich zum Steinbruch wandelte. Nun wagt man einen neuen Anlauf in neuer Lage. „Wir sind der Ortsverband B41“, stellt Weiß die Gruppe vor, während verführerischer Bratwurstduft in der Nase im Sinneszentrum der Vorherrschaft der Funkgeräusche Konkurrenz macht.

Funker haben einen öffentlichen Auftrag: Wenn der Mobilfunk ausfällt, springen sie im Notfall ein.

 

 

 

Der zehnjährige Lukas Zinner dreht gemeinsam mit Vater Wolfgang die Würste auf dem Grill. Der begeisterte Jungfunker fühlt sich hier richtig wohl. Heuer kommt er noch ins Eichstätter Willibald-Gymnasium. Auch wenn dort keine Schulstation der Amateurfunker mehr steht, wie das früher mal der Fall war. Das G8 hat sie auf dem Gewissen. Als es die Station noch gab, wurde von dort auch mal zur Raumstation ISS gefunkt.

Der angehende Gymnasiast ist derzeit noch im Lager der „Jedermanns-“ oder auch CB-Funker mit wenig Watt und geringer Frequenzbreite unterwegs. Aber er ist recht findig. Seine Antenne hat er am Fahnenmast seiner drei Meter hohen Holzburg angebracht, um den Empfang zu verbessern. „Bis nach Nordeuropa bin ich schon gekommen,“ sagt Lukas. Bis er bei den Amateurfunkern einsteigt, dauert es noch ein bisschen, denn dazu sind Schulungen, Prüfungen, eine Selbsterklärung und mehr gefordert.

Wenn Christian Weiß sieht, mit welchem Herzblut der Zehnjährige bei der Sache ist, geht ihm selbst das Herz auf. Denn es ist das Ansinnen des Ortsverbandes, die junge Generation für das Hobby zu sensibilisieren. So gibt es etwa „Fuchsjagden“, bei denen versteckte Funksender aufgespürt werden müssen, erklärt der Ortsvorsitzende Roland Kerler. Doch es geht um viel mehr. „Wir haben einen öffentlichen Auftrag“, erklärt der Feldtage-Organisator. Denn wenn etwa das Mobilfunknetz einmal ausfällt, müssen per Gesetz die Funker ihre Apparate für die Kommunikation der öffentlichen Stellen parat halten. Dazu kam es allerdings noch nicht – zumindest in Deutschland. Ab und zu aber gibt es per Funk Hilferufe aus Südamerika. Wenn dort Kommunikationsnetze zusammenbrechen, kann schnell akute Not an Versorgung mit Medikamenten herrschen. „Wir setzen uns dann mit dem Auswärtigen Amt in Verbindung“, erklärt Weiß.

Woher die Funksignale kommen, ist dabei leicht auszumachen. Jedes Land hat seine Buchstabenkombinationen am Beginn des Rufzeichens. Dasjenige, welches gerade aus einem der Geräte zu vernehmen ist, lässt auf Österreich schließen. Der Funker bestätigt. Er unterhält sich gerade mit einem Oberbayern und der sagt: „Ich bin der Udo und sitze an einem Fischweiher...“. Da kann auch Ronald Seidel schmunzeln – er sitzt immerhin in einem Anglerzelt mitten auf dem Osterberg und spricht mittels der unsichtbaren Wellen mit der halben Welt. Der Ehrgeiz der Funker ist es, die Kommunikation mit möglichst wenig technischem Energieeinsatz zu bewerkstelligen. Bei den Feldtagen kommt man prinzipiell ohne Stromanschluss aus. Wenn auch nicht ganz ohne Strom – für den sorgt ein Aggregat.

Gleich wenige Meter neben ihm findet sich eine der selbst gebauten Antennen. Ein Amateurfunker hat Äste genutzt, um zwischen den Bäumen einen „Delta-Loop“ zu installieren. Die Form, nach dem griechischen Buchstaben benannt, „erzielt die beste Raumwirkung“, erläutert Weiß. Er selbst hat eine zehn Meter hohe Antenne zu Hause stehen – bis zu dieser Höhe ist sie genehmigungsfrei. Sie muss aber von der Bundesnetzagentur freigegeben werden. Und das „ist auch gut so“, meint Weiß.

Denn die Bevölkerung sei aufgrund der Handymasten sehr sensibilisiert, was Strahlung anbelangt. Beim Handy sei die entsprechende Belastung sehr viel höher als beim Funk. Denn der sei „anders gepulst“. Als Empfänger ist der Funker wiederum anfällig für Störsignale. Eine Röntgenuntersuchung beim Arzt hört der Funkamateur noch in einem Kilometer Entfernung. Das weiß auch Reinhard Trautenbach, Zahnarzt in Eichstätt. Er beschäftigt sich an den Feldtagen mit verschiedenen digitalen Betriebsarten des Hobbys. Sein Funkgerät schließt er an seinen Laptop an, eine Software decodiert dort Texte, die der Sender zu Tönen verschlüsselt hat. Natürlich nur wegen der einfacheren Übertragung – Geheimbotschaften dürfen per Funk gar nicht versendet werden. Die Software, die aus einem Funkgerät einen Fernschreiber macht, ist überall erhältlich. Auch Faxe verschicken und Fernsehempfang sind möglich.

Eine Röntgen-Untersuchung kann ein Funker noch sehr weit hören.

 

 

Bei bundesweiten und internationalen Wettbewerben gilt es, Rufzeichen zu sammeln. Die Bestätigungen aus aller Welt trudeln in unregelmäßigen Abständen ein. Eine solche Trophäenwand kann auch der Eichstätter Ortsverband präsentieren.

Das Morsen als Ursprung des Funkens kommt bei der Veranstaltung auch zu Ehren. Andreas Pfaffel hat die Wahl: zwischen der rustikalen Junkertaste und einem modernen Morsegerät mit zwei Tasten: eine für „kurz“, eine für „lang“. Im Sprechfunk gilt es mehr Hürden zu meistern. Eine sind die ständig wechselnde Antennenlängen. Gelöst werden kann das durch ein „Anpassgerät“. Ein solches hat sich Oliver Borkowski zusammengebaut.

Wer sich übrigens nach der Zahl „73“ wundert, warum sein Funkgesprächspartner nichts mehr sagt, sollte schnell im Funker-Abkürzungsbuch nachschauen: Diese Zahlenkombi heißt „Auf Wiedersehen!“