Solnhofen
Stürzende Bäume und bröckelnder Fels

Die vorbereitenden Arbeiten zur Sicherung der Formation "Zwölf Apostel" haben begonnen

10.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:40 Uhr

Foto: Jürgen Leykamm

Solnhofen (EK) Es klopft, es rattert, es kracht - und ein Lkw-Fahrer steht genervt neben seinem 14-Tonner, der unfreiwillig vor der Absperrung bei der Felsengruppe "Zwölf Apostel" parkt. Hier geht es nun eine ganze Weile nicht mehr weiter. Die Vorbereitung zur Sicherung der Gesteinskolosse hat begonnen.

Bis jetzt läuft alles nach Plan. Überraschungen sind nicht in Sicht, allerdings geht es auch erst im März so richtig los. Der Straßenverkehr wird über Rothenstein, Dollnstein oder Mörnsheim umgeleitet, entlang der Felstürme ist derzeit an der Staatsstraße 2230 kein Durchkommen. Und das ist auch gut so. Denn wer hier sich über das Verbot hinwegsetzt, riskiert sein Leben. Vor allem wenn die Arbeiter mit ihrer "händischen Beräumung" zugange sind. So beschreibt Michael Schätzl die derzeitige Verfahrensweise. Er ist es, der beim Staatlichen Bauamt Ansbach, welches das Projekt durchführt, die zuständige Abteilung "Konstruktiver Ingenieurbau" leitet. Aber es sind erfahrene Kräfte der Passauer Firma Kaim, die hier zu Werke gehen. Sie haben es sonst mit extremen Bedingungen etwa in den Alpen zu tun.

Mit Eisenstangen werden die Felsteile, die sich ohnehin in absehbarer Zeit gelöst hätten, gelockert. Bei ihrem Sturz machen sie oft erst kurz vor den Leitplanken zur Altmühl Halt. Ein kleines 40-Zentimeterstück, wie es Schätzl zu Demonstrationszwecken hochhält, hat da schon ein Gewicht von fast 20 Kilogramm. Für zwei größere Brocken müssen diese schützenden Barrieren kurzfristig abmontiert werden, um die Bahn direkt in den Fluss zu ebnen.

Wenn mal gerade kein Gestein nach unten rollt, entfernen die Arbeiter den alten, 30 Jahre alten Steinschlagzaun, der nicht nur an einigen Stellen Rost, sondern auch etliche Lücken aufweist. Sie dienten dem Schäfer und seinen Tieren als Durchgang. Leider seien diese freien Stellen gerade da, "wo es besonders gefährlich ist", sagt Schätzl und deutet auf eine Schotterfläche unweit einer solchen Zaunlücke.

Der neue, eineinhalb Kilometer lange und bis zu 1,80 Meter hohe Zaun werde durchgängig sein, allerdings sollen Überlappungen dem Hirten und der Herde große Umwege ersparen. Die neue Version sei auch stabiler als ihr durch das Winterdienstsalz stark geschädigter Vorgänger, dank der schlankeren Pfosten aber zugleich weniger sichtbar, so Schätzl.

Auch Spritzbeton kommt zum Einsatz, freilich ohne die Formation zu verunstalten. Auf der Straße ist derzeit angezeichnet, in welchen Bereichen noch zusätzliche Maßnahmen angesagt sind. So mancher Felsblock etwa bekommt einen Anker verpasst. Eine Sonderbehandlung erfährt ein nahe Eßlingen stehender, etwa 30 Meter hohen Felsturm, der zugleich sehr nah an der Straße ist. Löst sich im oberen Bereich ein Brocken ab, "dann springt der einfach über den Zaun", erklärt der Abteilungsleiter. Deswegen kommt hier ein Hochleistungsgitter mit 65 Millimeter Maschenweite zum Einsatz, ein Netz, "mit dem wir den Fels einpacken", ergänzt Ingo Draschl, Polier bei der Firma Kaim.

Mit bis zu 30 Kilogramm schwerer Ausrüstung gehen die Arbeiter dann zu Werke. Die "Verpackung" ist zwar transparent, aber eben auch verzinkt. "Da wird man es am Anfang etwas blitzen sehen", so Schätzl. Doch nach einer Weile werde sie von Wanderern und Autofahrern gleichermaßen kaum mehr wahrnehmbar sein.

Haben sich indes in einen Felsen schon tiefe Klüfte durchgegraben, werden diese über stabile Querstäbe überbrückt, so dass ein Absprengen verhindert wird. Damit erst gar keine solchen Löcher entstehen, werden viele der auf den Felsen stehenden Bäume abgeschnitten und wo es möglich ist, deren Wurzelstöcke gefräst. So will man verhindern, dass die Wurzeln sich weiter ins Gestein vorarbeiten und es destabilisieren.

Auch viele andere Bäume und Hecken verschwinden in dieser Woche von der Bildfläche. Aus mehreren Gründen: Am Fuße der Felsen vor allem deswegen, um den neuen Zaun überhaupt installieren zu können - was den schönen Nebeneffekt hat, dass die Apostel in buchstäblich ausgeschnittener Form noch viel besser zu betrachten sein werden. Im oberen Bereich gilt es, sensible Lebensräume zu erhalten beziehungsweise wieder herzustellen. Zum einen den Magerrasen und zum anderen die Felsflächen selber, die ohne Beschattung wieder Platz für den Mauerpfeffer bieten, der dann wiederum den Apollofalter ernährt. So mancher Baum muss aber auch stehen bleiben, um einer seltenen Felsenschnecke nicht ihr Zuhause wegzunehmen.

Die Bäume, die schon abgeschnitten wurden, gilt es derzeit abzutransportieren - teils über die Staatsstraße, teils werden sie aber auch über Seilwinde nach oben gezogen. Bis Montag soll freigeräumt sein. "Bis jetzt haben wir keine Schwierigkeiten und wir erwarten auch keine", sagt Draschl. "Es läuft alles so, wie es sein soll."

Spannend wird es dann Anfang März, wenn über an großen Lastwagen befestigten Lafetten tief in die Felsen gebohrt wird - je nach Vorgabe des Geologen bis zu drei Meter.

Im Laufe der Maßnahmen wird sich zeigen, ob der Kostenrahmen von 400 000 Euro eingehalten werden kann. Ein Zuschuss von 64 000 Euro seitens des Naturschutzgroßprojekts "Altmühlleiten" steht in Aussicht, je 170 000 Euro übernehmen die Gemeinde Solnhofen und der Freistaat Bayern.