Schernfeld
"Die Top Ten wären ein riesiger Erfolg"

Olympionikin Anna Knauer aus Schernfeld über ihre Eindrücke aus Rio und ihre Erwartungen

04.08.2016 | Stand 03.10.2022, 0:48 Uhr

Glücksbringer: Ihre Eltern schenkten Knauer ein Silberarmband, das der Eichstätter Goldschmied Georg Bergér noch kurzfristig angefertigt hatte. - Foto: privat

Schernfeld/Rio de Janeiro (EK) Jetzt wird es ernst: Olympionikin Anna Knauer ist am vergangenen Dienstag in Brasilien gelandet. Dort finden vom 6. bis 21. August die Olympischen Sommerspiele statt. Die 21-jährige Profiradsportlerin aus Schernfeld, die sich in dem Mehrkampf Omnium mit den besten Bahnradfahrerinnen der Welt messen wird, war bereits auf dem Weg zum Flughafen nach München, als sie unserem Mitarbeiter Norbert Dengler noch Rede und Antwort stand.

Frau Knauer, wo werden Sie in Rio de Janeiro untergebracht sein? Medienberichten zufolge sind noch nicht alle Appartements bezugsfertig.

Anna Knauer: Ich habe auch gehört, dass es da Probleme gab. Aber der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat in den vergangenen Tagen und Wochen mit sehr viel Eigeninitiative die letzten eklatanten baulichen Mängel beseitigt. Ich denke, dass es nun passt. Vor allem auch deshalb, weil wir sehr spät anreisen und schon viele Sportler das Quartier bezogen haben.

 

Wo genau werden Sie die nächsten knapp drei Wochen leben und wie ist der zeitliche Plan in den ersten Tagen?

Knauer: Wir sind im Olympischen Dorf untergebracht. Dort gibt es in den Appartements Zweier- und Dreierzimmer. Ich bin in einem Dreierzimmer. Vor der offiziellen Eröffnungsfeier am Freitag, 5. August, im legendären Maracanã-Stadion findet auch noch eine €šinoffizielle Feier €˜ für die deutschen Sportler statt. Dazwischen und danach ist natürlich Training angesagt.

 

Einige Sportler haben ihre Olympiateilnahme wegen des Zika-Virus abgesagt. Haben Sie keine Angst davor?

Knauer: Wir sind selbstverständlich über dieses heikle Thema informiert und sensibilisiert worden. Aber die Gefahr ist nicht mehr so groß, weil es in Brasilien jetzt Winter ist. Daher dürfte das nicht mehr so dramatisch sein.

 

Wie bewerten Sie den Doping-Ausschluss der Russen?

Knauer: Dieses Vorgehen finde ich absolut in Ordnung und so, wie es umgesetzt wurde, als gute Lösung. Das Startverbot betrifft auch die Radsportler, die vorher schon einmal positiv getestet worden waren.

 

Sind Sie abergläubisch?

Knauer: Nein. Ich würde alles eher als Routine beschreiben. Es gibt kein bestimmtes Ritual, das ich an einem Wettkampftag durchziehe. Aber man hat seine Angewohnheiten, wie man den Tag bestreitet und sich auf den Wettkampf vorbereitet.

 

Sehr wichtig bei Profisportlern ist die richtige Ernährung. Auf was mussten Sie für Olympia verzichten?

Knauer: Ich hasse es, wenn ich im Fernsehen eine Schokoladen-Werbung sehe, aber nur Wasser und Früchte auf dem Zimmer habe. Zuletzt habe ich gänzlich auf Alkohol verzichtet und beim Essen etwas mehr aufgepasst als sonst. Aber ich brauche einfach ab und zu meine Schokolade, ein Stück Kuchen oder ein Nutellabrot. Das ist mein €šDoping €˜ (lacht).

 

Als Olympiateilnehmerin durften Sie auch eine Stimme bei der Wahl für den deutschen Fahnenträger abgeben.

Knauer: Ich habe natürlich für die Bahnradsportlerin Kristina Vogel gestimmt. Das war für mich selbstverständlich. Und ich hoffe auch, dass sie sich gegen Timo Boll, Moritz Fürste, Ingrid Klimke und Lena Schöneborn durchsetzen wird.

 

Am 15. und 16. August müssen Sie auf die Bahn. Mit welchen Erwartungen gehen Sie an den Start?

Knauer: Für eine Medaille wird es nicht reichen. Da bin ich Realist genug. Für mich wäre eine Platzierung unter den Top Ten ein riesiger Erfolg.

 

Wer hat das Zeug zu Gold, Silber oder Bronze?

Knauer: Meiner Meinung nach sind es sechs Fahrerinnen, die um die Medaillenränge kämpfen werden. Laura Trott aus Großbritannien, Annette Edmondson aus Australien und Sarah Hammer aus den USA dürften die großen Favoritinnen auf den Gesamtsieg sein. Es wird auf jeden Fall eine engste Kiste an zwei spannenden Wettkampftagen.

 

Omnium besteht aus den sechs Disziplinen Scratch, Einerverfolgung, Ausscheidungsfahren, Zeitfahren, fliegende Runde und Punktefahren. Wo können Sie für weltweites Aufsehen sorgen und ganz vorne mitfahren?

Knauer: Mit dem nötigen Quäntchen Glück könnte das im Ausscheidungsfahren und auf der fliegenden Runde der Fall sein. Da habe ich mich zuletzt wohlgefühlt.

 

Für welche andere Sportart außer Radfahren interessieren Sie sich sonst noch?

Knauer: Eigentlich für jede. Besonders gespannt bin ich auf den Triathlon, weil ich mit Anne Haug vor drei Jahren bei der Bundeswehr-Grundausbildung sechs Wochen lang die Stube geteilt habe. Und ich denke, dass ich mir die Wettkämpfe der BMXler und Mountainbikefahrer anschauen werde.

 

Weltstars wie der Sprinter Usain Bolt, Fußballer Neymar oder der Schwimmer Michael Phelps sind ebenfalls bei Olympia am Start.

Knauer: Das Problem ist, dass man die Karten selber zahlen muss. Und der 100-Meter-Lauf der Herren wird schon ziemlich teuer und eventuell schnell ausverkauft sein. Aber ich lasse mich da einfach überraschen. Geplant ist diesbezüglich jedenfalls nichts Konkretes.

 

Was haben Sie sonst geplant? Welche Sehenswürdigkeiten in Rio de Janeiro wollen Sie unbedingt sehen?

Knauer: Da mein Papa, mein Bruder und mein bester Freund auch vor Ort sein werden, wird uns schon etwas einfallen. Aber auf die Christusstatue will ich auf jeden Fall hoch, und auch das Künstlerviertel Santa Teresa steht auf meinem Notizzettel.