Schernfeld
"Für das Wild gibt es keine Notzeit"

Ernst Geyer vom Forstbetrieb Kipfenberg zeigt Waldverjüngung ohne Zaun Zahl der Rehe verringern

06.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:49 Uhr

Ernst Geyer zeigt eine junge Elsbeere, die innerhalb des Zauns geschützt vor Verbiss gepflanzt wurde und in wenigen Jahren mannshoch gewachsen ist. - Foto: Johann Beck

Schernfeld (EK) "Wald vor Wild" ist ein nur scheinbar klarer und manchmal irreführender Slogan. Das lernten die Teilnehmer einer Waldexkursion von Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz, die unter der Führung von Ernst Geyer stattfand.

Geyer ist der stellvertretende Leiter des Forstbetriebs Kipfenberg der Bayerischen Staatsforsten. Er zeigte an vier Stellen im Schernfelder Forst, dass die Waldverjüngung mit Buche und Tanne ohne Zaun gelingen kann und trotzdem ein stabiler Bestand an Rehen vorhanden ist. Die Zahl der Rehe sei durch konsequente Jagd verringert worden.

Die Vorwürfe, die er zu hören bekam, dass die Rehe "ausgerottet" würden, träfen nicht zu. Ein Beweis dafür sei, dass in seinem Zuständigkeitsbereich über Jahre hinweg zehn Rehe auf 100 Hektar pro Jahr erlegt werden können. Das zeige, dass ein stabiler Bestand von Rehen vorhanden sei, der sich rege fortpflanze und die Waldverjüngung zulasse.

Dass das Gefühl entstanden sein könnte, man sehe keine Rehe mehr, kann sich Geyer durch die Strukturveränderungen im Wald erklären. Es gibt durch den gezielten Waldumbau, durch Windwürfe und als Folge der Borkenkäfer-Schäden für Rehe viel Deckung und ein reichliches Nahrungsangebot, sodass die Rehe ihre Einstände seltener verlassen.

Das konnte er gleich am ersten Haltepunkt plausibel und nachvollziehbar machen: "Es gibt so viel Nahrung wie nie im Wald." Die wichtige Rolle der Brombeeren war zu sehen. Mehr Licht auf dem Waldboden fördert diese. Brombeeren tragen bis weit in den Winter hinein Blätter, die über der Schneedecke frei zugänglich sind. Für das Wild gebe es deshalb "im Jura keine Notzeit". Außerdem folgen die Mastjahre der Buche in kürzeren Jahresabständen aufeinander.

Zum guten Nahrungsangebot trage auch der Stickstoffeintrag aus der Luft bei, der auf dem Weg des Auswaschens der Stickoxide durch die Niederschläge auf den Boden gelangt und im Endeffekt als Nitratdünger im Wurzelbereich zur Verfügung steht. Allerdings sei der Stickstoffeintrag nicht nur von Vorteil, denn er ist eine Folge der Luftverschmutzung.

Geyer führte trotz der Erfolge ohne Zäunung die Exkursionsteilnehmer an eine eingezäunte Fläche. "Elsbeere, Wildapfel und einige Edellaubhölzer wie Berg- und Spitzahorn brauchen im Schernfelder Forst momentan noch den Schutz eines Zauns." Dabei spiele eine Rolle, dass Rehe anscheinend die Blätter und Knospen, die nur vereinzelt in ihrem Lebensraum vorkommen, besonders schätzen. Die hohen Kosten für den Bau und den Unterhalt der Zäune sind Anlass, daran zu arbeiten, die Zäunung überflüssig zu machen.

Nicht ohne Stolz zeigte Geyer eine Fläche neben einer Forststraße, auf der ohne Zaun und ohne Pflanzung junge Tannen wachsen, so dicht, dass einer der Teilnehmer formulierte: "Wie gesät." Erst nach gezieltem Suchen fand Geyer mit den Teilnehmern einige wenige Jungtannen mit Spuren von Verbiss, was er wegen des geringen Umfangs für tolerabel hielt. Hier "ernte" man den Lohn für viele Jahre Arbeit im Waldbau und in der Jagd.

Wildschweine machen der naturnahen Waldwirtschaft keine Probleme, stellenweise seien sie sogar von Nutzen, wenn sie den Boden umreißen und so für die Samenkeimung einiger Baumarten vorbereiten. Aber aus Solidarität mit den Jägern auf den Feldfluren, auf denen die Wildschweine stellenweise große Schäden an bestimmten Feldfrüchten anrichten, würden Wildschweine intensiv und effektiv auch im Wald bejagt.