Rebdorf
Sogenannte "175er"

Auch Homosexuelle waren im Arbeitshaus in Rebdorf "zur Besserung" eingesperrt

03.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:50 Uhr

Arbeitshaus Rebdorf 1940: Die Gefangenen sammeln sich auf dem Appellplatz. - Foto: Historischer Verein

Rebdorf (je) Homosexualität bei Männern und Frauen ist jahrhundertelang diskriminiert, verfolgt und bestraft worden. Gesetzliche Grundlage für die Ahndung seit 1872 war der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, der formell erst 1994 außer Kraft gesetzt worden war.

Am Freitag nun wurde mit dem Bundestagsbeschluss ermöglicht, dass homosexuelle Männer und lesbische Frauen heiraten und somit Kinder adoptieren können.

Im Arbeitshaus Rebdorf, das von 1857 bis 1958 ein Gefängnis für "Arbeitsscheue, Landstreicher, Diebe und Kleinkriminelle" war, wurden auch Haftstrafen für Homosexuelle vollzogen. "Wir hatten immer mindestens zwei oder drei Männer im Haus, die nach Paragraf 175 einpassieren mussten", sagte der ehemalige Aufsichtsbeamte Georg Reisch (100). Das sei aus dem Akt des Betroffenen ersichtlich gewesen. Wie er anfügte, habe man die Männer in verschiedenen Schlafsälen untergebracht. Reisch war von 1946 bis 1957 in Rebdorf tätig. Nach mündlicher Überlieferung hatte vor vielen Jahren der Aufseher Vitus Eitler davon berichtet, dass an einem Tag bis zu drei sogenannte "175er" in Rebdorf ankamen.

Einweisungen in das Arbeitshaus erfolgten durch Gerichtsurteile und, insbesondere im 19. Jahrhundert, auch durch die Gemeinden. Der Magistrat der Stadt Eichstätt schickte mehrmals Männer "zur Besserung" ins Arbeitshaus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Rebdorf auch Frauen verwahrt; ob darunter Lesben waren, konnte Reisch nicht sagen. 1948 waren in der Bundesrepublik Deutschland 1536 homosexuelle Männer verurteilt worden, 1957 waren es 3403.