Pappenheim
Jetzt ist Schluss

Letzte Veranstaltung im Europäischen Haus Pappenheim widmete sich der Sprache

19.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:56 Uhr

Das Projektteam der letzten Veranstaltung im Europäischen Haus Pappenheim klärte in einem Stationenlauf über die Macht der Sprache auf. Von links: Professor Joachim Grzega und die Studentinnen Agnes Giglberger, Anne Würth und Carolin Schlosser. - Foto: EHP

Pappenheim (EK) Am vergangenen Sonntag ging im Europäischen Haus Pappenheim (EHP) als Zentrum für Politik, Kulturen und Sprachen die letzte Veranstaltung über die Bühne - nach einem entsprechenden Stadtratsbeschluss wird der Betrieb beendet. Der Saal war noch einmal voll besetzt.

Unter der Betreuung von EHP-Leiter Professor Dr. Joachim Grzega hatten sich Studentinnen der Universität Eichstätt-Ingolstadt anhand von deutschen, französischen, spanischen, polnischen und britischen Zeitungsüberschriften der manipulativen Kraft von Sprache gewidmet. Dazu waren drei Stationen sowie das Eurolingua-Museum aufgebaut, die die Besucher in verschiedenen Gruppen durchliefen.

Jede Studentin stellte dabei nicht nur ihre Ergebnisse vor, sondern animierte das Publikum auch zum Mitdenken. Anne Würth hatte sich mit den Benennungen verschiedener Regierungschefs in den Medien beschäftigt: Merkel, Obama, Cameron, Hollande, Tsipras, Assad und Putin. Dabei falle etwa auf, dass Putin am seltensten mit Vornamen genannt werde. Da Vornamen eine gewisse Nähe und positive Emotion vermitteln, könnte ein Grund darin liegen, dass man keine Sympathie aufkommen lassen will. Dazu passe auch, dass er unter den analysierten Personen der Einzige sei, bei dem man eindeutig negative Wertungen finde, wie "der böse" Putin. Agnes Giglberger hatte verschiedene Ausdrücke ungleicher Vermögensverteilung untersucht. Bei geringeren Unterschieden in der Vermögensverteilung eines Staates dominieren die weniger scharf klingenden Begriffe wie "Ungleichheit". Ist die Schere größer, dominieren die emotionaleren Begriffe "Armut" und "Reichtum". Carolin Schlosser zeigte Wörter für verschiedene Gruppen von Zuwanderern auf. Grundsätzlich sei dabei von Vorteil, wenn man viele Arten von Zuwanderern unterscheidet, weil dies auch eine differenziertere Sichtweise ermögliche.

Allerdings könne dies auch zu wertenden Sprechweisen führen. Wenn zum Beispiel der Worttyp "Migrant" nur mit osteuropäischen Herkunftsstaaten verknüpft wird, werde der Begriff negativ mit Armut gekoppelt. Die Genfer Flüchtlingskonvention regele den Begriff "Flüchtling", schließe dabei aber nicht ein, wenn jemand vor dem Hungertod flieht. Das Wort "Wirtschaftsflüchtling € könne den Eindruck vermitteln, dass die Flucht nicht wirklich berechtigt sei. Im Laufe des Abends zog Joachim Grzega Bilanz über die weit über 100 EHP-Veranstaltungen. Das EHP habe stets Hilfe für Menschen angeboten, damit man Europa sowohl kulturell als auch ökonomisch besser versteht. Grzega sagte, dass es Bildungseinrichtungen für eine neue Art der Aufklärung brauche - auf der Grundlage von komplexer wissenschaftlicher Beobachtung, aber allgemein verständlich, manchmal mit einer Prise Humor. Er betonte die zentrale Rolle seiner Sprachlehrkonzepte, die sich auch die Pappenheimer Bürger vorwiegend gewünscht hatten: Er erinnerte an den 91-jährigen Lerner in seinem Basic-Global-English-Kurs, den Sprachfitnessstudio-Teilnehmer aus Flensburg und die vielen Teilnehmer seiner Sprach-Not-Arzt-Angebote.

Damit hatte er sogar den Sprung ins Bayerische Fernsehen geschafft. Des Weiteren freute sich Grzega über Einladungen in alle Regierungsbezirke Bayerns und etliche Orte darüber hinaus: Magdeburg, Lüneburg, Saarbrücken, Stuttgart, Innsbruck. Ferner erklärte er, dass er stets im Sinne der gesamten Stadt dachte und Seminare und Tagungen so plante, dass die Innenstadt mit Gästen belebt wurde - auch außerhalb der touristischen Hauptsaison. Weitere Tagungen seien bereits geplant gewesen. Schließlich bedankte er sich für die Mitarbeit bei Wilma Vogel, Dr. Bea Klüsener und einigen Vereinen. Alle, die beim Aufbau des EHP mitgearbeitet hätten, könnten auf das Erreichte stolz sein.

Im Gegenzug bedankten sich Renate Prusakow vom Heimat- und Geschichtsverein sowie Martin Stehr und Ludwig Schütz vom Städtepartnerschaftsverein bei Grzega für die gute Kooperation und zeigten sich über das Ende des EHP-Betriebs tief betroffen. Bewegt blickte auch Bürgermeister Uwe Sinn auf die Zeit zurück. Grzega habe stets alle Vorgaben des Stadtrats übertroffen, bei inhaltlichen Herausforderungen schnell Lösungen geboten und außerdem zahlreiche international hochkarätige Personen nach Pappenheim gebracht. All dies habe zu einer überregional positiven Werbung für die Stadt beigetragen. Manch einer im Saal hatte eine Träne im Auge und das Publikum dankte Grzega mit stehendem Applaus für seine Leistung. Er wahrte trotz der wehmütigen Stimmung seinen Humor und lud ein, mit ihm in Kontakt zu bleiben. Abschließend präsentierte Grzega seine jüngste Komposition: Sie vereint die Wendung "in Frieden" in verschiedenen europäischen Sprachen. Am Ende sang das Publikum mit.