Eichstätt
PAG: Schorer-Dremel (CSU) dafür, Gottstein (FW) dagegen

14.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:24 Uhr
Tanja Schorer-Dremel (CSU). −Foto: Fotos: EK-Archiv

Eichstätt (kno) Am heutigen Dienstag soll im Bayerischen Landtag über das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) abgestimmt werden.

Wir haben die beiden Eichstätter Abgeordneten Tanja Schorer-Dremel (CSU) und Eva Gottstein (FW) nach ihren Positionen zum Gesetzentwurf befragt.

Wie werden Sie über das neue Polizeiaufgabengesetz abstimmen?

Tanja Schorer-Dremel: Ich werde zustimmen.

Eva Gottstein: Die Freien Wähler werden - so wie in den vorberatenden Ausschüssen - dagegen stimmen.

Mit welcher Begründung?

Schorer-Dremel: Anlass der Gesetzesänderung sind die neuen Datenschutzvorschriften der EU und strengere Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Es werden noch mehr Richtervorbehalte eingeführt, damit der Privatbereich der Bürger absolut frei von polizeilicher Überwachung bleibt. Dadurch werden die Bürgerrechte gestärkt. Das Ziel des neuen PAG ist aber auch, Gewalttaten zukünftig noch gezielter zu verhindern und unsere Bürger somit noch besser zu schützen. Verbrecher wenden immer raffiniertere Methoden an, um uns zu schaden. Deshalb muss auch der Staat seinen Maßnahmenkatalog erweitern. Selbstverständlich gilt bei allen polizeilichen Befugnissen: Es muss entweder eine konkrete Gefahr vorliegen oder im Fall der drohenden Gefahr müssen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Zudem gilt immer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das heißt, die Polizei muss immer das mildeste Mittel zur Gefahrenabwehr wählen.

Gottstein: Der Gesetzentwurf wurde zwar in einigen Punkten entschärft, was wir mit unseren Änderungsanträgen, zum Beispiel zur geplanten DNA-Erfassung, auch erreichen wollten. Allerdings geht er nach wie vor weit über die durch die EU erforderlichen Änderungen hinaus. Und wurde mit "heißer Nadel" gestrickt. Teilweise sieht die CSU das jetzt auch ein und will die Umsetzung entsprechend begleiten. Ein Gesetz, dessen Umsetzung ich durch Experten begleiten muss, ist von Haus aus ein schlechtes Gesetz. Der umgekehrte Weg wäre der richtige: mit den Experten, zum Beispiel auch der Anhörung, das Gesetz überarbeiten und dann verabschieden.

Hauptkritikpunkt ist der Begriff "drohende Gefahr": Gegner warnen vor weitreichenden Befugnissen der Polizei und auch davor, dass unbescholtene Bürger plötzlich in den Fokus von Ermittlungen geraten könnten. Begründet oder unbegründet?

Schorer-Dremel: Die Kategorie der sogenannten "drohenden Gefahr" wurde bereits im August 2017 durch eine Novelle in das PAG aufgenommen. Jetzt wird so getan, als würde jeder unbescholtene Bürger zum Verdächtigen. Aber niemand kann grundlos festgenommen oder festgehalten werden, bei allen polizeilichen Eingriffen muss immer die Zustimmung eines Richters vorliegen. Die polizeilichen Befugnisse bei einer "drohenden Gefahr" sind an enge Voraussetzungen gebunden, und selbstverständlich müssen auch hier tatsächliche Anhaltspunkte für einen erheblichen Angriff auf Leib und Leben vorliegen. Hat zum Beispiel der Ehemann seiner von ihm getrennten Frau angekündigt, dass er sie töten werde, darf die Polizei - mit richterlicher Zustimmung - nun dessen Telefon überwachen und Kontaktverbote aussprechen, auch wenn noch nicht klar ist, wo und wann genau der Mann der Frau auflauern wird. Bisher hatte die Polizei in solchen Fällen keine Handhabe, und die Bürger haben sich zu Recht beschwert, dass die Polizei immer erst dann tätig werde, wenn etwas passiert ist. Ein frühzeitiges Einschreiten bei drohender Gefahr kann Leben retten.

Gottstein: Diese Angst ist teilweise unbegründet, weil teilweise mehr richterlicher Vorbehalt und Datenschutz gegeben wird. Großteils ist aber die Angst begründet, weil in anderen Bereichen richterlicher Vorbehalt und Datenschutz wegfallen. Im sichersten Bundesland - dessen Instrumentarien ja funktionieren, die sicher in Teilbereichen der modernen Technik angepasst werden müssen - solch einen Rundumschlag zu machen und dadurch bei der Bevölkerung Ängste hervorzurufen, ist nach Meinung der Freien Wähler unverantwortlich und unnötig. Gerade die notwendigen Abwägungen bei der "drohenden Gefahr" überfordern eventuell trotz bester Ausbildung manch jungen Polizisten und junge Polizistin, die ja sowieso bis zum Gehtnichtmehr personell überstrapaziert sind. Die Überstunden und die Tatsache, dass immer weniger Ausbildungs- und Fortbildungszeiten für die modernen Einsatzmittel wie Bodycam und Taser bleiben, sprechen für sich.