Mörnsheim
Gaudi mit ernstem Hintergrund

"D’Mühschossbuam" wollen mit Witz und Humor dem Verfall der dörflichen Kultur entgegenwirken

29.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Die Mühschossbuam sind für jeden Spaß zu haben. Michael „Müchi“ Hajek (rechts) animiert bei einem Auftritt in Dollnstein Bürgermeister Wolfgang Roßkopf (links) zum Mitmachen. Ihre Gage in Dollnstein spendete die Musikkabarettgruppe für einen guten Zweck – eine Geste, die sie recht häufig machen. - Fotos: max

Mörnsheim (EK) Die trauen sich was, D’Mühschossbuam von Mörnsheim. Vor fast gar nichts haben sie Respekt. Nicht mal eine der einflussreichsten bayerischen Institutionen, die Feuerwehr, ist vor ihrem Spott sicher.

Achtung zollen sie nur der gewachsenen dörflichen Struktur, für deren Erhalt sie kämpfen. Bei aller Gaudi, die das Publikum mit ihnen erlebt, transportieren die fünf Musiker ein ernstes Thema: das im Verfall begriffene Leben auf dem Land. Darauf hinzuweisen und der Entwicklung vielleicht entgegenzusteuern, ist das Anliegen der Mühschossbuam und der eigentliche Grund für ihre Existenz.

Wobei „Buam“ der falsche Ausdruck ist. Müchi (Michael Hajek), Noldi (Arnold Berger), Hubbi (Hubert Platzer), Ben (Bernhard Meier) und Stift (Hermann Nar) sind g’standene Mannsbilder. Aber irgendwo sind sie auch die Buam geblieben, die sich seinerzeit verbotenerweise den „Mühschoss“ zum Abenteuerspielplatz erkoren haben. Für Nicht-Mörnsheimer: Der „Mühschoss“ ist der Zulauf zum Mühlrad, also ein nicht ganz harmloser Ort zum Herumtoben. Womit der Name der Gruppe erklärt wäre.

Musik hat der in Mörnsheim geborene Architekt Michael Hajek schon früh gemacht – teilweise bereits mit seinen jetzigen Gesellen. „Vor drei, vier Jahren haben wir uns zam’gsetzt und Lieder aus unserer Jugendzeit gespielt“, sagt Hajek. Gemeint sind vor allem die 1960er bis ’80er Jahre. „Aber wir hatten keine Plattform.“ Da tauchte die Idee vom musikalischen Kabarett auf. Ein bisserl sind die Gopperer 4 bei dieser Idee Pate gestanden. Man kennt sich untereinander. „Kabarett war schon immer mein Ding“, sagt Hajek.

Müchi setzte sich hin und begann zu schreiben. Es gab Themen, die dem Architekten am Herzen lagen. „Ich beobachte schon lange den Verfall der Dörfer. Vor 30 Jahren war Mörnsheim ein gesundes Dorf, das über 100 Arbeitsplätze bot.“ Dann habe die schleichende Veränderung begonnen. „Die Leute verlieren ihre Identität.“ Woran es liegt? Schwer zu sagen, meint Hajek. Die Wirtshauskultur sterbe aus, die Menschen sprechen immer weniger Dialekt, die alten Häuser werden nicht mehr geschätzt. Da müsste sich aber vor allem seine Generation an die Nase fassen. „Wir sind gefragt, den Jungen Identität zu vermitteln, ihnen zu zeigen, wer wir sind.“ Es gebe Dörfer, in denen die Gemeinschaft intakt sei. Mörnsheim gehöre nicht unbedingt dazu. „Der Ort hat aber ein wahnsinniges Potenzial.“ Gleichzeitig wollen die Mühschossbuam Kulturschaffende dazu bringen, das Örtliche zu pflegen.

Die Gruppe konzentriert sich auf das örtliche Geschehen in all seinen Eigenheiten und Facetten. „Laptop und Lederhose“ heißt ihr Programm. Hajek liefert gleich die Begründung mit: „Das Gute bewahren, Neuem aufgeschlossen sein, aber nicht jeden Krampf mitmachen.“ Folgerichtig geht es bei den „Buam“ um die Vielfalt des Dialekts, etwa das vielseitig verwendbare „Öha“, um Jurahäuser, die Integration von Fremden im Dorf, die Schließung von Wirtschaften oder die Macht der Floriansjünger. „Die von der Feuerwehr, mei Liaba, die san scho wer. Bürgermeister, reiß’ di zamm, sonst kummst as nächste Mal nicht mehr dran“, lautet der einschlägige Text.

Politische Themen sind den Musikern ebenfalls nicht fremd, sie zerpflücken Energiewende und Bankenkrise. Dann wieder sind es so die kleinen alltäglichen Dinge, wie Rasenmähen, Eitelkeiten oder Trinkgewohnheiten, über die sich die Mühschossbuam lustig machen. „Manchmal wollen wir mal nur blödeln und Spaß haben“, sagt Hajek auch. In diese Kategorie gehört der Knödelwasserblues, in dem Müchi sein Talent für unterschiedliche Dialekte ausleben kann. So erfährt das jauchzende Publikum, wie Bayern, Schwaben, Franken, Sachsen, Österreicher, Italiener, Chinesen und Russen ihr Knödelwasser verwenden.

Bei Gastauftritten geht das Quintett auf die Eigenheiten des jeweiligen Ortes intensiv ein, was manchmal gar nicht so leicht ist. Aber sie schaffen es immer wieder, mit ihrer eigenen Art von Humor. Bei einem Auftritt in Bielefeld stellten sie Teile des Programms auf Plattdeutsch um.

Die Texte schreibt Michael Hajek selbst; sein Spetzl bei der Moderation, Hubbi, biegt sich die zurecht, wenn er seine Auftritte hat. Für die Musik sorgt Müchi in erster Linie ebenfalls selbst. Die Feinarbeit geschieht in der Gruppe. Wer aber glaubt, die Mühschossbuam verwenden ausschließlich bayerische Heimatklänge, der irrt. Das Lied von der „Feuerwehr“ kommt als Calypso daher, es gibt rockige Elemente, Teile aus der Alplermesse tauchen auf und auch selbst Komponiertes.

Das macht den Fünfen Spaß und hat einen tieferen Sinn: „Mit dieser großen Bandbreite wollen wir auch die gesamte Bandbreite der Bevölkerung erreichen, vor allem die Jungen“, so Müchi.