"Liebliche Prinzessin" oder "Böse Königin"

15.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:12 Uhr

Hurra, die Soße ist gepanscht. Der Küchenchef und seine Helfershelfer schrecken vor keiner Improvisation zurück. Wer hier ein Menü ordert, braucht einen Leid gewohnten Gaumen und einen äußerst stabilen Magen. - Fotos: baj

Eichstätt (EK) "Zickenkrieg im Märchenwald" – die ultimative Castingshow. Maître Jacques Chirac de Armagnac und seine Küchenknechte – die hemmungslose Kochshow. Max von Hinten – der Politiker der Zukunft. Pille Palle, das alles, Pardon Pille Palais natürlich, und natürlich war alles vom Feinsten.

Hatte doch der MuT e.V. am Freitag zu seiner legendären Prunksitzung geladen, und nachdem der halbe Zehner damit voll war, gaben die Mitwirkenden nicht nur ihr Bestes, sondern ihr Allerbestes. Ein "Kracher" reite sich nahtlos an den anderen, unterbrochen nur durch eine kurze Pause ("Die Bar ist geöffnet!").

Zunächst freilich – Ehre, wem Ehre gebührt – galt es, die Medaille de Pille Palais 2009 über einen würdigen Nacken zu streifen. Präsident Stephan "Kuddel" Kaspar, in edlem weißen Frack gewandet, bat dafür Dieter Eichiner nach vorne, einem Mann der ersten Stunde, der sich über die Jahre hinweg viele Verdienste um den MuT e.V. erworben hat.

Und dann ging es Schlag auf Schlag. Die Henkerskapelle fetzte los, das Publikum setzte jubelnd bei "Mir loun unsan Dom in Eichstätt" ein und bald war der mit 120 Gästen sehr gut besetzte Gutmann-Saal ein Meer aus rot-weißen Fähnchen. Schnell wurde klar, dass das Faschingskomitee keine Kosten noch Mühen gescheut hatte, illustre Gäste an die Altmühl zu bringen. Der Spitzenpolitiker in spe Max von Hinten versprach unkonventionelle Wege aus der Krise. Von Hintens ("Günni" Dommel) Appelle gipfelten in "Kuddel for President der Uni".

Der solchermaßen Geehrte kam auch gleich seinem künftigen Bildungsauftrag nach und kündigte eine "universitäre Lichtgestalt" an: Frau Professorin Dr. Amalia Stürzenhofecker-Pasadelski, die nach einer Umfrage unter den Eichstättern eine Prognose in die Zukunft wagte. An die Informationen gelangte sie auf unkonventionelle Weise, durch Wanzen und Minikameras. Aber, so beruhigte sie, das Ganze sei von den Verantwortlichen des Bistums abgesegnet worden, und dabei habe der Satz gegolten: "Der liebe Gott sieht sowieso alles."

Melanie Arzenheimer, die in die Rolle der Akademikerin geschlüpft war, brannte ein Feuerwerk an ausgefeiltem, scharfzüngigem und intelligentem Witz mit Lokalkolorit ab. 2014 sei dann auch die Suche nach einem neuen Namen für das Bahnhofsgelände abgeschlossen, meinte sie. Das Areal werde feierlich auf den Namen "Bahnhofsgelände" getauft, und zwar vom neuen Ministerpräsidenten Walter Eisenhart, prognostizierte die Dozentin mit einer "Fehlerquote von 27 Prozent". 2033 werden schließlich die 15. Schlossleutnant-Krach-Spiele stattfinden, in einer überarbeiteten Fassung mit 43 neuen Szenen, aber um drei Stunden gekürzt. "Melli" Arzenheimer schlüpfte kurz darauf und kurzfristig in eine weitere Rolle, die des Rotkäppchens in der Märchencastingshow, wo außer ihr noch die "Böse Königin" (Andrea Meier), die "Liebliche Prinzessin" (Meggi Guziak) und ein weiters testosteronschwangeres Rotkäppchen (Christian Alberter) um die Gunst der "Singenden Froschkönigs" (eine Glanzleistung von Klaus Kupischke) wetteiferten.

Auf hohem – akademischen – Niveau blieb der Abend. Der "Singende Dozent" Joachim Grzega hielt eine Vorlesung über "Evergreens", die eine Vergangenheit als "Drinking Songs" aufweisen können. Um den Anspruch ans internationale Publikum (Bayern und Franken) erfüllen zu können, bediente sich Grzega des Englischen. So intonierte er "Bourbon in the night", "All you need is rum", und wer dachte, Barry Manilow singe über "Mandy", der täuscht sich. Es geht um "Brandy".

Sprachkenntnisse blieben gefragt. Rupert Fieger als Maître Jacques Chirac de Armagnac ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, seine Küchenknechte Josef Adametz, Marco Enhuber und Georg Heberl auf Französisch zu drangsalieren. Und für den fränggischen Einschlag sorgte Klaus Dorsch als Tippelbruder, der mit Wortspielen glänzte. "Den Beckstein hams weggemobbt, da bleibt dir der Glos im Hals stecken." Der Schlachtruf "Pille Palais" wollte kein Ende nehmen. Mit der traditionellen Polonaise durch den Gutmann endete eine begeisternde Sitzung, die diesmal schon um Mitternacht endete.