Kipfenberg
Helden und Hasenfüße

Jäger und Staatsforsten planen im Landkreis Bayerns erstes Schwarzwild-Übungsgatter für Jagdhunde

23.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:26 Uhr

Förster und Jäger-Repräsentanten aus ganz Bayern haben bei einem Treffen in Kipfenberg die Einrichtung des Trainings-Gatters beschlossen. Münsterländer-Hündin Akila kann dort üben - Foto: oh

Kipfenberg/Eichstätt (EK) Die Jäger schießen im Landkreis so viele Wildschweine wie noch nie. Aber es müssten viel mehr sein. Das Problem: Viele Jagdhunde kommen mit den schlauen und extrem wehrhaften Sauen nicht zurecht. Dem soll bald Bayerns erstes Schwarzwild-Übungsgatter abhelfen.

Die Wildschweinpopulation in Bayern – wie in ganz Mitteleuropa – wächst rasant, allein im Landkreis Eichstätt wurden im letzten Jahr 3000 Schwarzkittel geschossen, knapp zehn Mal so viel wie in den 1980er Jahren. Die Bauern klagen über gewaltige Schäden in ihren Mais-, Getreide- oder Kartoffeläckern. Die Jäger aber stoßen bei revierübergreifenden Drückjagden an ihre Grenzen. Die schlauen Wildschweine lassen sich oft nicht aus dem Dickicht drängen.

Franz Loderer, der Vorsitzende des Jägervereins Eichstätt, erklärt: „Wir haben für die Wildschweinjagd zu wenig brauchbare Hunde.“ Es gebe zwar grundsätzlich im Eichstätter Gebiet viele Jagdhunde, aber die Jäger nähmen ihre wertvollen Tiere, die oftmals auch lieb gewonnene Familienmitglieder sind, nicht mit zur Saujagd. Unerfahrene Hunde geraten nämlich beim Treffen mit den gefährlichen und wehrhaften Schweinen oft in Lebensgefahr. Alternativ machen vorsichtige Hunde beim Aufstöbern einer Wildsau auch gerne mal einen weiten Bogen um das Tier und verhalten sich lieber ruhig. Direkte Konfrontation? Ich bin doch nicht blöd! Bei den Jagdhunden sei Hasenfüßigkeit übrigens häufiger der Fall als Heldenmut, erklärt Loderer, der auch weiß, was der Hund dann mit treuherzigem Blick seinem Herrchen mitteilen will: „Ich habe die Sau nicht gefunden.“

Seit Jahren entstehen deshalb in Deutschland sogenannte Schwarzwild-Übungsgatter, in denen Jagdhunden beigebracht wird, wie sie möglichst sicher und gleichzeitig effektiv Wildschweine aus dem Dickicht in Richtung Jäger treiben können. Die Kunst ist, immer schön Abstand zu halten, laut zu bellen, die Sau niemals frontal anzugehen, sondern allenfalls mal blitzschnell ins Hinterbein zu zwicken. Kurz gesagt: Der Hund muss nerven, aber gleichzeitig kühlen Kopf bewahren.

In Deutschland gibt es bisher ein gutes Dutzend solcher Gatter, die alle nach bundeseinheitlichen Richtlinien betrieben werden. In Bayern ist bisher erst eines in Oberfranken in der Planungsphase. Jetzt aber wird es im Landkreis Eichstätt, in der Mitte Bayerns, konkret. Die Grundsatzentscheidung dazu ist bereits gefallen, die Kreisgruppen Eichstätt und Ingolstadt des Bayerischen Jagdverbands und der Forstbetrieb Kipfenberg der Bayerischen Staatsforsten unter Leitung von Walter Erl arbeiten Hand in Hand. Bei einem Treffen verschiedenster Verantwortlicher aus ganz Bayern wurde beschlossen, dass in den nächsten Wochen geeignete Flächen des Forstbetriebs Kipfenberg (also im ganzen Landkreis Eichstätt) besichtigt werden und dann die konkrete Planung beginnen soll. Die Fläche wird der Forstbetrieb zur Verfügung stellen, die Trägerschaft für das Schwarzwild-Übungsgatter übernehmen die Jäger-Kreisgruppen Eichstätt und Ingolstadt.

In dieser Anlage im Wald, so erklärt Loderer, befänden sich, verteilt auf mehrere Freigehege, rund ein Dutzend Wildschweine, die schon an den Menschen gewöhnt sind. Hier könnten Jäger unter Anleitung von erfahrenen Kollegen, den sogenannten Gattermeistern, mit ihren Hunden gefahrlos das Aufeinandertreffen mit den Sauen üben. Die Wildschweine, denen dabei nichts passiert, müssen übrigens alle paar Jahre ausgetauscht werden – wenn sie sich zu sehr an die tierischen Besucher gewöhnt haben, lassen sie sich vom Gebell nicht mehr beeindrucken.

Die Initiative für dieses Projekt geht von Franz Loderer selbst aus, der zum einen Kreisvorsitzender der Eichstätter Jäger ist, und zugleich als einer von zwei Schwarzwild-Beratern für Oberbayern fungiert. Loderer verfolgt das Gatter-Vorhaben schon seit über zwei Jahren mit großer Hartnäckigkeit. „Das war nicht einfach“, sagte er nun auf Anfrage. „Aber ich halte das für eine Notwendigkeit.“ Das gelte übrigens auch für alle anderen Jäger, die sich mit Jagdhunden beschäftigen, etwa den Jagdgebrauchshundverein Donau-Altmühlecke unter Vorsitz von Klaus Neumayr: „Die sind ganz happy“, sagt Loderer. Das Projekt stoße auf Interesse der Jägerschaft im großen Umkreis: „Das wird mit Freuden aufgenommen.“

Die Notwendigkeit einer solchen Anlage sieht auch Walter Erl, der Leiter des Forstbetriebs Kipfenberg der Bayerischen Staatsforsten, der nach eigenem Bekunden volle Unterstützung von seiner Staatsforsten-Zentrale in Regensburg hat. „Der Druck vonseiten des Bauernverbands ist groß.“ Es sei wichtig, dass die Wildschweinjagd stärker revierübergreifend und effektiv stattfinde.

Erl kündigte an, dass bis Herbst eine passende Fläche im Gebiet des Landkreises gefunden sein werde, verkehrsgünstig gelegen und mit einem Mischwald bewachsen. Dann komme das Genehmigungsverfahren, in dem unter anderem der Tierschutz ein Thema sei. Das Gatter werde für Jäger aus dem gesamten süd- und mittelbayerischen Raum zur Verfügung stehen.