Ingolstadt
Von der Olympionikin zur Gesetzeshüterin

Anna Knauer war als Bahnradfahrerin in Rio jetzt macht sie eine Ausbildung bei der Polizei

30.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Praktikum in Ingolstadt: Anna Knauer mit zwei Kollegen vor dem Polizeipräsidium. - Foto: Polizei

Ingolstadt (DK) Anna Knauer ist gerade mal 21 Jahre alt. Doch die Liste ihrer Erfolge liest sich, als sei sie ein alter Hase im Profisport. Die in Schernfeld bei Eichstätt lebende Radrennfahrerin darf sich 23-fache Deutsche Meisterin sowie Welt- und Europameisterin der Junioren nennen. Jetzt war sie Olympiateilnehmerin.

Quasi "nebenbei" macht die Soldatin seit Mitte September eine Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei in Dachau. Im Zuge dessen verbrachte sie diese Woche zwei Tage als Praktikantin bei der Polizeiinspektion Ingolstadt. Das mit der "Ausbildung nebenbei" ist wörtlich genommen gar nicht so abwegig, wenn auch salopp formuliert. Denn die bayerische Polizei bietet herausragenden Athleten eine sogenannte Spitzensportförderung in der Polizeisportfördergruppe. Die angehenden Gesetzeshüter haben so die Möglichkeit, in einer "Gestreckten Ausbildungszeit", die fünf Jahre dauert, Beruf und Sport miteinander zu verbinden. Im Fall von Knauer bedeutet dies, dass sie jetzt bis Januar lernt und sich dann von Februar bis September wieder auf den Radsport konzentriert. "Aktuell befinden sich 46 Athleten in dem Programm, davon sind 43 in Ausbildung", ergänzt Christian Petz von der Polizeiinspektion Ingolstadt. Knauer ist davon die erste Radsportlerin.

Bei den Olympischen Spielen diesen Sommer in Rio de Janeiro startete die ehrgeizige junge Frau im Omnium-Sechskampf auf der Bahn und erreichte als amtierende Deutsche Meisterin in dieser Disziplin den 13. Platz. "Ich habe fünf Jahre auf dieses Ziel hingearbeitet", sagt sie. Davon zwei Jahre in einer sogenannten Qualifikationsphase, die sie zu Wettkämpfen um die halbe Welt führte. "Mexiko, Kolumbien, Hongkong", zählt sie einige Länder auf. Im deutschen Fernsehen, so wurde ihr berichtet, war von den Bahnradfahrern nicht viel zu sehen. Doch als Knauer ins Rennen ging, ließ es sich ihre Fangemeinde nicht nehmen, den Auftritt live zu verfolgen. "Da war das ganze Dorf bis nachts um zwei wach", erzählt sie mit einem verschmitzten Lächeln.

Sportlicher Ehrgeiz und die Vorliebe für den Polizeiberuf ist der Familie offensichtlich in die Wiege gelegt. Knauers Vater ist nicht nur ihr Trainer, sondern auch aktiver Mountainbiker und im Hauptberuf Ausbilder bei der Bereitschaftspolizei. Ihr Bruder - auch ein Polizist - spielt Fußball. Die Mutter kümmert sich mehr um das Wohl der Familie. "Ohne Rückhalt von zu Hause funktioniert das alles nicht", weiß Knauer, die den Sport seit 2006 ausübt. Nie habe jemand aber zu viel von ihr verlangt, betont sie. Zwar sieht sie sich in einer Vorbildfunktion für andere junge Menschen. "Ich möchte aber nicht nur als Sportlerin, sondern auch weiterhin als Anna wahrgenommen werden." Zum Doping hat sie eine klare Haltung: "Ich nehme nichts. Ich will ehrlich auftreten." Knauer befindet sich im höchsten Testpool der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA). Wenn sie aber von Außenstehenden hört, dass auf ihrem Niveau sowieso alle gedopt seien, kann sie nur abwinken.

"Rio war schön, doch es gibt auch noch andere Dinge im Leben", so die junge Frau, die irgendwann einmal von einem ganz normalen Familienleben mit Kindern träumt und in der Freizeit gerne mal zum Buch greift. Bis es soweit ist, hat die 23-fache Deutsche Meisterin in verschiedenen Disziplinen sowie Welt-, Europa- und Vizeeuropameisterin der Junioren aber noch einiges vor. "Ich will an die Weltspitze", sagt sie überzeugt. Das heißt für sie, Weltmeisterin auf der Straße zu werden (hier fehlt ihr noch ein internationaler Titel), sowie eine Medaille bei den nächsten Olympischen Spielen in Tokio zu holen. Zuletzt hat sie fünf Wochen Heimaturlaub genossen. "Und das Gefühl mal wieder im eigenen Bett zu schlafen."