Hepberg
"Wir haben Lenting nicht gebraucht"

Schicksalstag für Hepberg: Im Dezember 1971 sprachen sich die Bürger gegen eine Eingemeindung aus

02.01.2018 | Stand 02.12.2020, 17:00 Uhr

Mittlerweile zusammengewachsen sind die Gemeinden Hepberg (vorne) und Lenting (hinten, rechts). Das war vor 46 Jahren bei Weitem nicht so. Damals - am 28. Dezember 1971 - sprachen sich die meisten Hepberger gegen die Eingemeindung in den Nachbarort aus. - Foto: Vogl

Hepberg (EK) Vor 46 Jahren drohte das Ende der Gemeinde Hepberg: Sie sollte zum Nachbarort Lenting kommen. Doch die meisten Hepberger sprachen sich bei einer Befragung im Dezember 1971 gegen die Eingemeindung aus. Heute zeigen sich frühere Kommunalpolitiker froh, dass es nicht dazu gekommen ist.

Xaver Maier, CSU-Gemeinderat in Hepberg von 1956 bis 1996, bringt es auf den Punkt: "Wir haben Lenting früher und heute nicht gebraucht", sagte er auf Anfrage unserer Zeitung. Das sieht Hans Greis (SPD) aus Lenting genauso: "Mein Heimatort hatte es nicht nötig, mit Hepberg zusammenzugehen", betonte der damalige zweite Bürgermeister.

Ein Blick zurück: Nachdem 1971 bereits die Schule in dem Jura-Ort aufgelöst worden war und alle Kinder zum Unterricht nach Lenting mussten, drohte auch die zwangsweise Eingemeindung Hepbergs (damals rund 1300 Einwohner) im Rahmen der Gebietsreform in Bayern. Die Gemeinde Lenting mit Bürgermeister Franz Binder sah eine Chance, das Gebiet der Kommune zu erweitern und warb intensiv für die Zusammenlegung.

In Hepberg spaltete die mögliche Eingemeindung die Dorfgemeinschaft in Befürworter und Gegner. Diese - darunter die CSU-Gemeinderäte und der Ortsverband - befürchteten den Verlust der Eigenständigkeit. Auf Flugblättern der Christsozialen, die im Ort verteilt wurden, verwies Bürgermeister Georg Mayer auf geplante neue Bauplätze in Hepberg oder auf "ordentliche Finanzen". Befürchtet wurden unter anderem "weite Behördenwege nach Lenting" und "Nachteile für Hepberg als schwächerer Partner". Manche Vertreter von SPD und CW im Gemeinderat schlossen sich dagegen dem Werben von Lenting an. "Stimmt alle für die Großgemeinde! Auch wir wollen die Vorteile haben, welche die finanzstarke Gemeinde Lenting ihrer Bürgerschaft gewähren kann", hieß es auf Flugblättern von Sozialdemokraten und CW-Gemeinderäten.

Als Anreiz von staatlicher Seite wurde bei einem freiwilligen Zusammenschluss eine Schlüsselzuweisung von damals 550 000 Mark in Aussicht gestellt. "Ein lächerliches Zuckerl!", wie Xaver Maier bekräftigte.

Zeitzeuge Jürgen Vogl aus Hepberg bezeichnet den Wahlkampf pro und kontra Eingemeindung als aggressiv: "Er sorgte für eine feindselige Stimmung unter den Nachbarn Hepberg und Lenting." Das Ganze gipfelte in einer Bürgerversammlung am 27. Dezember 1971 im überfüllten Maierwirtssaal in Hepberg. "Die Stimmung war aufgeheizt", erinnert sich Xaver Maier. In der Versammlung fielen von Lentinger Seite Aussagen wie: "Wenn wir zusammengehen, ist das wie eine Ehe" oder: "Das schwarze Gold soll auch für Hepberg fließen" (gemeint waren damit die großen Gewerbesteuereinnahmen durch die neue Transalpine Ölleitung in Lenting).

Kernpunkt der ganzen Diskussionen war besonders der vom Landratsamt Eichstätt verfasste Eingemeindungsvertrag. Darin stand: "Die Gemeinde Lenting wird Gesamtrechtsnachfolger der Gemeinde Hepberg. Damit gehen alle Rechte und Pflichten öffentlicher und privater Art von Hepberg auf die Gemeinde Lenting über."

Nachdem der Lentinger Gemeinderat der Eingemeindung zugestimmt hatte, machte das Gremium im Nachbarort seine Zustimmung vom Ergebnis einer geheimen Bürgerbefragung abhängig. Am 28. Dezember 1971 (einem Dienstag) waren alle wahlberechtigten Bürger von Hepberg zur Abstimmung aufgerufen. Die Alternativen lauteten: "Sind Sie für einen Zusammenschluss der Gemeinde Hepberg mit der Gemeinde Lenting" beziehungsweise "Sind Sie für die weitere Selbstständigkeit der Gemeinde Hepberg". Die Wahlbeteiligung lag bei 72,28 Prozent. Das Votum fiel mit 77,1 Prozent für die Beibehaltung der Eigenständigkeit deutlich aus. Damit war eine freiwillige Eingemeindung vom Tisch und von staatlicher Seite nur die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft (VG) zwischen Lenting, Stammham, Wettstetten und Hepberg gefordert.

Der Drang nach Eigenverantwortung war in Hepberg aber weiterhin stark vorhanden. Als sich 1993 die Chance bot, sich von der VG Lenting zu lösen und eine eigene Gemeindeverwaltung zu installieren, verfolgte der Gemeinderat unter Bürgermeister Simpert Gschwilm dieses Ziel, sodass am 1. Januar 1994 wieder eine eigene Gemeindeverwaltung in Hepberg ihre Arbeit aufnehmen konnte.

Eine Zusammenarbeit der Gemeinde Hepberg (jetzt rund 3000 Einwohner) mit Lenting besteht weiter im Bereich der Wasserversorgung und der Hauptschule. Auch räumlich sind sich beide Kommunen nähergekommen: "Lenting und Hepberg sind durch große Neubaugebiete an der Autobahnausfahrt zusammengewachsen", sagt Ortschronist Jürgen Vogl.