Erkertshofen
Geliebtes Kleinod

Die Antoniuskapelle bei Erkertshofen wurde vor 100 Jahren gebaut

22.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:19 Uhr

Der 100 Jahre alte Originalplan für die Antoniuskapelle – versehen mit Korrekturen des Landbauamts Eichstätt, das im Sinne des Denkmalschutzes vor allem das Dach zugunsten von Legeschiefer drücken wollte. Die Erkertshofener hielten sich nicht dran.

Erkertshofen (EK) Die Anziehungskraft von Wallfahrtsstätten beruht vielfach nicht zuletzt auf den beeindruckenden Sakralbauten mit ihrer prachtvollen Innenausstattung. In bescheidenerem Maße gilt dies auch vor allem für das äußere Erscheinungsbild der idyllisch am Waldrand westlich von Erkertshofen gelegenen Antoniuskapelle. Ihr Bau wurde vor 100 Jahren abgeschlossen. Die Kapelle brachte sich in ihrem nur dürftig gewürdigten Jubiläumsjahr durch einen Brand im Innern in – allerdings traurige – Erinnerung.

Wie man aber die Erkertshofener kennt, werden sie alles daran setzen, ihr geliebtes Kleinod bald wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. So wie vor etwas über 100 Jahren, als ab 1911 zwei nicht alltägliche Projekte zur Verwirklichung anstanden: der von der Obrigkeit immer wieder angetragene Anschluss an die Wasserversorgungsgruppe Preith, für den man sich nach langem Sträuben „wegen der schlechten finanziellen Verhältnisse vieler Ortsinsassen“ im Frühjahr 1913 auf dem letzten Drücker doch noch entschied, und eine von kirchlicher Seite unter Pfarrer Josef Maier angeregte umfassende Neugestaltung der Antoniuskapelle, gegen die sich keinerlei Widerstand regte. Bei der beschlussfassenden Kirchenversammlung am 16. Oktober 1913 waren die 33 stimmberechtigten Anwesenden teilweise sogar begeistert vom vorgelegten Bauplan, und jeder bekundete durch Unterschrift sein Einverständnis und seine Unterstützungsbereitschaft.

Nicht nur höher und geräumiger sollte der Bau werden, sondern durch ein gefälligeres Äußeres „im Stile einer Waldkapelle“ auch einladender wirken. Von der alten Kapelle blieben nur noch die 60 Zentimeter dicken Seitenmauern stehen. Die beiden Giebelseiten legte man nieder. Der bisher enge und finstere Altarraum wurde durch einen halb-oktogonalen Abschluss erweitert. Zwei kleinere Rundfenster und zwei Durchbrüche des alten Gemäuers sollten freundliche Helligkeit in das Innere bringen. Der Eingangsbereich bekam durch eine geräumige nach drei Seiten teilweise offene Vorhalle mit einem auf zwei Granitsäulen getragenen, hoch aufragenden geschwungenen Giebel ein optisch gefälligeres Gesicht, als es vorher der Fall war.

Der vorläufige Kostenvoranschlag machte 1089,80 Mark aus, eine erkleckliche Summe, wenn man bedenkt, dass man zu dieser Zeit beim Wirt die Maß Bier um 20 Pfennige bekam. Die Bauleitung lag in Händen des Tittinger Maurermeisters Rupert Lederer; vor Ort führte Willibald Bauer Regie, Kirchenverwaltungsmitglied und Bindermeister, der schon auf die Siebzig zuging. Am 16. Oktober 1913 reichte Bürgermeister Matthias Schweiger die Unterlagen beim Bezirksamt Hilpoltstein ein; im kommenden Frühjahr sollte mit dem Bau begonnen werden.

Es wartete aber noch eine weitere Hürde: das Gutachten des Landbauamtes Eichstätt, das auch für die Denkmalpflege zuständig war. Bezüglich des Altertumswertes der ausgedienten Kapelle hatte Pfarrer Maier bereits vorgebaut. Während seines zwölfjährigen Hierseins, so der Pfarrer in einem Schreiben an das Bezirksamt, habe schon mancher Kunstverständige die Kapelle besucht, ohne ihr irgendwelchen Kunst- oder Altertumswert zuzuerkennen. „Konservator Mader in München, der vor ca. 5 Jahren hier war, bezeichnete sie als ‚Backofen’.“

Das Landbauamt dachte etwas anders. Nach ihm besaß „das ehrwürdige, bescheidene Wegkapellchen“ sehr wohl einen Altertumswert, was „durch ihre aesthetische Gestalt, wie sie nun seit 200 Jahren besteht“, zum Ausdruck komme. Unmissverständlich bestand man zumindest auf die Erhaltung des heimischen Legeschieferdaches.

Ein herber Rückschlag für Pfarrer Maier, für den fast eine Welt zusammenbrach. Bei Beibehaltung des geforderten Legeschieferdaches sehe er sich gezwungen, das Bauvorhaben zurückzuziehen. Die Leute im Dorf, die nur diesen Plan kennen und vor Begeisterung zu großzügigen Spenden angeregt wurden, hätten bei einer Kapelle, in der Gottesdienst gehalten werde, kein Verständnis für ein Dach, „wie es jedes Haus und jeder Stadel trage“.

Der Ausgang der Geschichte: Laut Abschlussbericht von Landbaumeister Schindhelm wurde „der Plan nicht eingehalten“, vor allem bezüglich des „steilen“ Ziegeldaches.

Das Bezirksamt wollte eine Begründung. Doch in Erkertshofen ließ man sich Zeit. Am 18. April 1915 besichtigte dann anlässlich eines Amtstages in Titting der Bezirksamtmann persönlich das Corpus Delicti und kam zu dem Ergebnis: „Die Kapelle ist geschmackvoll ausgeführt und bietet am Waldrand zwischen den alten Linden ein reizvolles Bild. Die Planabweichungen sind sogar vorteilhaft.“

Damit war die Sache erledigt. Man hatte mittlerweile andere Sorgen. Der Große Krieg war in vollem Gange und brachte manche Ernüchterungen.

Die Erkertshofener wurden aber im Jahre 1914 mit zwei Segnungen bedacht: mit hygienisch einwandfreiem Wasser aus der Leitung und mit einer schmucken Antoniuskapelle.

Konrad Kögler