Eichstätt
Emotionen aus zwei Jahrhunderten

Liederabend mit der Mezzosopranistin Merit Ostermann im Holzersaal der Sommerresidenz: Werke von 1840 und 1940

22.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr
So wird der Liederabend zum Vergnügen: Im Holzersaal präsentierten die Mezzosopranistin Merit Ostermann und Uwe Sochaczewsky am Klavier Werke von Robert Schumann und Francis Poulenc. Sochaczewsky, der als Dozent für Musikwissenschaft an der Katholischen Universität arbeitet, kennt die Münchener Mezzosopranistin aus ihrer gemeinsamen Zeit am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden. −Foto: Poese

Eichstätt (EK) Ein Liederabend kann eine besonders intensive Form des Musikgenusses sein - wenn man ihn so dargeboten bekommt wie am Dienstagabend im Holzersaal der Eichstätter Sommerresidenz. Zu Gast war die Münchener Mezzosopranistin Merit Ostermann.

Kunstlieder sind nicht alle Tage zu hören - auch in Eichstätt steht diese Musikgattung nicht allzu häufig auf Konzertprogrammen. In der Epoche der Romantik war diese Form der Komposition populär. Der Abend versetzte das Publikum - das leider nur aus knapp 25 Interessierten bestand - zurück in diese Zeit. Das war nicht nur dem KU- Musikwissenschaftsdozenten Uwe Sochaczewsky am Klavier und der Mezzosopranistin Merit Ostermann zu verdanken, sondern auch der Mutter der Sängerin: Die Schauspielerin Henny Lock-Ostermann (kleines Bild) lieferte in ihren Moderationen den nötigen Hintergrund.

So erfuhr man, dass der Liederkreis op. 39 von Robert Schumann, den er 1840 schrieb, sehr von seinem damaligen Herzeleid geprägt war: Er hatte sich in Clara Wieck, die Tochter seines Klavierlehrers verliebt und versuchte nun gegen den Willen des Vaters eine Ehe mit ihr durchzusetzen. Daraus entstanden ein paar interessante Details: Im Lied "Mondnacht" ist in einer Textzeile von einem Kuss die Rede - dort wählte der Komponist just die Töne e, h und e. Und als ein Gericht die Vermählung mit Clara Wieck für rechtens erklärte, bekam der Liederkreis noch einen triumphalen Schluss verpasst. Die letzte Zeile lautet: "Sie ist dein, sie ist dein."

Auch über den Schöpfer der Texte Joseph von Eichendorff und seine eindrückliche Art der Naturbeschreibung erfuhren die Zuhörer einiges. Das half dabei, sich in die Musik zu vertiefen. Wenn Merit Ostermann im Lied "Zwielicht" von einer schaurigen Stimmung im Wald sang, konnte man sich mit dem Vorwissen aus der Moderation sehr darüber freuen, wie sorgfältig sie und ihr Klavierbegleiter den Charakter des Textes in Musik übersetzten.

Sehr berührend gestalteten die beiden auch das bekannte Stück "Mondnacht". Die Vorzüge eines Liederabends konnte man hier gut nachvollziehen. In der Zeile "Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus" hat der Komponist beim Wort Seele einen wunderbar emotionalen Schlenker eingebaut. In der Akustik des Holzersaals, die die Stimme so schön trägt, kam diese Stelle deutlich heraus und man konnte sich angesichts Merit Ostermanns Interpretation einen wohligen Schauer den Rücken hinunter laufen lassen. Die Mezzosopranistin machte den Liederabend zum Vergnügen, weil sie die verschiedenen Emotionen der Stücke so eindrucksvoll ausdeutete.

Henny Lock-Ostermann erwies dem Publikum noch einmal einen großen Dienst, indem sie die deutsche Übersetzung von Gedichten des französischen Schriftstellers Guillaume Apollinaire vortrug. Zu diesen Texten hatte Francis Poulenc seinen Liederzyklus "Banalités" im Jahr 1940 komponiert. Dank der Hilfe wusste man, dass das dichterische Ich in "Hotêl" darüber philosophiert, dass es besser ist zu rauchen als zu arbeiten. So verstand man zum Beispiel, was Merit Ostermann sagen wollte, als sie die Zeile "je veux fumer" in gespielter Nachlässigkeit hinhauchte.

Dass der Mezzosopranistin, die sonst im Chor des Bayerischen Rundfunks singt, die Liedinterpretation ein großes Anliegen ist, wie man in ihrem Lebenslauf lesen kann, das glaubt man ihr nach diesem Abend.