Eine
Heuschrecke ante Portas

28.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Eine Bedrohung ohnegleichen lauert vor den Toren der Stadt. Nicht einmal der Anmarsch von 12 000 Franzosen anno 1796 hat soviel Panik unter den braven Bürgern hervorgerufen. Genauer gesagt unter einer besonderen Spezies Bürger, den Einzelhändlern der Innenstadt.

Bei ihnen herrscht Zähneklappern, wenn sie nur das entsetzliche K-Wort vernehmen: K für Kaufland, das sich in der Sollnau breitmachen will.

Mit den Franzosen haben die Ahnen der heutigen Krämer wenigstens noch gute Geschäfte tätigen können: Die Franzmänner brauchten Fourage, also was zum Mampfen, Branntwein und vielleicht ein Binokel, damit sie meine Geschütze besser erkennen konnten. Aber das Kaufland braucht das alles nicht, das Kaufland hat das alles selber und will es unters Volk bringen.

Deshalb werden wenige Wochen nach der Eröffnung des neuen Konsumtempels die einstmals glitzernden Schaufenster der City mit ihrem verlockenden Angebot schwarz überpinselt sein und der Wind wird Dornenbüsche durch die verwaisten Gassen treiben. Höchstens wenige Dutzend Bäckereien werden sich halten können.

Zwar stemmen sich die tapferen Pro-Eichstätt-Streiter gegen die dräuende Gefahr, schreiben Brandbriefe, beschwören den OB, den grundschlechten Kaufland-Heuschrecken das Überschreiten der Stadtgrenzen allerstrengstens zu verbieten, und appellieren an den Heimatsinn der Stadträte. Aber das hat seinerzeit schon bei der Westpark-Erweiterung nicht geklappt. Auch bei mir haben Olli Haugg und Konsorten angefragt und um ein paar Ofenrohre gebeten. Aber imitierte Kanonen nutzen nichts bei den modernen Raubrittern. Abhilfe schafft nur ein ausgeklügelter Gegenangriff. Gut, dass es in unseren Mauern einen meisterhaften Strategen gibt – mich. Zunächst müssen die Handelsherren den Stadtbaumeister auf ihre Seite ziehen: Bis er die Sache mit dem Brandschutz geklärt hat, dürfte noch viel Wasser die Altmühl herabfließen. Die so gewonnene Zeit müssen wir nutzen und das Zentrum attraktiver und sympathischer gestalten. Mit anderen Worten: Wir brauchen mehr Abstellflächen für Automobile. Mit der Reaktivierung der Stoelzlparkplätze ist es nicht getan. Marktplatz, Domplatz und Residenzplatz müssen zu einem zugeteerten Mekka für den ruhenden Verkehr werden. Dass die Kirschbäume vor dem Dom weichen müssen, versteht sich von selbst. Parken direkt vor der Ladentüre hat oberste Priorität und daher gehören die konsumhemmenden Fußgängerzonen schleunigst abgeschafft, ebenso das vertrackte Einbahnstraßensystem. Freie Fahrt in jede Richtung, sage ich. Und wenn noch hammermäßige Rabattaktionen draufkommen, wie „Jeder Haferlschuhträger bekommt einen Schnürsenkel gratis“, dann strömt die Kundschaft in die Innenstadt und das Kaufland ist ausgetrocknet. An den Details müssen wir zwar noch feilen, aber der nächste Strategiegipfel steht bereits fest – wir treffen uns in unserem Hauptquartier im Westpark.

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach