Eichstätt
Tintenfisch zur Jugendweihe

Ein Teenager aus Pankow hat im Blumenberger Besuchersteinbruch einen Volltreffer gelandet

21.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Ein wertvoller Sitzplatz: Niclas Rohr (14) und sein Vater Rainer haben fürs Foto auf der dicken Steinplatte mit dem Tintenfisch Platz genommen. Der Laie sieht bis auf eine sanfte Wölbung nichts vom Fossil. Jetzt ist der Präparator dran. - Fotos: Auer

Eichstätt/Blumenberg (EK) Finderglück am Blumenberg: Ein Junge aus Berlin hat im Besuchersteinbruch einen Volltreffer gelandet. Er fand einen etwa einen Meter großen Tintenfisch. Niclas Rohr (14) war mit seinem Vater in den Ferien ganz gezielt zum Fossiliensuchen ins Altmühltal gekommen

Der 14-Jährige aus Berlin-Pankow ist schon seit frühester Kindheit Fossilien-Fan. "Der bückt sich nach jedem Stein", erzählt sein Vater Rainer Rohr (49) stolz. Sie hielten in der Vergangenheit schon an der Ostsee nach Versteinerungen Ausschau oder auch im Kalksteinbruch von Rüdersdorf bei Berlin. Schon prima, doch doch, aber Eichstätt und das Altmühltal sind natürlich das Nonplusultra. Seit Familie Rohr vor einigen Jahren am Ende einer Urlaubsreise an der Autobahnausfahrt Altmühltal den Blinker setzte und den Fossiliensteinbruch am Blumenberg besuchte, ist für Niclas klar, wo das deutsche Urzeit-Eldorado liegt. Er hat schon bei einem früheren Besuch einen Tintenfisch gefunden, 30 Zentimeter lang, und auch in diesem Sommer wollte Niclas ganz gezielt wieder nach Eichstätt. Vater und Sohn haben sich seit Sonntag in einer Ferienwohnung in Rebdorf einquartiert. Die Reise, eine Woche Eichstätter Steinbruch, hat sich Niclas als Geschenk zu seiner "Jugendweihe" gewünscht, in Berlin-Pankow, im ehemaligen Ostteil der Stadt, ist die Jugendweihe ein großes Ding.

Und der 14-Jährige hatte dieses Mal von Anfang an einen "Riecher". Er suchte sich ganz gezielt einen Platz im oberen Bereich des riesigen Besuchersteinbruchs direkt neben dem Kinderdorf Marienstein aus und buddelte dort los. "Ich habe die oberste Lage runtergenommen, und dann kam auch schon eine Beule im Stein zum Vorschein. Mein Papa hat gesagt, das ist nichts, aber ich habe ihn zum Glück überzeugt", erzählt Niclas. Die "Beule", die Auswölbung im Stein, verdeckte einen riesigen Tintenfisch. "Er liegt komplett drin", erzählt Niclas. "Jetzt lassen wir ihn präparieren, und dann hängen wir ihn zu Hause an die Wand."

Der Wert des Fossils ist übrigens trotz seiner Seltenheit im Rahmen: Auf jeden Fall mehr als 1000 Euro, schätzt Fossilienexperte Georg Bergér vom Museum am Harthof, das den Steinbruch betreibt. Gleichzeitig aber liegt das Stück eindeutig unter der "magischen Marke" von 5000 Euro. Alles, was unter 5000 Euro liegt, bleibt ganz unbürokratisch beim Finder; teurere Stücke müssen zwischen Landkreis und Finder aufgeteilt werden: Es ist Verhandlungssache, wer wen auszahlt. Das letzte richtig große Stück, ein Fischsaurier "Ichthyosaurus", wurde vor sechs Jahren gefunden, der Landkreis kaufte dem Finder damals "seinen" Teil ab und das gute Stück landete im Jura-Museum auf der Willibaldsburg.

Der Landkreis kommt ins Spiel, weil er Eigentümer des Steinbruchgeländes ist. Der Landkreis hat damit eine der touristischen Hauptattraktionen im Naturpark Altmühltal geschaffen. Prompt wurde deshalb auch Naturpark-Geschäftsführer Christoph Würflein über den Fund informiert. Und auch Georg Bergér eilte herbei und freute sich mit dem jungen Finder. "Ganz große Sachen sind extrem selten zu finden", sagt Bergér. Und wieso weiß er, dass es sich um einen Tintenfisch handelt? "Der Tintenfisch-Schulp hat rausgeschaut." Der Fund ist natürlich Werbung für den Besuchersteinbruch, und zugleich fürs nur ein paar 100 Meter entfernte Fossilienmuseum, die Hand in Hand als "Gesamtkonzept" betrieben werden, wie Bergér erklärt. Im Idealfall machen die Fossilien-Freunde eine Werksführung im Natursteinbetrieb Bergér, besuchen dann das Museum, erhalten eine umfassende "Gebrauchsanweisung zum Fossilienklopfen" und brechen dann erst in den Steinbruch auf. Doch leider: Dieses Gesamtpaket zur Vorab-Information wird "ein bisschen zu wenig" genutzt, wie Georg Bergér bedauert.

Niclas Rohr jedenfalls ist überglücklich: "Ein cooler Urlaub, das hat sich gelohnt!" Wobei "cool" beim besten Willen nicht wörtlich zu nehmen ist: Im Steinbruch-Kessel hatte es in den vergangenen Tagen 40 Grad. Da halfen auch ein paar kleine Schöller-Eis-Sonnenschirme nicht viel. Aber bei vielen Fossiliensuchern setzt das Jagdfieber offenbar beträchtliche Leidensbereitschaft frei, denn das Schürfen nach Fossilien ist echte Schwerstarbeit. Das gilt bei Rohrs Tintenfisch ganz besonders: Auf 700 Kilo schätzt Vater Rainer das Gewicht der Kalkplatte, in der das Urzeitvieh steckt. Um die Platte in die richtige Form zu bringen, musste der Vater erst einmal runter in die Stadt, um sich eine Flex zu leihen. Thomas Streb vom Landratsamt gab anschließend grünes Licht dafür, dass ein Bagger quer durchs Steinbruchareal fahren durfte, um die Platte im Ganzen zu bergen und auch gleich ins Tal hinab, zur Ferienwohnung der Familie, zu bringen. Da liegt sie nun, in Blickweite zur Willibaldsburg, und harrt des Präparators. Bezahlen wird den kein anderer als der stolze Finder Niclas: "Da stecke ich mein Jugendweihe-Geld rein."