Eichstätt
"Die Scheiben haben gewackelt"

Anwohner der Baustelle in der Spitalstadt fürchten Schäden für ihr Haus

20.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:55 Uhr
Den Tiefbauer Daniel Henning stört der Krach am Tiefbauspezialgerät nicht; die Anwohner der Baustelle schon. −Foto: Brenner

Eichstätt (EK) „Rums“ – Mit einem großen Knall fällt das Gewicht des Tiefbauspezialgeräts acht Meter in die Tiefe. Der Boden vibriert, die Ohren dröhnen. Jeder Schlag hallt im Kopf nach, für etwa drei Sekunden, dann kommt der nächste Schlag.

In der Kabine des Tiefbauspezialgeräts in der Spitalstadt sitzt Daniel Henning, ohne Ohrenschützer, und lächelt. Nein, das sei doch nicht besonders laut, lacht er, während einen halben Meter neben ihm – „Rums“– die Erde wieder erbebt. Dem 29-jährigen Spezialtiefbauer macht die Arbeit Spaß, denn wenn man die Tür zumache, könne man zum Beispiel Radio hören. „Das ist entspanntes Arbeiten“, sagt Henning.

Henning ist dafür zuständig, das Gerät „wie ein Pilot“ zu kontrollieren. 360 Pfähle will die Firma Martin Meier dort insgesamt in den Boden rammen, bisher wurden 180 eingebaut. Die Pfähle sollen die Wohn- und Geschäftsgebäude tragen, die auf den Baufeldern in der Spitalstadt entstehen. Der Pfahl ist dann fertig, wenn man auf tragfähigen Boden stößt. Je mehr Schläge für einen Meter benötigt werden, desto tragfähiger der Boden. Er selbst habe die Maschine mit entwickelt, erzählt Henning. Seit fünf Jahren mache er nun diesen Job, die Bezahlung sei gut, die Arbeit mache Spaß.

Weniger Spaß haben die Anwohner. „Am Anfang dachte ich, jemand schlägt mit dem Vorschlaghammer gegen die Wand über mir“, erklärt Hubert Klotzeck, der eine Galerie in der Nähe der Spitalstadt betreibt. Er habe sogar überlegt, die Galerie für den Zeitraum der Bauarbeiten zu schließen. Auch arbeiten kann der Vertriebsleiter nicht mehr konzentriert in seinen angemieteten Räumen. Schlimm sei nicht so sehr der Schlag an sich, sondern das darauf folgende Scheppern, das von den Erschütterungen komme. Als das Gerät noch näher war, sei es besonders schlimm gewesen: „Die Scheiben haben gewackelt“, so Klotzeck.

Die Erschütterungen gehen nicht über die Grenzen der Baustelle hinaus, sagt dagegen Anna-Maria Meier von der Firma Martin Meier. Die Firma hätte eine Erschütterungsmessung bei einer unabhängigen Firma in Auftrag gegeben, die dies ergeben habe.

Klotzeck überzeugt das nicht. Beeindruckt habe ihn, so Klotzeck, vor allem, wo in der Stadt die Auswirkungen der Baustelle noch spürbar seien. Am Kiosk auf der anderen Seite der Altmühl habe er die Schläge wahrgenommen, und Bekannte von ihm, die am Friedhof wohnten, hätten wegen des Lärms die Handwerker kommen lassen. Sie hätten geglaubt, an ihrer Heizung sei etwas kaputt. „Es ist schon erstaunlich, dass ein privates Unternehmen über Monate hinweg eine Stadt mit Lärm belästigen darf“ , so Klotzeck. Es habe ihn auch gewundert, dass die Anwohner so wenig in das Bauvorhaben einbezogen worden seien. Es hätten zum Beispiel keine Gespräche stattgefunden.

Die Besitzerin eines Miethauses in direkter Nähe der Baustelle, Monika Müller (Name geändert), will lieber anonym in der Zeitung erscheinen. Müller hat Angst, dass ihr Haus von den Erschütterungen beschädigt worden sein könnte. Das Haus sei 500 bis 600 Jahre alt, da könne es Risse geben. Sie wisse, dass die Schäden sich manchmal erst später bemerkbar machen. Die Erschütterungen während der Bauarbeiten seien zeitweise enorm gewesen: „Die Gläser haben gewackelt“, berichtet Müller. Sie habe sich bereits mit dem Bauherrn in Verbindung gesetzt, und dieser habe ihr versichert, einen Statiker vorbeizuschicken, der das Haus nach Schäden absuchen wird.

Bei der Firma Martin Meier bestreitet man dies. Kein Statiker oder Gutachter sei für das Haus irgendeines Anwohners beauftragt worden, auch eine Übereinkunft habe es nicht gegeben, sagt Anna-Maria Meier. Josef Dengler vom Stadtbauamt sagt, bei ihm hätten sich ein oder zwei Personen wegen des Lärms beschwert. Um Schäden an den Häusern sei es jedoch nicht gegangen.