Eichstätt
Zehmens Einsatz für die Jugend

Claudia Grund erläuterte beim "Geistigen Mittagstisch" die Anfänge der kirchlichen Schulen in Eichstätt

25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

in der "Höheren Töchterschule" Maria Ward erhielten Mädchen in Eichstätt erstmals eine angemessene gymnasiale Bildung.

Eichstätt (EK) Heute hat Eichstätt Grundschulen, eine Mittelschule, Realschulen, Gymnasien, berufsbildende Schulen, eine Förderschule und die Katholische Universität. Die Anfänge der Eichstätter Schulen erläuterte Kunsthistorikerin Claudia Grund beim "Geistigen Mittagstisch" am Mittwoch.

Rund 20 interessierte Eichstätter waren gekommen, um ihren Ausführungen im Willibaldschor des Doms zu lauschen.

Lange Zeit lag das Schulwesen in den Händen der Kirche und Klöster. Erst 1802 setzte Bayern eine allgemeine gesetzliche Schulplicht ein. Eine Notwendigkeit, denn das bisherige kirchliche System war durch die Säkularisation um 1800 nahezu zerstört worden.

Davor gab es vor allem "Hecken- und Winkelschulen", wie Claudia Grund sie nennt. Der Besuch war freiwillig, abhängig einerseits davon, ob es sich die Eltern leisten konnten, ihre Kinder zur Schule zu schicken; andererseits mussten die Kinder oft im Haushalt oder auf dem Hof mithelfen. Lehrer waren zudem schlecht ausgebildet und bezahlt.

Seinen Anfang nahm das Schulwesen in Eichstätt bereits bei den Karolingern im 8. Jahrhundert mit der Domschule. Das Ziel war vor allem die Ausbildung des Priesternachwuchses. Ihren Höhepunkt hatte die Schule im 11. Jahrhundert unter Kaiser Heinrich III. (1039-1056), als 14 ehemalige Eichstätter Domherren auf Bischofsstühlen in Deutschland und Italien saßen. Dennoch nahm die Schule auch Laien auf, meist Adelige und wohlhabende Bürger. Ab dem 12. Jahrhundert verlagerten sich die höheren Studien zunehmend auf die aufkommenden Universitäten, vor allem die 1472 gegründete Universität in Ingolstadt, und die Domschule verlor an Bedeutung.

Diese frühe Schule war Knaben vorbehalten; Mädchen konnten nur an Bildung kommen, wenn sie ins Kloster gingen. Erst 1711 gründete Fürstbischof Johann Anton I. Knebel von Katzenelnbogen in Eichstätt eine Niederlassung der Mainzer Kongregation Notre Dame. Diese gehörte zum Orden der Chorfrauen des Heiligen Augustinus, der unentgeltliche Unterricht junger Frauen war in den Ordensvorschriften verankert. Ziel war jedoch immer noch das "brave Hausmütterchen". Notre Dame hatte zwei getrennte Schulen: eine innere kostgeldpflichtige für Mädchen aus adeligen oder wohlhabenden Familien und eine äußere kostenlose, frei für alle Mädchen der Stadt. Bereits im Jahr der Gründung besuchen 35 Mädchen den Unterricht.

Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Schulwesens in Eichstätt nimmt Fürstbischof Johann Anton III. von Zehmen ein. Bei seiner Wahl 1781 galt er als "wachsweich, als willfähriger Kandidat des Domkapitels", sagt Claudia Grund, weshalb er beim Volk sehr unbeliebt gewesen sei. "Er entwickelte sich jedoch schnell zu einer sehr energischen Persönlichkeit im Sinne der Aufklärung." Zehmen habe die "Erziehung der Jugend zur besonderen Landesanliegenheit" erhoben: Er berief eine Kommission für Aufrechterhaltung der Schulordnung ein und schickte zwei junge Priester nach Wien, damit sie die sogenannte Normalmethode als neue Unterrichtsform lernten. "Unter dem Zusammenunterrichten versteht man nichts Anders, als dass die Schüler nicht einzeln, wie es vorher gewöhnlich war, sondern alle zusammen, auf einmal und zu gleicher Zeit vorgenommen werden", schreibt Abt Johann Ignaz von Felbiger, seit 1774 Generaldirektor des Schulwesens in Wien, in seinem Methodenbuch.

Zehmen übertrug die Leitung des hochstiftischen Schulwesens dem Priester Johann Baptist Paur, der 1785 eine Eichstätter Schulordnung entwarf: Anstelle eines bloßen Auswendiglernens soll eine Anleitung zum Nachdenken treten. Ein sehr moderner Ansatz, "was sich selbst in unserer Zeit nicht durchgesetzt hat", merkt Claudia Grund an. Seit 1787 bemühte sich Zehmen um die Verbreitung der Normalschule, die etwa der Realschule entsprach.

Bischof Freiherr von Leonrod berief 1869 die Englischen Fräulein, 1606 von der Engländerin Mary Ward gegründet, nach Eichstätt, mit dem Ziel, eine adäquate gymnasiale Ausbildung für Mädchen anzubieten. Während der NS-Zeit sollte das Institutsgebäude 1940 enteignet werden, Eichstätter Bürger konnten jedoch durchsetzen, dass stattdessen dort ein Hilfslazarett untergebracht wurde. Den Betrieb nahm die Schule am 19. Februar 1946 wieder auf. 2014 wurden die Mädchenrealschule Maria Ward und die Knabenrealschule Rebdorf an einem Standort zusammengeführt, jedoch weiter unter getrennter Leitung.

Die gymnasiale Bildung begann 1614 mit einer Niederlassung des Jesuitenordens: Dort erfuhren die Schüler eine sechsjährige philologische Ausbildung in klassischen gymnasialen Fächern, weitgehend gebührenfrei. Mit der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 blieb die Schule zunächst in bischöflicher Hand, ging nach der Säkularisation aber in Königlich-Bayerische Herrschaft über. Das Gabrieli-Gymnasium geht bis auf die Gründung des Dominikanerklosters 1271 zurück. Bereits früh wurde dort eine Klosterschule eingerichtet; den Anfangs- und Elementarunterricht durften auch Stadtschüler besuchen. Nach der Säkularisation wurde das Kloster geschlossen und 1832 vom bayerischen Staat erworben. Nur zwei Jahre später wurde ein Lehrerseminar gegründet und 1880 in eine Lehrerbildungsanstalt umgewandelt. Der Wandel zum allgemeinbildenden Gymnasium war erst 1956 abgeschlossen.