Eichstätt
Zahl "Unbegleiteter" steigt

Eichstätter Jugendamt braucht mehr Mitarbeiter

01.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

Seit Januar 2015 leben in Kösching neun unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in einer Wohngruppe. Das Esszimmer ist deren Zentrum, dort wird beispielsweise auch gespielt. - Foto: akd

Eichstätt (smo) 47 – 86 – 124: Keine verqueren Modelmaße, sondern die Zahl jugendlicher Flüchtlinge im Landkreis Eichstätt im Juni, heute und (nach aktuellem Stand) Ende des Jahres. Die Zahl steigt kontinuierlich – und damit auch die der Mitarbeiter im Jugendamt und den Betreuungseinrichtungen.

Am heutigen Mittwoch werden dem Landkreis 15 weitere jugendliche Flüchtlinge im Rahmen des Notfallplans zugewiesen. Sie ziehen in die ehemalige Berufsschule an der Gemmingenstraße ein. Im Zwei-Wochen-Takt sollen dann jeweils weitere zehn ankommen. Rechnet man diejenigen weg, die in dieser Zeit volljährig werden, muss der Landkreis bis Ende des Jahres – laut aktueller Prognose – 124 Jugendliche aufnehmen. Sie wollen untergebracht und versorgt werden, brauchen einen Vormund.

Derzeit hat das Jugendamt, in dessen Zuständigkeit sie fallen, in Eichstätt 71 jugendliche Flüchtlinge – im Amtsdeutsch heißen sie bekanntlich „unbegleitete Minderjährige“ – und in Kösching neun untergebracht. Ende Oktober sollen 26 in Gaimersheim in einen Wohncontainer auf dem alten Ziegeleigelände hinter dem Netto-Markt in Gaimersheim einziehen. Bis Dezember entsteht – wie berichtet – eine weitere Anlage in Beilngries. Und Jugendamtsleiter Siegmund Hammel ist immer an weiteren Unterkünften dran: „Wir müssen vorbereitet sein.“

Aber nicht nur die Wohnmöglichkeit für die jugendlichen Flüchtlinge, die größtenteils aus Ländern wie Syrien, Eritrea oder Afghanistan kommen, bereiten Jugendamtsleiter Siegmund Hammel leichte Bauchschmerzen. Es ist auch die Personalsituation: Das Jugendamt muss sich um die Vormundschaft der Flüchtlinge kümmern. Zum 1. Juni hat Hammel, dessen Amt bekanntlich erst vor wenigen Monaten begonnen hat, massive Personalengpässe abzubauen, eine neue Mitarbeiterin eingestellt. Im Oktober soll eine weitere folgen. Und für das kommende Jahr hat er, wie er gegenüber unserer Zeitung erklärt, beim Kreiskämmerer bereits eine weitere Vormundschaftsstelle angemeldet.

Auf einen Vormund kommen in der Regel zwischen 25 und 30 Mündel. „Mit drei auf Flüchtlinge spezialisierten Vormündern müssten wir hinkommen“, zeigt sich Hammel zuversichtlich. Vorbehaltlich, die Prognose wird nicht noch einmal angehoben.

Andere Wege, wie sie beispielsweise der Landkreis Weißenburg geht (siehe eigenen Bericht), will er momentan nicht beschreiten. Zumal es derzeit noch möglich ist, Personal auf dem Arbeitsmarkt zu rekrutieren. In sozialen Berufen ist es dort ja bekanntlich immer knapp.

Diese Erfahrung macht derzeit auch Stephan Reinfurt von der Firma Ambuflex. Reinfurt hat die Betreuung der jugendlichen Flüchtlinge in Eichstätt übernommen, in Kösching (wie auch an den neuen Standorten in Gaimersheim und Beilngries) macht das die Praxis des Großmehringer Psychologen Andreas Rölz. „Der Markt ist leer gefegt“, sagt Reinfurt auf Anfrage unserer Zeitung. Wenn Bewerbungen kommen, dann trudeln sie aus ganz Deutschland ein. In Eichstätt, wo seine Firma mit 16 Vollzeitplanstellen vertreten ist, habe man – was auch Siegmund Hammel betont – noch den Vorteil der Universitätsabgänger. Aber alles in allem sei es „wahnsinnig schwierig“, Fachpersonal für die Arbeit mit unbegleiteten Minderjährigen zu gewinnen.