Eichstätt
Wortwitz: "Lyrik ist schwyrig"

18.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:24 Uhr

Einen unterhaltsamen und ziemlich schrägen Abend gestalteten Rosenmüller (links) und Zinner im Gutmann. - Foto: buk

Eichstätt (EK) Man kennt ihn als Kult-Regisseur der schrägen Komödie "Wer früher stirbt, ist länger tot", der Kassen-Knüller von 2006. Doch die Kunst des Kabaretts ist ihm auch vertraut: Seit seiner Jugend verfasst Marcus H. Rosenmüller Gedichte und Lieder.

Ähnlich multitalentiert als Musiker, Kabarettist und Schauspieler (seit 2004 etwa als Minister Söder im Singspiel beim Starkbieranstrich am Nockherberg) ist Stephan Zinner. Nun konnte man beide bei einem kabarettistischen Gastspiel im Wirtshaus Zum Gutmann erleben.

Das Programm der beiden beinhaltet zum einen Songs, wobei sich Zinner auf der Gitarre begleitet – zu Beginn mit einer Widmung an den Winter im sommerlichen Reggae-Sound. Zitiert werden zum zweiten aber auch Texte von Tucholsky, Robert Gernhardt und Eugen Roth; auch Zeitgenossen wie Albert Ostermeier und Max Goldt ("Liebe ist, wenn es Landliebe ist") kommen zu Wort – selbst wenn sie nur Geräusche von sich geben wie Mario Adorf, dessen "Aufmerksamkeits-Räusperer" leicht boshaft parodiert wird.

Rosenmüller trägt eigene Gedichte vor, die durch schräge Reime und skurrile Inhalte gefallen: "Muss der Reim denn immer sein / Kann man sich nicht vom Reim befrei’n? / Sakradi, mir fallt nix ein", reimt er, um programmatisch hinzuzufügen: "Lyrik ist schwyrig!". Anschließend straft er sich selbst Lügen, wenn ihm Reime glücken, die einem Poeten wie Peter Rühmkorff zur Ehre gereichen hätten. Da erklingt eine schüttelgereimte Hommage ans katholische Eichstätt: "Mir ist eine dralle Kathe lieber als eine Kathedrale…", bekennt der Dichter und fügt hinzu: "Ich bin ein Rädchen im Getriebe, obwohl ich‘s lieber mit einem Mädchen triebe." Originalität ist Trumpf: "Andre Rieu" reimt sich auf "Diarrhoe", "Hummeln" ganz traditionell auf "bummeln" und "schummeln".

Großen Unterhaltungswert erlangt das Duo durch Wortwitz. Da wird Cyrano de Bergerac zum "Nasenmäher-Mann", es ertönen Limericks, wobei Rosenmüller deren Machart und Reimschema erklärt, das Programm sprüht vor Skurrilitäten – wenn ein hungriger Angler an das Brot am eigenen Köder anbeißt, oder von der Spucke der Angebeteten die Rede ist, die "brombeermarmeladen schmeckt". Ein Spruch lautet: "In Leben nie aufgeben, und wenn. . . – dann doch!" "Rosi", dessen Physiognomie frappierend an den jungen Ransmayr erinnert, bestreitet kurioserweise den ganzen Abend in Socken, seine Schuhe stehen in der Garderobe. Running Gags liefern Lehrer in der erste Reihe, die gezielt angesprochen werden – und bei denen sich Rosenmüller darauf verlassen kann, einen Stift geliehen zu bekommen, denn er will seinerseits eine Kritik über das Publikum schreiben. Es geht um Rosenmüllers Heimat Hausham ("Da gab’s Bananen erst zehn Jahre nach der Wende"), von der der Regisseur das "H." in seinem Namen ableitet. Sein Vater war dort SPDler und Löwenfan – "der hatte keinen einzigen schönen Tag im Jahr". Auch Zinner ergänzt (scheinbar) Biographisches: "Meine Frau ist Ärztin, da hat man‘s nicht leicht, bei der geht eine Verletzung erst ab einem Liter Blutverlust an – alles andere ist Pille-Palle."

Mit Verlaub darf freilich auch angemerkt werden, dass manche Pointe etwas tief unter der Gürtellinie im trüben Bereich der Herrenwitze liegt. Mehrfach kommentiert Rosenmüller dann, "das Niveau gleich wieder zu heben" (da geht’s ums "Nasebohren" und "Bohrungen" andernorts), aber immer wieder bricht er das Versprechen. Sei’s drum, das Gutmann-Publikum fand Gefallen daran. Wobei unter den Zuschauern übrigens Günter Grünwald saß – so dass man Rosenmüller und Zinner demnächst wohl in der "Freitags-Comedy" zu sehen bekommen dürfte. Am Schluss gab es zwei Zugaben. Im Fall Rosenmüllers natürlich auf Strümpfen.