Eichstätt
"Wir gehören zu dieser Gesellschaft"

Beim türkisch-islamischen Kulturverein herrscht Unverständnis über Seehofers Islam-Aussage

21.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Fühlen sich zugehörig zu Deutschland: Teilnehmer der Billardrunde beim türkisch-islamischen Kulturverein in Eichstätt. - Foto: Bauer

Eichstätt (EK) Von der am vergangenen Freitag öffentlich gewordenen Aussage des neuen Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU), der Islam gehöre nicht zu Deutschland, fühlen sich auch die Deutschtürken im Lokal des türkisch-islamischen Kulturvereins persönlich getroffen. Wir haben sie dort besucht.

Levent Cebe (38), Industriekaufmann, ist in Ingolstadt geboren und lebt hier gerne. Er ist voll integriert, hat viele deutsche Freunde, arbeitet in einem deutschen Unternehmen und zahlt dem deutschen Staat Steuern. Cebe fühlt sich mit seiner Frau und den zwei Kindern hier zu Hause. Die meiste Zeit seines Lebens verbringt er in Deutschland, nur gelegentlich macht er Urlaub in der Türkei. Er meint: "Die Freiheit der Religionen, die freie Religionsausübung aller Religionen sollte gewährleistet sein. Wir sollten die Glaubensüberzeugung eines jeden Menschen akzeptieren." Cebe hofft auf eine bessere Welt: "Wir alle leben in einer Welt. Wenn alle zusammenhalten, wäre die Welt schöner." Und er erinnert an ein Sprichwort: "Wenn jemand mit der Waffe auf dich losgeht, dann werfe ihm eine Rose entgegen."

Hakan Etli (47), Industriemechaniker aus Schernfeld, ist in Deutschland aufgewachsen und hat hier seine Kindheit verbracht, die Schulzeit und Ausbildung durchlaufen und arbeitet hier. Er ist gerne in Deutschland, vergleicht die verschiedenen Kulturen und schätzt das Gute, das in ihnen steckt. Die Äußerung Seehofers versteht er nicht: "Warum sagt er, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört? Wir sind hier und wir gehören zusammen. Acht Millionen Türken muslimischen Glaubens leben hier, viele haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Wir gehören zu dieser Gesellschaft. Wir, die Christen und Muslime, sind eine Gemeinschaft und wir packen gemeinsam an." Man könne, so Etli, Religion und Menschen nicht trennen. In der Aussage von Seehofer sieht er eine Provokation, das gehöre sich nicht. Und er fragt: "Warum sagt er das, was will er bezwecken" Honigmelonen gehörten auch nicht nach Deutschland. Sie seien trotzdem hier und werden viel gekauft.

Hamit Dilaver (51), Kaufmann aus Eichstätt, verweist auf die Religionsfreiheit, die im Grundgesetz garantiert ist. Das passt seiner Meinung nach nicht mit der Aussage des Bundesinnenministers zusammen. Er habe schon mit vielen Deutschen darüber gesprochen. Auch sie finden die Aussage Seehofers unlogisch wie er: "Wir sind Teil der deutschen Gesellschaft. Welchem Glauben die Menschen angehören, in welcher Kultur sie leben, haben sie nicht selbst entschieden. Wir sind mit dem Glauben unserer Väter und Mütter hierher gekommen. Das ist Schicksal, wo wir hineingeboren sind."

Im Ausdruck des Bundesinnenministers vermisst Dilaver die Logik. Vielmehr sieht er darin eine populistische Rede, um bestimmten Kreisen zu imponieren: "Seehofer ist doch ein erfahrener Politiker, wie kann der so reden? Wir sind integriert in die Gesellschaft, fühlen uns in diesem Staat sehr wohl. Warum muss man hier trennen"