Eichstätt
Wir-Gefühl entfachen

Migrationsforscher: Einwanderung im Kontext von Religionen und Kulturen

05.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:20 Uhr

An der KU zu Gast: Migrationsforscher Klaus J. Bade. - Foto: upd

Eichstätt (upd) Der renommierte Migrationsforscher, Politikberater und emeritierte Professor Klaus J. Bade referierte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) zum Auftakt der Abschlusskonferenz des Graduiertenkollegs „Migration im Kontext von Religionen und Kulturen“.

Bade veröffentlichte im Frühjahr das Buch „Kritik und Gewalt: Sarrazin-Debatte, Islamkritik und Terror in der Einwanderungsgesellschaft“ und sprach jetzt an der Katholischen Universität sehr pointiert über die Gründe und Folgen der Ängste der einheimischen Bevölkerung gegenüber Migranten beziehungsweise dem Islam und einer daraus resultierenden fremdenfeindlichen Abwehrhaltung.

Der Wissenschaftler forderte, dass Integrationsaktivitäten neben den Migranten auch die einheimische Mehrheitsbevölkerung einbeziehen sollten, und plädierte für eine teilhabeorientierte Gesellschaftspolitik für alle. Es sei notwendig, eine neue solidarische kollektive Identität innerhalb der Gesellschaft zu schaffen. Gelänge die Entfachung dieses „Wir-Gefühles“, das auf gemeinsamen Werten beruhe, würden Extremisten jeglicher Hinsicht in ihren Aktivitäten gelähmt. Bades Vortrag bildete den Auftakt zu einer Abschlusskonferenz des Graduiertenkollegs, in dem sich Nachwuchswissenschaftler der KU sowohl mit historischen wie empirischen Untersuchungen grundlegenden Fragestellungen in unterschiedlichen Regionen und Zeiträumen auseinandersetzten.

So referierte im Lauf der beiden Konferenztage unter anderem der amerikanische Historiker Professor Jeffrey Lesser aus Atlanta zum Thema Transkulturalität in der veränderten Wahrnehmung von arabischen und jüdischen Minderheiten in Brasilien. Dieser Themenbereich der historischen Migrationsforschung in Lateinamerika wurde im Anschluss daran in einem Panel von den Mitgliedern des Graduiertenkollegs Tim Wätzold und Valentin Kramer sowie dem Osnabrücker Historiker Frank Wollf ergänzt.

Überleitend zum zweiten Themenkomplex „Raum, Sprache und Identität“ stellte der Tübinger Soziologe Professor Boris Nieswand seinen Ansatz zur Dezentralisierung der Migrationsforschung vor. Die interessante Frage nach den Rahmenbedingungen für die Implementierung islamischen Rechts in einen europäischen Kontext wurde im Rahmen der Konferenz von dem Erlanger Juristen und Islamwissenschaftler Professor Mathias Rohe und dem Stipendiaten Tjark Färber erläutert. Abschließend gaben die Psychologen Regina Weißmann und Nadja Al-Dawaf sowie die Istanbuler Professorin Cigdem Kagitçibasi einen Einblick in die Lebenswelten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund. Ein Sammelband der Konferenz ist für Sommer 2014 geplant.