Eichstätt
Kunden sind keine Bittsteller

Ehrenamtliche der Eichstätter Tafel kümmern sich um knapp 100 Berechtigte und deren Familien

04.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:58 Uhr

Mit ihrem Helferteam - hier ein Teil der insgesamt 25 ehrenamtlichen Helfer - stemmen Geschäftsführer Dieter Henle (Mitte), Zweite Vorsitzende Brunhilde Radtke (2. von rechts) und Vorsitzender Arnulf Neumeyer (nicht im Bild) rund ums Jahr viele Aufgaben rund um die Organisation und Verteilung von einwandfreien Lebensmitteln für rund 100 "Tafel"-Berechtigten und deren Familien. - Foto: Kusche

Eichstätt (EK) Donnerstagmorgen, 10 Uhr: In der Eichstätter Tafel an der Clara-Staiger-Straße herrscht geschäftiges Treiben. Ehrenamtliche Helfer tragen kistenweise Brot, Obst, Gemüse, Kühlware und Grundnahrungsmittel aus den hinteren Vorratsräumen und der großen Kühlzelle in die Verkaufsregale und das Kühlregal. Noch zwei Stunden, dann werden sich - wie jede Woche donnerstags - die Türen für die ersten "Tafel-Kunden" öffnen. Bis dahin heißt es, die am Vortag abgeholten Waren zu prüfen, zu sortieren, Gemüse zu putzen und schließlich für die Ausgabe in Kühltheke und Regalen optisch ansprechend herzurichten.

Gut gefüllt sehen die Regale aus; Geschäftsführer Dieter Henle zeigt sich sehr zufrieden: "Das ist nicht immer so. Allerdings wissen wir auch nie vorher, ob die Ware für alle Berechtigten ausreicht." In der Regel aber, weiß Henle, könne der Bedarf der Kunden - eben jene "Berechtigte\" - gut gedeckt werden. Durchschnittlich 60 von insgesamt 97 registrierten Berechtigten, die über einen von der Caritas ausgestellten Ausweis verfügen, erwartet das Helferteam jede Woche. Nimmt man die Familienangehörigen zusammen, kommt man auf 170 Erwachsene und 72 Kinder, die versorgt werden. Es sind in der Regel Hartz-IV-Empfänger, Geringverdiener und aktuell auch viele dezentral untergebrachte Flüchtlinge.

Nach einem ausgeklügelten Farbpunktesystem kommen die "Tafel"-Anwärter zeitversetzt zwischen 12.30 und 16.30 Uhr in vier Gruppen. "Der Kunde ist bei uns kein Bittsteller, sondern König", betont Brunhilde Radtke, Zweite Vorsitzende der "Tafel" und seit 2003 dort ehrenamtlich aktiv, "es soll ja auch noch Zeit für ein Gespräch bleiben". Denn viele Kunden freuten sich donnerstags nicht nur auf Lebensmittel, sondern auch auf eine Plauderei, so Radtke.

Dass der Kunde in der Tafel persönlich ebenso wie materiell königlich versorgt wird, ist im Gespräch mit den Verantwortlichen schell zu spüren. Sie tun alles, um ein attraktives Angebot an Grundnahrungsmitteln, Milch- und Fleischprodukten, Obst, Gemüse, Brot, Süßigkeiten, aber auch Hygieneartikeln und anderen Produkten zu bieten. Sogar frisch gekochte Eier aus dem eigens dafür angeschafften Eierkocher hält das Team bereit: "Nur Alkoholisches gibt es bei uns nicht, nicht einmal in einer Praline", sagt Radtke.

Wer meint, die Organisation der Lebensmittel für die "Tafel" sei inzwischen ein Selbstläufer, den belehrt Geschäftsführer Dieter Henle schnell eines besseren: "Wir müssen immer wieder neue Quellen suchen, denn wir tragen schließlich Sorge dafür, dass die Waren jede Woche für unsere rund 100 Anwärter und deren oft große Familien reichen." Dafür müssten viele Recherchen angestellt und bisweilen weite Strecken in der Region gefahren werden - eine zeitaufwendige Arbeit, die das Team von insgesamt 25 tatkräftigen Helfern und Fahrern mit Vorsitzendem Arnulf Neumeyer, Brunhilde Radtke und Dieter Henle leistet. Dazu zählen Spendenaufrufe, Bürokratie, allwöchentliche Lebensmittelabholungen bei Supermärkten und Bäckern und Lebensmittelausgabe mit anschließender Reinigung aller Körbe, Kisten, Regale und Theken. Doch dank erfolgreicher "Quellensuche" gehört inzwischen auch der monatliche Besuch eines großen Logistiklagers des "Bundesverbandes der deutschen Tafeln" dazu, zu deren Mitgliedern auch die Eichstätter Einrichtung zählt. Von der Lebensmittelindustrie werden dort große Mengen an Nahrungsmitteln und Drogerieartikeln kostenlos angeliefert. Die Ware stamme meist aus Überschüssen, zu großen Lagerbeständen, falsch abgepackter Ware oder Sortimentswechseln, erklären Henle und Bernd Bintakies, der ebenfalls schon viele Jahre für die Tafel tätig ist. "Für uns ist das eine großartige Quelle." Dank des neuen, im April erworbenen Lieferwagens mit Kühleinrichtung kann das Team nun jederzeit große Mengen Lebensmittel und andere Artikel transportieren. Und da das Auto über eine Kühleinrichtung verfügt, sei auch die Kühlkette perfekt gewährleistet, betonen beide Verantwortliche stolz.

Neben der Arbeit, die alle Ehrenamtlichen mit Engagement und Freude verrichten, gibt es auch viele schöne Momente in der "Tafel". Grund zur Freude verspüre für das Helferteam zum Beispiel, berichtet Radtke schmunzelnd, wenn ein langjähriger Kunde an einem Donnerstag unvermittelt verkünde: "Nächstes Mal komme ich nicht mehr, da habe ich nämlich eine Arbeit."

Dankbar hebt das ganze Team auch die große Unterstützung und gute Zusammenarbeit mit vielen Kindergärten, Schulen, Vereinen und anderen Institutionen hervor, die gerade zur Weihnachtszeit entweder großzügig Geld spenden oder Sammelaktionen von Lebensmittelpäckchen für die "Tafel" veranstalten. Eine besonders schöne Aktion aber sei der jährliche Weihnachtsbaum des Kinderschutzbundes auf dem Eichstätter Adventsmarkt, an dem Wunschzettel von Kindern der "Tafel"-Berechtigten hängen, die von jedem Marktbesucher abgehängt und erfüllt werden dürfen: "Die leuchtenden Kinderaugen, die dann vor Weihnachten bei uns in der Tafel zu sehen sind, wenn die Geschenke vom Wunschzettel an die Kinder überreicht werden können - das ist einfach wunderbar", schwärmt Radtke. Sogar große Herzenswünsche wie eine Geige, ein Keyboard oder ein Fahrrad seien schon unter den Geschenken gewesen, erinnert sie sich.