Eichstätt
Von Ruhestand keine Spur

Universität Eichstätt ehrte Politikdidaktiker Bernhard Sutor anlässlich seines 85. Geburtstages mit akademischer Feier

29.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Anlässlich des 85. Geburtstages von Bernhard Sutor (Mitte) lud die Universität zu einer Akademischen Festveranstaltung mit Podiumsgespräch ein. Präsidentin Gabriele Gien, Markus Gloe, derzeitiger Vertreter des Lehrstuhls, Laudator Joachim Deetjen und Armin Scherb von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ehrten den Jubilar - Foto: ddk

Eichstätt (EK) Von Ruhestand ist nicht viel zu spüren: Bernhard Sutor, der im April seinen 85. Geburtstag feierte, publiziert und arbeitet weiterhin höchst aktiv und kritisch in seinem Forschungsgebiet der politischen Bildung und Katholischen Soziallehre.

Für ihn fand jetzt eine akademische Feier statt. „Sie sind nicht nur prägend, sondern geradezu omnipräsent in Eichstätt“, so umschrieb die Präsidentin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU), Gabriele Gien, die vielfältigen Tätigkeitsbereiche Bernhard Sutors. In der Tat, Sutors Aktivitäten sind beeindruckend: Sie umfassten vor allem in seiner Eichstätter Universitätszeit zwischen 1978 und 1995 als Inhaber des Lehrstuhls für Christliche Soziallehre und Didaktik der Politischen Bildung und Sozialkunde zahlreiche verantwortungsvolle Arbeitsbereiche. So war er von 1986 bis 1994 als Diözesanratsvorsitzender der Diözese Eichstätt tätig; als Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern stand er von 1993 bis 2001 an der Spitze von mehr als einer Million katholischer Christen. Von 2005 bis 2007 leitete Sutor dann als Direktor das Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft der KU.

Doch er sei kein „Moralapostel“ und auch „kein moralischer Schwärmer“, so Gien, sondern ein „fest auf dem Boden stehender Mensch, immer auf der Höhe der Zeit“ . Mit seinen vielfältigen und bundesweit anerkannten Publikationen habe Sutor die Bereiche Politische Bildung und Katholische Soziallehre praktisch wie wissenschaftlich geprägt und wichtige Diskurse angeregt. Dass ihm das Gemeinwohl immer am Herzen liegt, zeige sich an seinem Talent der Wahrnehmung und an seiner Stimme, die er bis heute auch über die Universität hinaus in die Gesellschaft zu tragen wisse. „Wir sind sehr dankbar für einen so aktiven Menschen und hoffen, dass alles das, was Sie angestoßen haben, weitergetragen wird“, betonte Gien und dankte dem Jubilar für alle universitären Leistungen und Aktivitäten.

Auch Laudator Joachim Deetjen, inzwischen ebenfalls bereits emeritierter Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Bernhard Sutor, hob die herausragende Stellung Sutors im Bereich der Politischen Bildung hervor: „Kaum ein politischer Didaktiker hat sich in den letzten 50 Jahren so viel zu Wort gemeldet wie Bernhard Sutor“, so Deetjen.

In seiner Laudatio bot der Buxtehuder Professor einen Abriss über mehr als ein halbes Jahrzehnt politisch-didaktischen und publizistischen Engagements zunächst im schulischen, ab 1972 dann im universitären Bereich. Besonders die ideologisch heftig umstrittenen 1970er Jahre verkörperten am deutlichsten Sutors Gegenposition zu einer marxistisch inspirierten und – aus seiner Sicht – zu weitgehend emanzipatorisch orientierten Politikdidaktik.

Sutors Verfechtung einer dem freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaat verpflichteten politischen Bildung habe ihm missverständlicherweise oft die Etikettierung als „affirmativ-konservativen Politologen“ eingebracht, so Deetjen. Demgegenüber sah und sieht sich Sutor selbst seit jeher als rational-sachlichen Wissenschaftler, der dem Verfassungsstaat weder Systemerhaltung noch Gesellschaftsveränderung zuschreibe, sondern die umfassende Aufgabe der Orientierungshilfe in einer komplexen Wirklichkeit.

Auch auf die enorme Publikationsleistung des rührigen Politikwissenschaftlers nahm Deetjen Bezug: Schon als Lehrer schrieb er – zu einer Zeit heftigster Kontroversen über die Aufgaben der politischen Bildung – herausragende Bände wie „Didaktik des politischen Unterrichts“ (1971). Darin legte er erstmals, aufbauend auf einem personalen Menschenbild, seine didaktischen Ziele eines rationalen politischen Urteils und der kritischen Identifikation mit dem freiheitlichen Verfassungsstaat dar. Insgesamt habe Bernhard Sutor über 200 Aufsätze und 23 eigenständige Publikationen, darüber hinaus unzählige Lehr- und Arbeits-, Schul- und Studienbücher für verschiedene Landeszentralen für politische Bildung verfasst, so Deetjen, wobei ein großer Teil der Publikationen nach der Emeritierung entstanden sei. „Es kommen noch weitere“, bemerkte Jubilar Sutor schmunzelnd in Bezugnahme auf seine beeindruckende Schreibtätigkeit.

Doch Sutor ist nicht nur ein herausragender Akademiker. Unter anderem wirkte er lange als Landesvorsitzender der Deutschen Vereinigung für politische Bildung, ist Begründer einer Stiftung, die Stipendien an junge Menschen vor allem aus Tschechien und Polen für ein Studium an der Eichstätter Universität vergibt, Inhaber des Verdienstkreuzes erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1997) sowie des Bayerischen Verdienstordens (2011). Daher gebühre Sutor insbesondere auch als ein höchst aktiver Staatsbürger – als „Citoyen“ – alle Ehre, betonte Deetjen.